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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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einer Tonne Kohlen an Ort und Stelle müßten geradezu unerschwinglich werden.
Dasselbe wie für Kohlen gilt für Mundvorrat, Futter, Provisionen der
Truppen, für Geräte und Maschinen jeder Art, für alle Bedürfnisse des
Gewerbebetriebes und der Zivilisation. Unter solchen Verhältnissen schien
selbst ein Reich wie Großbritannien nicht reich genug, sich den Luxus einer
so liegenden Kolonie zu gestatten.

Indessen ist die Idee, die Vision des Sehers nicht neuesten Datums.
Cecil Rhodes hat das seinige gethan, um die mit einer Million Pfund Sterling
gebuchte Warreusche Expedition von 1884 herbeizuführen, durch welche die
als Flibustier und Freibeuter verschrieenen Buren aus Goschen und Stella-
laud, wo sie sich festgesetzt hatten, vertrieben wurden, und hat den den Annexionen
sowie einer burenfeindlichen Politik abgeneigten Gouverneur und High Com¬
missioner Sir Hereules Robinson für die Annexion von Vritisch-Betschuanaland
gewonnen. Es galt, den Flaschenhals frei zu halten, der den Zugang zu dem
'weiten Innern eröffnete.

Zu demselben Zweck wurde 1885 das übrige Betschuanaland bis westlich
zum 20. Meridian und nördlich zum 22. Parallelkreis, d. h. nördlicher als
die nördlichste Spitze von Transvaal, unter britischen Schutz gestellt.

Man sollte meinen, daß Rhodes in den nächsten Jahren mit der Amalga-
mation aller Diamantminen Kimberleys, einem Riesenuuternehmen, das er
glücklich durchführte, alle Hände voll zu thun gehabt hätte. Gleichwohl behielt er
seineu Plan einer Ausbreitung nordwärts unablässig im Auge. Hauptsächlich
auf sein Betreiben bei Sir Hereules Robinson wurde 1888 das Laud zwischen
Transvaal und dem Sambesi für ausschließlich britisches Einflußgebiet erklärt
und dadurch der Anwartschaft der südafrikanischen Republik auf eine Aus¬
dehnung nach Norden, die ihr durch den Londoner Vertrag von 1884 offen
gehalten war, der Todesstoß versetzt.

Inzwischen hatte Rhodes durch einen Mr. Undt für diesen, Herrn Beit
(einen Deutschen) und sich von dem Matabelehüuptling Lobengula eine -- an¬
geblich ausschließliche -- Erlaubnis zum Goldsuchen erwirkt. Dies war
keine außergewöhnliche Leistung. Denn vor ihm, gleichzeitig mit ihm und
nach ihm haben andre bei Lobengula und sonstigen Häuptlingen des weiten
Einflußgebietes ähnliches erreicht. Es kam darauf an, diese andern auszustechen,
sich vorzugsweise Freundschaft, Wohlwollen und Gunst Lobengulas zu sichern
und zu erhalten. Daher wurde denn für die Ruddsche Konzession ein ver¬
hältnismäßig hoher Preis gewährt. Zwar wurde Lobengnla, als er von der
Proklamation hörte, die auch seine Weideplätze, Jagdgründe und Ranbgebiete
ausschließlich britischer Einwirkung vorbehielt, mißtrauisch und lehnte die An¬
nahme der 1009 Henri-Martini-Gewehre nebst Munition, deren Durchführung
nach dem Innern 1889 im Kapparlament und in der englischen Presse so
viel Staub aufwirbelte, fortgesetzt bis auf den heutigen Tag ab, damit aus


Grenzboten II 1891 38

einer Tonne Kohlen an Ort und Stelle müßten geradezu unerschwinglich werden.
Dasselbe wie für Kohlen gilt für Mundvorrat, Futter, Provisionen der
Truppen, für Geräte und Maschinen jeder Art, für alle Bedürfnisse des
Gewerbebetriebes und der Zivilisation. Unter solchen Verhältnissen schien
selbst ein Reich wie Großbritannien nicht reich genug, sich den Luxus einer
so liegenden Kolonie zu gestatten.

Indessen ist die Idee, die Vision des Sehers nicht neuesten Datums.
Cecil Rhodes hat das seinige gethan, um die mit einer Million Pfund Sterling
gebuchte Warreusche Expedition von 1884 herbeizuführen, durch welche die
als Flibustier und Freibeuter verschrieenen Buren aus Goschen und Stella-
laud, wo sie sich festgesetzt hatten, vertrieben wurden, und hat den den Annexionen
sowie einer burenfeindlichen Politik abgeneigten Gouverneur und High Com¬
missioner Sir Hereules Robinson für die Annexion von Vritisch-Betschuanaland
gewonnen. Es galt, den Flaschenhals frei zu halten, der den Zugang zu dem
'weiten Innern eröffnete.

Zu demselben Zweck wurde 1885 das übrige Betschuanaland bis westlich
zum 20. Meridian und nördlich zum 22. Parallelkreis, d. h. nördlicher als
die nördlichste Spitze von Transvaal, unter britischen Schutz gestellt.

Man sollte meinen, daß Rhodes in den nächsten Jahren mit der Amalga-
mation aller Diamantminen Kimberleys, einem Riesenuuternehmen, das er
glücklich durchführte, alle Hände voll zu thun gehabt hätte. Gleichwohl behielt er
seineu Plan einer Ausbreitung nordwärts unablässig im Auge. Hauptsächlich
auf sein Betreiben bei Sir Hereules Robinson wurde 1888 das Laud zwischen
Transvaal und dem Sambesi für ausschließlich britisches Einflußgebiet erklärt
und dadurch der Anwartschaft der südafrikanischen Republik auf eine Aus¬
dehnung nach Norden, die ihr durch den Londoner Vertrag von 1884 offen
gehalten war, der Todesstoß versetzt.

Inzwischen hatte Rhodes durch einen Mr. Undt für diesen, Herrn Beit
(einen Deutschen) und sich von dem Matabelehüuptling Lobengula eine — an¬
geblich ausschließliche — Erlaubnis zum Goldsuchen erwirkt. Dies war
keine außergewöhnliche Leistung. Denn vor ihm, gleichzeitig mit ihm und
nach ihm haben andre bei Lobengula und sonstigen Häuptlingen des weiten
Einflußgebietes ähnliches erreicht. Es kam darauf an, diese andern auszustechen,
sich vorzugsweise Freundschaft, Wohlwollen und Gunst Lobengulas zu sichern
und zu erhalten. Daher wurde denn für die Ruddsche Konzession ein ver¬
hältnismäßig hoher Preis gewährt. Zwar wurde Lobengnla, als er von der
Proklamation hörte, die auch seine Weideplätze, Jagdgründe und Ranbgebiete
ausschließlich britischer Einwirkung vorbehielt, mißtrauisch und lehnte die An¬
nahme der 1009 Henri-Martini-Gewehre nebst Munition, deren Durchführung
nach dem Innern 1889 im Kapparlament und in der englischen Presse so
viel Staub aufwirbelte, fortgesetzt bis auf den heutigen Tag ab, damit aus


Grenzboten II 1891 38
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/301>, abgerufen am 04.07.2024.