Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.Spielerinnen rechtfertigten die Leipziger Schönen den Weltruf ihrer Artigkeit.
Aber so angenehm auch das L'Hombrespiel in dem Alltagsleben der
fragt sich Goethe verwundert in dem Liede "An Belinda." Die galanten *) Zum Verständnis dieser Stelle diene die Bemerkung des Ro)'si ^on av IVlIomdro
(bei Schwetschke S. 104): II ost; -V romiu-qnor <zuo si los rongos sont av In. Iriomvlio, ils sollt idu clossns dos Rois, vt puo s'ils n'on sorti lloint, ils sont an dessous dos V"Ists. ^.nisi, Naclaws, vous vo^W o.no los Iwnnours do vo monts dopoudont bisir tort du daxard vti as la lortnuo. Spielerinnen rechtfertigten die Leipziger Schönen den Weltruf ihrer Artigkeit.
Aber so angenehm auch das L'Hombrespiel in dem Alltagsleben der
fragt sich Goethe verwundert in dem Liede „An Belinda." Die galanten *) Zum Verständnis dieser Stelle diene die Bemerkung des Ro)'si ^on av IVlIomdro
(bei Schwetschke S. 104): II ost; -V romiu-qnor <zuo si los rongos sont av In. Iriomvlio, ils sollt idu clossns dos Rois, vt puo s'ils n'on sorti lloint, ils sont an dessous dos V«Ists. ^.nisi, Naclaws, vous vo^W o.no los Iwnnours do vo monts dopoudont bisir tort du daxard vti as la lortnuo. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0207" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210074"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_545" prev="#ID_544"> Spielerinnen rechtfertigten die Leipziger Schönen den Weltruf ihrer Artigkeit.<lb/> „Kömmt es zum Spielen, mein Gott, was ist das wieder für eine Arbeit!<lb/> Kein Mensch sollte denken, daß diese Verrichtung eine Zeitturznng sei: nein,<lb/> unsere Leipzigerinnen treiben es so weit, als wenn sie ihr Brod damit ver¬<lb/> dienen wollten." Ein Teil folgte dabei der Mode, die Kenntnis und Pflege<lb/> des Spiels nun einmal gebieterisch verlangte, andre verschrieben sich dem<lb/> Spiele aus wahrer Herzenslust mit Leib und Seele. Solche lomberfreundliche<lb/> Schwärmerinnen zieht Philander von der Linde in seiner Satire „Wider die<lb/> weiblichen Mängel" durch die Hechel:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_5" type="poem"> <l> So geht kein Abend hin,<lb/> Sie wandert denn einmal zu ihrer Nachbarin,<lb/> Da liegen jeder Zeit die Karten auf dem Tische<lb/> Wohl hundertmal gemengt, die Marken und die Fische<lb/> Sind richtig abgezählt, man zieht drei Blätter raus<lb/> Und theilet gleich darauf die Stellen richtig aus.<lb/> Allein wie klaget man, wenn mit vier Matadoren<lb/> Und noch drei Königen*) das Solo geht verloren.<lb/> Das heißt ein Ungelnck, dergleichen wohl gewiß<lb/> Nicht einem widerfährt in zwanzig Loonlis.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_546" next="#ID_547"> Aber so angenehm auch das L'Hombrespiel in dem Alltagsleben der<lb/> Fromm die Stunden der bei vielen sehr reichlich bemessenen Muße ausfüllte,<lb/> so mußte es doch den Stempel der Einseitigkeit tragen. Erst durch das Zu¬<lb/> sammenspiel von Damen und Kavalieren erhielt es die höchste Weihe. Während<lb/> sich heute der Kartenkultus in der Hauptsache auf die Männerwelt beschränkt<lb/> und hier dem Moloch des Biertisches und der Vereinsmeierei seine Opfer<lb/> bringt, bildete er in der Nokokozeit den natürlichen Berührungspunkt in dem<lb/> Verkehr beider Geschlechter. Vielen, die dem Spiele selbst keinen großen Ge¬<lb/> schmack abgewinnen konnten, boten die gesellschaftlichen Vorteile, die es seinen<lb/> Jüngern versprach, den Antrieb, es zu lernen. Manchen, den die bunten<lb/> Blätter gleichgiltig ließen, fesselte der Zauber weiblicher Anmut an den<lb/> Spieltisch.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l> Bin ichs uoch, den du bei so viel Lichtern<lb/> An dem Spieltisch hältst,<lb/> Oft so unerträglichen Gesichtern<lb/> Gegenüberstellst?</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_547" prev="#ID_546" next="#ID_548"> fragt sich Goethe verwundert in dem Liede „An Belinda." Die galanten<lb/> Beziehungen, die sich um dem L'Hombretische so bequem knüpften, gaben zu</p><lb/> <note xml:id="FID_12" place="foot"> *) Zum Verständnis dieser Stelle diene die Bemerkung des Ro)'si ^on av IVlIomdro<lb/> (bei Schwetschke S. 104): II ost; -V romiu-qnor <zuo si los rongos sont av In. Iriomvlio,<lb/> ils sollt idu clossns dos Rois, vt puo s'ils n'on sorti lloint, ils sont an dessous dos V«Ists.<lb/> ^.nisi, Naclaws, vous vo^W o.no los Iwnnours do vo monts dopoudont bisir tort du daxard<lb/> vti as la lortnuo.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0207]
Spielerinnen rechtfertigten die Leipziger Schönen den Weltruf ihrer Artigkeit.
„Kömmt es zum Spielen, mein Gott, was ist das wieder für eine Arbeit!
Kein Mensch sollte denken, daß diese Verrichtung eine Zeitturznng sei: nein,
unsere Leipzigerinnen treiben es so weit, als wenn sie ihr Brod damit ver¬
dienen wollten." Ein Teil folgte dabei der Mode, die Kenntnis und Pflege
des Spiels nun einmal gebieterisch verlangte, andre verschrieben sich dem
Spiele aus wahrer Herzenslust mit Leib und Seele. Solche lomberfreundliche
Schwärmerinnen zieht Philander von der Linde in seiner Satire „Wider die
weiblichen Mängel" durch die Hechel:
So geht kein Abend hin,
Sie wandert denn einmal zu ihrer Nachbarin,
Da liegen jeder Zeit die Karten auf dem Tische
Wohl hundertmal gemengt, die Marken und die Fische
Sind richtig abgezählt, man zieht drei Blätter raus
Und theilet gleich darauf die Stellen richtig aus.
Allein wie klaget man, wenn mit vier Matadoren
Und noch drei Königen*) das Solo geht verloren.
Das heißt ein Ungelnck, dergleichen wohl gewiß
Nicht einem widerfährt in zwanzig Loonlis.
Aber so angenehm auch das L'Hombrespiel in dem Alltagsleben der
Fromm die Stunden der bei vielen sehr reichlich bemessenen Muße ausfüllte,
so mußte es doch den Stempel der Einseitigkeit tragen. Erst durch das Zu¬
sammenspiel von Damen und Kavalieren erhielt es die höchste Weihe. Während
sich heute der Kartenkultus in der Hauptsache auf die Männerwelt beschränkt
und hier dem Moloch des Biertisches und der Vereinsmeierei seine Opfer
bringt, bildete er in der Nokokozeit den natürlichen Berührungspunkt in dem
Verkehr beider Geschlechter. Vielen, die dem Spiele selbst keinen großen Ge¬
schmack abgewinnen konnten, boten die gesellschaftlichen Vorteile, die es seinen
Jüngern versprach, den Antrieb, es zu lernen. Manchen, den die bunten
Blätter gleichgiltig ließen, fesselte der Zauber weiblicher Anmut an den
Spieltisch.
Bin ichs uoch, den du bei so viel Lichtern
An dem Spieltisch hältst,
Oft so unerträglichen Gesichtern
Gegenüberstellst?
fragt sich Goethe verwundert in dem Liede „An Belinda." Die galanten
Beziehungen, die sich um dem L'Hombretische so bequem knüpften, gaben zu
*) Zum Verständnis dieser Stelle diene die Bemerkung des Ro)'si ^on av IVlIomdro
(bei Schwetschke S. 104): II ost; -V romiu-qnor <zuo si los rongos sont av In. Iriomvlio,
ils sollt idu clossns dos Rois, vt puo s'ils n'on sorti lloint, ils sont an dessous dos V«Ists.
^.nisi, Naclaws, vous vo^W o.no los Iwnnours do vo monts dopoudont bisir tort du daxard
vti as la lortnuo.
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