Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.der letzten Jahre, denen stets eine derartige Generalidee zu Grunde gelegt Wir haben also alle Ursache, unsern Schiffbau nicht abermals ins Stocken Der Nationalismus (Schluß) is der letzten Jahre, denen stets eine derartige Generalidee zu Grunde gelegt Wir haben also alle Ursache, unsern Schiffbau nicht abermals ins Stocken Der Nationalismus (Schluß) is <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0172" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210039"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_461" prev="#ID_460"> der letzten Jahre, denen stets eine derartige Generalidee zu Grunde gelegt<lb/> war, zur Geniige bewiesen. Da überdies ein nicht zu schwacher Teil der<lb/> englischen Flotte im Mittelmeere bleiben muß, um die dortigen Lebens-<lb/> interessen Englands zu schützen und an der Seite der italienisch-öster¬<lb/> reichischen der französischen Mittelmeerflotte die Stirn zu bieten, so ist im<lb/> günstigsten Falle vielleicht zu hoffen, daß der Beitritt Englands zum Drei¬<lb/> bund eine französische Flotte vom Einlaufen in die Ostsee abhalten möchte;<lb/> mit Sicherheit wird aber keinesfalls darauf zu rechnen sein. Immerhin aber<lb/> würden wir uns der zur Zeit überlegenen russischen Ostseeflotte, vielleicht auch<lb/> Laudungsversucheu von dieser Seite zu erwehren haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_462"> Wir haben also alle Ursache, unsern Schiffbau nicht abermals ins Stocken<lb/> geraten zu lassen, eine Gefahr, mit der uus die diesjährigen Reichstags-<lb/> vcrhandlnngen über den Mariueetat bedrohen. Jede Verzögerung der Be¬<lb/> endigung unsrer Kriegsrüstnng zur See wird sich um so schwerer rächen, je<lb/> weniger wir in der Lage sind, so schnell zu bauen, wie es in England ge¬<lb/> schieht, wir also etwaige Unterlassungen nicht wieder einzubringen vermögen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Nationalismus<lb/> (Schluß) </head><lb/> <p xml:id="ID_463" next="#ID_464"> is<lb/> unsre Voreltern einander vor zweitausend Jahren in steten<lb/> Fehden zu unterjochen strebten, da haßte der Bezwungene den<lb/> Sieger namentlich deshalb, weil er wußte, daß dieser ihn seiner<lb/> Güter, seiner Gründe, seiner Weiber, seiner Freiheit berauben<lb/> würde. Als sich später der Deutsche ganz Europa vom Ural<lb/> und Kaukasus bis nach Gibraltar unterworfen hatte, fand er in den verschiednen<lb/> Gebieten sehr verschiednen nationalen Widerstand. Dieselben Normannen, die<lb/> in dem kultivirten Europa jahrhundertelang als Räuber gefürchtet wurden,<lb/> erschienen in deu kulturlosen Gebieten der keltischen Bretagne und der östlichen<lb/> Slawen und Finnen als Eroberer, deren ordnende Kraft von den Unter¬<lb/> worfenen bald anerkannt wurde. Der Einbruch von Goten, Wandalen, Lango¬<lb/> barden wurde im römischen Reich ohne Zweifel sehr anders, sehr viel härter<lb/> empfunden, als die Eroberung des heutigen Rußlands durch die Normannen,<lb/> die Eroberungen der Goten am Dresler und Dnepr oder die Unterwerfung<lb/> Galliens und Britanniens durch Rom von den Unterworfenen empfunden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0172]
der letzten Jahre, denen stets eine derartige Generalidee zu Grunde gelegt
war, zur Geniige bewiesen. Da überdies ein nicht zu schwacher Teil der
englischen Flotte im Mittelmeere bleiben muß, um die dortigen Lebens-
interessen Englands zu schützen und an der Seite der italienisch-öster¬
reichischen der französischen Mittelmeerflotte die Stirn zu bieten, so ist im
günstigsten Falle vielleicht zu hoffen, daß der Beitritt Englands zum Drei¬
bund eine französische Flotte vom Einlaufen in die Ostsee abhalten möchte;
mit Sicherheit wird aber keinesfalls darauf zu rechnen sein. Immerhin aber
würden wir uns der zur Zeit überlegenen russischen Ostseeflotte, vielleicht auch
Laudungsversucheu von dieser Seite zu erwehren haben.
Wir haben also alle Ursache, unsern Schiffbau nicht abermals ins Stocken
geraten zu lassen, eine Gefahr, mit der uus die diesjährigen Reichstags-
vcrhandlnngen über den Mariueetat bedrohen. Jede Verzögerung der Be¬
endigung unsrer Kriegsrüstnng zur See wird sich um so schwerer rächen, je
weniger wir in der Lage sind, so schnell zu bauen, wie es in England ge¬
schieht, wir also etwaige Unterlassungen nicht wieder einzubringen vermögen.
Der Nationalismus
(Schluß)
is
unsre Voreltern einander vor zweitausend Jahren in steten
Fehden zu unterjochen strebten, da haßte der Bezwungene den
Sieger namentlich deshalb, weil er wußte, daß dieser ihn seiner
Güter, seiner Gründe, seiner Weiber, seiner Freiheit berauben
würde. Als sich später der Deutsche ganz Europa vom Ural
und Kaukasus bis nach Gibraltar unterworfen hatte, fand er in den verschiednen
Gebieten sehr verschiednen nationalen Widerstand. Dieselben Normannen, die
in dem kultivirten Europa jahrhundertelang als Räuber gefürchtet wurden,
erschienen in deu kulturlosen Gebieten der keltischen Bretagne und der östlichen
Slawen und Finnen als Eroberer, deren ordnende Kraft von den Unter¬
worfenen bald anerkannt wurde. Der Einbruch von Goten, Wandalen, Lango¬
barden wurde im römischen Reich ohne Zweifel sehr anders, sehr viel härter
empfunden, als die Eroberung des heutigen Rußlands durch die Normannen,
die Eroberungen der Goten am Dresler und Dnepr oder die Unterwerfung
Galliens und Britanniens durch Rom von den Unterworfenen empfunden
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