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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Das Buch des U>. Acirl Peters

nachgeschobenen Träger und Truppen, nahm diese einen ganz eigenartigen,
neuen Charakter an, der von normale" Asrikareiseu allerdings in jeder Richtung
abwich. "Aber das Unternehmen zu durchkreuzen oder anch nur in seinen
Wirkungen wesentlich abzuschwächen, das haben sie doch nicht vermocht, und
so gedachte ich gerade im Hinblick auf diese Vorgänge während des Ganges
der Expedition hünfig des biblischen Spruches: Ihr gedachtet es böse mit
mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen." Die Not wurde die
Mutter einer neuen Methode des Reisens unter Galla und Massai, die niemand
vor Peters erprobt hatte, und die zu unerwarteten Erfahrungen über die
Stärke der vielgerühmten kriegerischen Organisation dieser Völker Anlaß gab,
Erfahrungen, die zugleich eine wichtige Entdeckung auf dem Gebiete der Ethno¬
graphie und politischen Geographie Afrikas darstellen. Davon später. Genug,
daß durch das Ausbleiben der fechsnudneuuzig Lasten sorgfältig für den Tausch-
handel auf dem Tanga-Massaiweg zusanunengestellten Waren Dr. Peters^ sich
gezwungen fah, die Anschauung der herkömmliche,! Asrikareiseu aufzugeben,
man müsse aufs peinlichste für jede besondre Route eine der Geschmacks¬
richtung der dortigen Bewohner vollständig entsprechende Ausrüstung mit
Tauschartikeln besorgen. Damit gewann die ganze Reise den Charakter
eines entschlossenen Marsches durch Hindernisse jeder Art und verlor den des
Schleichens, Durchwindens und Fcilschens, der uns in vielen afrikanischen Reise¬
berichten zuletzt geradezu anwidert. Kämpfe mit Galla und Massai sind ja
eigentlich auch nicht ihrem Wesen nach mannichfaltig, aber uus packt und
fesselt die Stellung, die in ihnen der Held und Erzähler einnimmt, der jeder
Lage mit Kühnheit und Ausdauer gerecht wird, jede Schwierigkeit besiegt. Statt
eines Zuges, dessen Etappen zaghafter Handel und Verhandlung bezeichnen, folgen
wir einem herzerfreuenden Siegeszuge, worin die Wendepunkte alle durch die
kühne Ergreifung der Offensive bezeichnet werden. Mit dem wachsenden Ruhme
dieser Kriegcrschar werden sie von immer größerer Bedeutung für die Folge,
und auch die im Frieden gewonnenen Erfolge führen alle auf sie zurück. Der
nächtliche Augriff auf die Galla vou Otu-Born-Nuwa, die Erstürmung des
Massaidorfcs Elbejet, die siegreiche Zurückwerfung der Maugati, der Feinde
des Fürsten von Kawirondo bezeichnen die steilsten Stellen des Siegespfades,
mit deren Überwindung sich jedesmal die Lage klärt, bis endlich der Zug an
den Nil und durch Uganda im Nimbus dieser Siege fast hinderuislos ver¬
laufen kaun.

Zu den anziehendsten Abschnitten gehören die, die man die militärischen
nennen möchte, die Mitteilungen über die Organisation der Karawane, über
Lager, .Kämpfe und uicht zuletzt über Verpflegung. Die Reise war ein Feldzug.
Es ist uicht zufällig, daß es uns wie bei Schlachtenberichten überrieselt, wenn
wir von den kühnen Gefechten lesen, die fast alle aus der Offensive der kleinen
Petersscheu Truppe hervorgingen. Zu den ersten Urteilen, die wir über das


Das Buch des U>. Acirl Peters

nachgeschobenen Träger und Truppen, nahm diese einen ganz eigenartigen,
neuen Charakter an, der von normale» Asrikareiseu allerdings in jeder Richtung
abwich. „Aber das Unternehmen zu durchkreuzen oder anch nur in seinen
Wirkungen wesentlich abzuschwächen, das haben sie doch nicht vermocht, und
so gedachte ich gerade im Hinblick auf diese Vorgänge während des Ganges
der Expedition hünfig des biblischen Spruches: Ihr gedachtet es böse mit
mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen." Die Not wurde die
Mutter einer neuen Methode des Reisens unter Galla und Massai, die niemand
vor Peters erprobt hatte, und die zu unerwarteten Erfahrungen über die
Stärke der vielgerühmten kriegerischen Organisation dieser Völker Anlaß gab,
Erfahrungen, die zugleich eine wichtige Entdeckung auf dem Gebiete der Ethno¬
graphie und politischen Geographie Afrikas darstellen. Davon später. Genug,
daß durch das Ausbleiben der fechsnudneuuzig Lasten sorgfältig für den Tausch-
handel auf dem Tanga-Massaiweg zusanunengestellten Waren Dr. Peters^ sich
gezwungen fah, die Anschauung der herkömmliche,! Asrikareiseu aufzugeben,
man müsse aufs peinlichste für jede besondre Route eine der Geschmacks¬
richtung der dortigen Bewohner vollständig entsprechende Ausrüstung mit
Tauschartikeln besorgen. Damit gewann die ganze Reise den Charakter
eines entschlossenen Marsches durch Hindernisse jeder Art und verlor den des
Schleichens, Durchwindens und Fcilschens, der uns in vielen afrikanischen Reise¬
berichten zuletzt geradezu anwidert. Kämpfe mit Galla und Massai sind ja
eigentlich auch nicht ihrem Wesen nach mannichfaltig, aber uus packt und
fesselt die Stellung, die in ihnen der Held und Erzähler einnimmt, der jeder
Lage mit Kühnheit und Ausdauer gerecht wird, jede Schwierigkeit besiegt. Statt
eines Zuges, dessen Etappen zaghafter Handel und Verhandlung bezeichnen, folgen
wir einem herzerfreuenden Siegeszuge, worin die Wendepunkte alle durch die
kühne Ergreifung der Offensive bezeichnet werden. Mit dem wachsenden Ruhme
dieser Kriegcrschar werden sie von immer größerer Bedeutung für die Folge,
und auch die im Frieden gewonnenen Erfolge führen alle auf sie zurück. Der
nächtliche Augriff auf die Galla vou Otu-Born-Nuwa, die Erstürmung des
Massaidorfcs Elbejet, die siegreiche Zurückwerfung der Maugati, der Feinde
des Fürsten von Kawirondo bezeichnen die steilsten Stellen des Siegespfades,
mit deren Überwindung sich jedesmal die Lage klärt, bis endlich der Zug an
den Nil und durch Uganda im Nimbus dieser Siege fast hinderuislos ver¬
laufen kaun.

Zu den anziehendsten Abschnitten gehören die, die man die militärischen
nennen möchte, die Mitteilungen über die Organisation der Karawane, über
Lager, .Kämpfe und uicht zuletzt über Verpflegung. Die Reise war ein Feldzug.
Es ist uicht zufällig, daß es uns wie bei Schlachtenberichten überrieselt, wenn
wir von den kühnen Gefechten lesen, die fast alle aus der Offensive der kleinen
Petersscheu Truppe hervorgingen. Zu den ersten Urteilen, die wir über das


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[0611] Das Buch des U>. Acirl Peters nachgeschobenen Träger und Truppen, nahm diese einen ganz eigenartigen, neuen Charakter an, der von normale» Asrikareiseu allerdings in jeder Richtung abwich. „Aber das Unternehmen zu durchkreuzen oder anch nur in seinen Wirkungen wesentlich abzuschwächen, das haben sie doch nicht vermocht, und so gedachte ich gerade im Hinblick auf diese Vorgänge während des Ganges der Expedition hünfig des biblischen Spruches: Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen." Die Not wurde die Mutter einer neuen Methode des Reisens unter Galla und Massai, die niemand vor Peters erprobt hatte, und die zu unerwarteten Erfahrungen über die Stärke der vielgerühmten kriegerischen Organisation dieser Völker Anlaß gab, Erfahrungen, die zugleich eine wichtige Entdeckung auf dem Gebiete der Ethno¬ graphie und politischen Geographie Afrikas darstellen. Davon später. Genug, daß durch das Ausbleiben der fechsnudneuuzig Lasten sorgfältig für den Tausch- handel auf dem Tanga-Massaiweg zusanunengestellten Waren Dr. Peters^ sich gezwungen fah, die Anschauung der herkömmliche,! Asrikareiseu aufzugeben, man müsse aufs peinlichste für jede besondre Route eine der Geschmacks¬ richtung der dortigen Bewohner vollständig entsprechende Ausrüstung mit Tauschartikeln besorgen. Damit gewann die ganze Reise den Charakter eines entschlossenen Marsches durch Hindernisse jeder Art und verlor den des Schleichens, Durchwindens und Fcilschens, der uns in vielen afrikanischen Reise¬ berichten zuletzt geradezu anwidert. Kämpfe mit Galla und Massai sind ja eigentlich auch nicht ihrem Wesen nach mannichfaltig, aber uus packt und fesselt die Stellung, die in ihnen der Held und Erzähler einnimmt, der jeder Lage mit Kühnheit und Ausdauer gerecht wird, jede Schwierigkeit besiegt. Statt eines Zuges, dessen Etappen zaghafter Handel und Verhandlung bezeichnen, folgen wir einem herzerfreuenden Siegeszuge, worin die Wendepunkte alle durch die kühne Ergreifung der Offensive bezeichnet werden. Mit dem wachsenden Ruhme dieser Kriegcrschar werden sie von immer größerer Bedeutung für die Folge, und auch die im Frieden gewonnenen Erfolge führen alle auf sie zurück. Der nächtliche Augriff auf die Galla vou Otu-Born-Nuwa, die Erstürmung des Massaidorfcs Elbejet, die siegreiche Zurückwerfung der Maugati, der Feinde des Fürsten von Kawirondo bezeichnen die steilsten Stellen des Siegespfades, mit deren Überwindung sich jedesmal die Lage klärt, bis endlich der Zug an den Nil und durch Uganda im Nimbus dieser Siege fast hinderuislos ver¬ laufen kaun. Zu den anziehendsten Abschnitten gehören die, die man die militärischen nennen möchte, die Mitteilungen über die Organisation der Karawane, über Lager, .Kämpfe und uicht zuletzt über Verpflegung. Die Reise war ein Feldzug. Es ist uicht zufällig, daß es uns wie bei Schlachtenberichten überrieselt, wenn wir von den kühnen Gefechten lesen, die fast alle aus der Offensive der kleinen Petersscheu Truppe hervorgingen. Zu den ersten Urteilen, die wir über das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/611>, abgerufen am 23.07.2024.