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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

den Gründern gewisser Aktiengesellschaften und den Leiter" gewisser Geldinstitute
allerdings auch nicht). Aber anzunehmen, daß es das Verdnmmungsstreben allein
sei, was sich gegen die allzuweite Ausdehnung des Schnlzwcmges sträubt, ist doch
unrichtig und ungerecht; Rücksichten auf die Anforderungen des praktischen Lebens,
ans das leibliche und geistige Wohl der Kinder und sogar sehr beachtenswerte
pädagogische Erwägungen wirke" auch mit.




Litteratur
t), Friedrich Lücke, Abt zu Bursfelde und Professur der Theolvaie zu Glittiugm l1791 bis
I8Sb). Lebens- und Zeitbild aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Von F. Sander,
Regierungs- und Schulrnt. Hamwver-Linden, Karl Manz, 1.891

Diese Lebensbeschreibung eines hervorragenden Mannes und gröhlen Theologe"
macht eine" gediegenen und wohlthuenden Eindruck. Wen" man die kritische Seite
zu wenig berücksichtigt findet, so liegt das einmal darin, daß der Verfasser durch
verwandtschaftliche Bande mit dem Helden seiner Biographie verbunden war, so¬
dann auch darin, daß Lücke noch nicht lange genug der Geschichte angehört, um
genan beurteilt zu werden, zumal von selten eines Biographen, der Lückes
Studien bei seineu andersartigen Berufsaufgaben nicht völlig würdigen kann.
Dafür werden wir überall durch lebendige Mitteilungen aus Briefen in eine an¬
ziehende Entwicklung Lückes und der Seinigen hineingestellt, auch in einen ge¬
schichtlichen Zusammenhang und kulturgeschichtliche Verhältnisse, die für uns Jetztlebende
großen Reiz haben. Erst als Student der Theologie in Halle entschloß sich Lücke,
die akademische Laufbahn zu ergreifen und sich zu diesem Zwecke nach Göttingen
zu wenden. Vier Jahre später trieb ihn besonders die Bewunderung für Schleier-
macher an, einige Jahre uach Berlin zu gehen, von wo er als Professor der
Theologie für die neue Universität Bonn (1819) bestimmt wurde. Dort blieb er
aber nicht sehr lange (1818 bis 1827), in Göttingen fand er die Höhe seiner Wir!
sanken und seinen Lebensabend.

Es ist ein sehr bewegtes inneres Leben voll von Kämpfen und Anfechtungen,
das sich in diesem einfachen Rahmen darbietet. Wir befinden uns, wenn wir die
mit Lücke in brieflicher und persönlicher Verbindung stehenden Männer aufzählen, in
bester, vornehmer Gesellschaft, ich nenne nur Schleiermacher, Hoßbach, Nitzsch, Sack,
Brandis, Bunsen, Tochter, Otfried Müller und Julius Müller, De Wette und
Neander. Zu den Anfechtungen, die dem trefflichen Manne nicht erspart blieben,
gehörten namentlich die Feindseligkeiten, die zwischen ihm oder der ganzen Fakultät
und der sehr lutherisch gerichteten Mehrheit der hannoverschen Geistlichkeit (Petri
und Konsorten) ausbrachen. Den" wiewohl Lücke unter denen war, die die Theologie
vom Nationalismus zum. Kirchenglauben geführt hatten, wollte er doch nicht die
Freiheit der Forschung um des Kirchenbekenntnisses willen preisgeben. Auch über
diese Leiden ist Lücke glücklich hinübergesiihrt worden,


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den Gründern gewisser Aktiengesellschaften und den Leiter» gewisser Geldinstitute
allerdings auch nicht). Aber anzunehmen, daß es das Verdnmmungsstreben allein
sei, was sich gegen die allzuweite Ausdehnung des Schnlzwcmges sträubt, ist doch
unrichtig und ungerecht; Rücksichten auf die Anforderungen des praktischen Lebens,
ans das leibliche und geistige Wohl der Kinder und sogar sehr beachtenswerte
pädagogische Erwägungen wirke» auch mit.




Litteratur
t), Friedrich Lücke, Abt zu Bursfelde und Professur der Theolvaie zu Glittiugm l1791 bis
I8Sb). Lebens- und Zeitbild aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Von F. Sander,
Regierungs- und Schulrnt. Hamwver-Linden, Karl Manz, 1.891

Diese Lebensbeschreibung eines hervorragenden Mannes und gröhlen Theologe»
macht eine» gediegenen und wohlthuenden Eindruck. Wen» man die kritische Seite
zu wenig berücksichtigt findet, so liegt das einmal darin, daß der Verfasser durch
verwandtschaftliche Bande mit dem Helden seiner Biographie verbunden war, so¬
dann auch darin, daß Lücke noch nicht lange genug der Geschichte angehört, um
genan beurteilt zu werden, zumal von selten eines Biographen, der Lückes
Studien bei seineu andersartigen Berufsaufgaben nicht völlig würdigen kann.
Dafür werden wir überall durch lebendige Mitteilungen aus Briefen in eine an¬
ziehende Entwicklung Lückes und der Seinigen hineingestellt, auch in einen ge¬
schichtlichen Zusammenhang und kulturgeschichtliche Verhältnisse, die für uns Jetztlebende
großen Reiz haben. Erst als Student der Theologie in Halle entschloß sich Lücke,
die akademische Laufbahn zu ergreifen und sich zu diesem Zwecke nach Göttingen
zu wenden. Vier Jahre später trieb ihn besonders die Bewunderung für Schleier-
macher an, einige Jahre uach Berlin zu gehen, von wo er als Professor der
Theologie für die neue Universität Bonn (1819) bestimmt wurde. Dort blieb er
aber nicht sehr lange (1818 bis 1827), in Göttingen fand er die Höhe seiner Wir!
sanken und seinen Lebensabend.

Es ist ein sehr bewegtes inneres Leben voll von Kämpfen und Anfechtungen,
das sich in diesem einfachen Rahmen darbietet. Wir befinden uns, wenn wir die
mit Lücke in brieflicher und persönlicher Verbindung stehenden Männer aufzählen, in
bester, vornehmer Gesellschaft, ich nenne nur Schleiermacher, Hoßbach, Nitzsch, Sack,
Brandis, Bunsen, Tochter, Otfried Müller und Julius Müller, De Wette und
Neander. Zu den Anfechtungen, die dem trefflichen Manne nicht erspart blieben,
gehörten namentlich die Feindseligkeiten, die zwischen ihm oder der ganzen Fakultät
und der sehr lutherisch gerichteten Mehrheit der hannoverschen Geistlichkeit (Petri
und Konsorten) ausbrachen. Den« wiewohl Lücke unter denen war, die die Theologie
vom Nationalismus zum. Kirchenglauben geführt hatten, wollte er doch nicht die
Freiheit der Forschung um des Kirchenbekenntnisses willen preisgeben. Auch über
diese Leiden ist Lücke glücklich hinübergesiihrt worden,


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[0342] Litteratur den Gründern gewisser Aktiengesellschaften und den Leiter» gewisser Geldinstitute allerdings auch nicht). Aber anzunehmen, daß es das Verdnmmungsstreben allein sei, was sich gegen die allzuweite Ausdehnung des Schnlzwcmges sträubt, ist doch unrichtig und ungerecht; Rücksichten auf die Anforderungen des praktischen Lebens, ans das leibliche und geistige Wohl der Kinder und sogar sehr beachtenswerte pädagogische Erwägungen wirke» auch mit. Litteratur t), Friedrich Lücke, Abt zu Bursfelde und Professur der Theolvaie zu Glittiugm l1791 bis I8Sb). Lebens- und Zeitbild aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Von F. Sander, Regierungs- und Schulrnt. Hamwver-Linden, Karl Manz, 1.891 Diese Lebensbeschreibung eines hervorragenden Mannes und gröhlen Theologe» macht eine» gediegenen und wohlthuenden Eindruck. Wen» man die kritische Seite zu wenig berücksichtigt findet, so liegt das einmal darin, daß der Verfasser durch verwandtschaftliche Bande mit dem Helden seiner Biographie verbunden war, so¬ dann auch darin, daß Lücke noch nicht lange genug der Geschichte angehört, um genan beurteilt zu werden, zumal von selten eines Biographen, der Lückes Studien bei seineu andersartigen Berufsaufgaben nicht völlig würdigen kann. Dafür werden wir überall durch lebendige Mitteilungen aus Briefen in eine an¬ ziehende Entwicklung Lückes und der Seinigen hineingestellt, auch in einen ge¬ schichtlichen Zusammenhang und kulturgeschichtliche Verhältnisse, die für uns Jetztlebende großen Reiz haben. Erst als Student der Theologie in Halle entschloß sich Lücke, die akademische Laufbahn zu ergreifen und sich zu diesem Zwecke nach Göttingen zu wenden. Vier Jahre später trieb ihn besonders die Bewunderung für Schleier- macher an, einige Jahre uach Berlin zu gehen, von wo er als Professor der Theologie für die neue Universität Bonn (1819) bestimmt wurde. Dort blieb er aber nicht sehr lange (1818 bis 1827), in Göttingen fand er die Höhe seiner Wir! sanken und seinen Lebensabend. Es ist ein sehr bewegtes inneres Leben voll von Kämpfen und Anfechtungen, das sich in diesem einfachen Rahmen darbietet. Wir befinden uns, wenn wir die mit Lücke in brieflicher und persönlicher Verbindung stehenden Männer aufzählen, in bester, vornehmer Gesellschaft, ich nenne nur Schleiermacher, Hoßbach, Nitzsch, Sack, Brandis, Bunsen, Tochter, Otfried Müller und Julius Müller, De Wette und Neander. Zu den Anfechtungen, die dem trefflichen Manne nicht erspart blieben, gehörten namentlich die Feindseligkeiten, die zwischen ihm oder der ganzen Fakultät und der sehr lutherisch gerichteten Mehrheit der hannoverschen Geistlichkeit (Petri und Konsorten) ausbrachen. Den« wiewohl Lücke unter denen war, die die Theologie vom Nationalismus zum. Kirchenglauben geführt hatten, wollte er doch nicht die Freiheit der Forschung um des Kirchenbekenntnisses willen preisgeben. Auch über diese Leiden ist Lücke glücklich hinübergesiihrt worden,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/342>, abgerufen am 29.06.2024.