Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Interesse, das sie ihm einflößten, veranlaßte ihn, sie, soweit sie Berlin be¬
trafen, dem Druck zu übergeben (sie erschienen ausgestattet mit den Ergebnissen
eingehender Nachforschungen in der KnWöMg, nWmml'ö, Februar 1888), und
es veranlaßte ihn weiter, dem Schreiber dieser Zeilen, als er sich wissenschaft¬
licher Studien halber einige Tage in Siena aufhielt, die Bitte auszusprechen,
für eine Übersetzung in einer angesehenen deutschen Zeitschrift zu sorgen. Mit
Freuden ist dieser Wunsch erfüllt worden: der Verfasser, der Stoff und die
liebenswürdige Persönlichkeit des Herausgebers haben für uns tvässolri ent¬
schieden etwas Sympathisches. Die begeisterte Vorliebe für Italien, die mit
Recht jedem Deutschen von Klein auf gleichsam eingeimpft wird, erfährt hier
einen angenehmen Wiederhall in den einfachen und doch warmen Worten, die
der kampfgestählte und feingebildete Edelmann des Südens über unser branden-
bnrgisches Herrscherhaus, über unser Volk und besonders über unser Heer aus¬
spricht. Es ist ein lebendiges, anziehendes Bild, das sich vor unsern Augen
entrollt, es findet sich mancher Zug darin, der dem Geschichtsfreund und dem
Geschichtsforscher neu sein oder sich in neuem Lichte zeigen wird,") lind so wird
man gern darüber die ungenügende Art der Darstellung, das häufige Ab¬
schweifen und die mangelnde Anordnung und Verteilung des Stoffes
vergessen.

Die Übersetzung ist möglichst getreu; nur geringe und ganz unwesentliche
Änderungen sind vorgenommen worden.




Ungefähr eine Wegstunde von Dresdvrf kamen wir am 11. Mai 1K9V,
vormittags elf Uhr, auf eine lange, seit kurzem in drei Reihen bepflanzte Land¬
straße, an deren Anfangspunkt wir Berlin zu Gesicht bekamen. Nachdem wir
dnrch einen großen Marktflecken gekommen waren und zwei gute Meilen immer
durch Sand zurückgelegt hatten, trafen wir um sechs Uhr abends durch das
Se. Georgsthvr ein. Das Thor ist hübsch verziert, gut befestigt, mit einem
breiten Graben, einer zu bequemem Schiffsverkehr aus zwei Teilen bestehenden
Zugbrücke und einer zahlreichen Wnchtmannschaft versehen, die nnr nach
dem Namen und der künftigen Wohnung fragt lind dann ungehindert durch¬
läßt. Ich besah mir die Soldaten, es waren alles schöne und ausgesuchte
Leute. Indem ich meinen Weg dnrch die Hauptstraße der Stadt fortsetzte,
kam ich n>i die Post, dann wandte ich mich zur Linken nach der am "Fisch¬
markt" gelegnen Nikolaikirche zu und begab mich in mein Logis bei dem
Doktor Schmid, der ein schönes Hans hat, einen guten Tisch führt und Arzt



") So weit man seine Mitteilungen nachprüfen kann, erweisen sie sich, einzelne Versehen
abgerechnet (z. V, bei seinen Nachrichten über den Prinzen von Homburg), als durchaus
zuverlässig; es gilt das insbesondre für die allgemein geschichtliche,! Bemerkungen, mit denen
er seine persönlichen Erlebnisse ergänzt. Weniger genau ist die Datirung.

Interesse, das sie ihm einflößten, veranlaßte ihn, sie, soweit sie Berlin be¬
trafen, dem Druck zu übergeben (sie erschienen ausgestattet mit den Ergebnissen
eingehender Nachforschungen in der KnWöMg, nWmml'ö, Februar 1888), und
es veranlaßte ihn weiter, dem Schreiber dieser Zeilen, als er sich wissenschaft¬
licher Studien halber einige Tage in Siena aufhielt, die Bitte auszusprechen,
für eine Übersetzung in einer angesehenen deutschen Zeitschrift zu sorgen. Mit
Freuden ist dieser Wunsch erfüllt worden: der Verfasser, der Stoff und die
liebenswürdige Persönlichkeit des Herausgebers haben für uns tvässolri ent¬
schieden etwas Sympathisches. Die begeisterte Vorliebe für Italien, die mit
Recht jedem Deutschen von Klein auf gleichsam eingeimpft wird, erfährt hier
einen angenehmen Wiederhall in den einfachen und doch warmen Worten, die
der kampfgestählte und feingebildete Edelmann des Südens über unser branden-
bnrgisches Herrscherhaus, über unser Volk und besonders über unser Heer aus¬
spricht. Es ist ein lebendiges, anziehendes Bild, das sich vor unsern Augen
entrollt, es findet sich mancher Zug darin, der dem Geschichtsfreund und dem
Geschichtsforscher neu sein oder sich in neuem Lichte zeigen wird,") lind so wird
man gern darüber die ungenügende Art der Darstellung, das häufige Ab¬
schweifen und die mangelnde Anordnung und Verteilung des Stoffes
vergessen.

Die Übersetzung ist möglichst getreu; nur geringe und ganz unwesentliche
Änderungen sind vorgenommen worden.




Ungefähr eine Wegstunde von Dresdvrf kamen wir am 11. Mai 1K9V,
vormittags elf Uhr, auf eine lange, seit kurzem in drei Reihen bepflanzte Land¬
straße, an deren Anfangspunkt wir Berlin zu Gesicht bekamen. Nachdem wir
dnrch einen großen Marktflecken gekommen waren und zwei gute Meilen immer
durch Sand zurückgelegt hatten, trafen wir um sechs Uhr abends durch das
Se. Georgsthvr ein. Das Thor ist hübsch verziert, gut befestigt, mit einem
breiten Graben, einer zu bequemem Schiffsverkehr aus zwei Teilen bestehenden
Zugbrücke und einer zahlreichen Wnchtmannschaft versehen, die nnr nach
dem Namen und der künftigen Wohnung fragt lind dann ungehindert durch¬
läßt. Ich besah mir die Soldaten, es waren alles schöne und ausgesuchte
Leute. Indem ich meinen Weg dnrch die Hauptstraße der Stadt fortsetzte,
kam ich n>i die Post, dann wandte ich mich zur Linken nach der am „Fisch¬
markt" gelegnen Nikolaikirche zu und begab mich in mein Logis bei dem
Doktor Schmid, der ein schönes Hans hat, einen guten Tisch führt und Arzt



") So weit man seine Mitteilungen nachprüfen kann, erweisen sie sich, einzelne Versehen
abgerechnet (z. V, bei seinen Nachrichten über den Prinzen von Homburg), als durchaus
zuverlässig; es gilt das insbesondre für die allgemein geschichtliche,! Bemerkungen, mit denen
er seine persönlichen Erlebnisse ergänzt. Weniger genau ist die Datirung.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0030" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/209263"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_61" prev="#ID_60"> Interesse, das sie ihm einflößten, veranlaßte ihn, sie, soweit sie Berlin be¬<lb/>
trafen, dem Druck zu übergeben (sie erschienen ausgestattet mit den Ergebnissen<lb/>
eingehender Nachforschungen in der KnWöMg, nWmml'ö, Februar 1888), und<lb/>
es veranlaßte ihn weiter, dem Schreiber dieser Zeilen, als er sich wissenschaft¬<lb/>
licher Studien halber einige Tage in Siena aufhielt, die Bitte auszusprechen,<lb/>
für eine Übersetzung in einer angesehenen deutschen Zeitschrift zu sorgen. Mit<lb/>
Freuden ist dieser Wunsch erfüllt worden: der Verfasser, der Stoff und die<lb/>
liebenswürdige Persönlichkeit des Herausgebers haben für uns tvässolri ent¬<lb/>
schieden etwas Sympathisches. Die begeisterte Vorliebe für Italien, die mit<lb/>
Recht jedem Deutschen von Klein auf gleichsam eingeimpft wird, erfährt hier<lb/>
einen angenehmen Wiederhall in den einfachen und doch warmen Worten, die<lb/>
der kampfgestählte und feingebildete Edelmann des Südens über unser branden-<lb/>
bnrgisches Herrscherhaus, über unser Volk und besonders über unser Heer aus¬<lb/>
spricht. Es ist ein lebendiges, anziehendes Bild, das sich vor unsern Augen<lb/>
entrollt, es findet sich mancher Zug darin, der dem Geschichtsfreund und dem<lb/>
Geschichtsforscher neu sein oder sich in neuem Lichte zeigen wird,") lind so wird<lb/>
man gern darüber die ungenügende Art der Darstellung, das häufige Ab¬<lb/>
schweifen und die mangelnde Anordnung und Verteilung des Stoffes<lb/>
vergessen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_62"> Die Übersetzung ist möglichst getreu; nur geringe und ganz unwesentliche<lb/>
Änderungen sind vorgenommen worden.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_63" next="#ID_64"> Ungefähr eine Wegstunde von Dresdvrf kamen wir am 11. Mai 1K9V,<lb/>
vormittags elf Uhr, auf eine lange, seit kurzem in drei Reihen bepflanzte Land¬<lb/>
straße, an deren Anfangspunkt wir Berlin zu Gesicht bekamen. Nachdem wir<lb/>
dnrch einen großen Marktflecken gekommen waren und zwei gute Meilen immer<lb/>
durch Sand zurückgelegt hatten, trafen wir um sechs Uhr abends durch das<lb/>
Se. Georgsthvr ein. Das Thor ist hübsch verziert, gut befestigt, mit einem<lb/>
breiten Graben, einer zu bequemem Schiffsverkehr aus zwei Teilen bestehenden<lb/>
Zugbrücke und einer zahlreichen Wnchtmannschaft versehen, die nnr nach<lb/>
dem Namen und der künftigen Wohnung fragt lind dann ungehindert durch¬<lb/>
läßt. Ich besah mir die Soldaten, es waren alles schöne und ausgesuchte<lb/>
Leute. Indem ich meinen Weg dnrch die Hauptstraße der Stadt fortsetzte,<lb/>
kam ich n&gt;i die Post, dann wandte ich mich zur Linken nach der am &#x201E;Fisch¬<lb/>
markt" gelegnen Nikolaikirche zu und begab mich in mein Logis bei dem<lb/>
Doktor Schmid, der ein schönes Hans hat, einen guten Tisch führt und Arzt</p><lb/>
          <note xml:id="FID_3" place="foot"> ") So weit man seine Mitteilungen nachprüfen kann, erweisen sie sich, einzelne Versehen<lb/>
abgerechnet (z. V, bei seinen Nachrichten über den Prinzen von Homburg), als durchaus<lb/>
zuverlässig; es gilt das insbesondre für die allgemein geschichtliche,! Bemerkungen, mit denen<lb/>
er seine persönlichen Erlebnisse ergänzt.  Weniger genau ist die Datirung.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0030] Interesse, das sie ihm einflößten, veranlaßte ihn, sie, soweit sie Berlin be¬ trafen, dem Druck zu übergeben (sie erschienen ausgestattet mit den Ergebnissen eingehender Nachforschungen in der KnWöMg, nWmml'ö, Februar 1888), und es veranlaßte ihn weiter, dem Schreiber dieser Zeilen, als er sich wissenschaft¬ licher Studien halber einige Tage in Siena aufhielt, die Bitte auszusprechen, für eine Übersetzung in einer angesehenen deutschen Zeitschrift zu sorgen. Mit Freuden ist dieser Wunsch erfüllt worden: der Verfasser, der Stoff und die liebenswürdige Persönlichkeit des Herausgebers haben für uns tvässolri ent¬ schieden etwas Sympathisches. Die begeisterte Vorliebe für Italien, die mit Recht jedem Deutschen von Klein auf gleichsam eingeimpft wird, erfährt hier einen angenehmen Wiederhall in den einfachen und doch warmen Worten, die der kampfgestählte und feingebildete Edelmann des Südens über unser branden- bnrgisches Herrscherhaus, über unser Volk und besonders über unser Heer aus¬ spricht. Es ist ein lebendiges, anziehendes Bild, das sich vor unsern Augen entrollt, es findet sich mancher Zug darin, der dem Geschichtsfreund und dem Geschichtsforscher neu sein oder sich in neuem Lichte zeigen wird,") lind so wird man gern darüber die ungenügende Art der Darstellung, das häufige Ab¬ schweifen und die mangelnde Anordnung und Verteilung des Stoffes vergessen. Die Übersetzung ist möglichst getreu; nur geringe und ganz unwesentliche Änderungen sind vorgenommen worden. Ungefähr eine Wegstunde von Dresdvrf kamen wir am 11. Mai 1K9V, vormittags elf Uhr, auf eine lange, seit kurzem in drei Reihen bepflanzte Land¬ straße, an deren Anfangspunkt wir Berlin zu Gesicht bekamen. Nachdem wir dnrch einen großen Marktflecken gekommen waren und zwei gute Meilen immer durch Sand zurückgelegt hatten, trafen wir um sechs Uhr abends durch das Se. Georgsthvr ein. Das Thor ist hübsch verziert, gut befestigt, mit einem breiten Graben, einer zu bequemem Schiffsverkehr aus zwei Teilen bestehenden Zugbrücke und einer zahlreichen Wnchtmannschaft versehen, die nnr nach dem Namen und der künftigen Wohnung fragt lind dann ungehindert durch¬ läßt. Ich besah mir die Soldaten, es waren alles schöne und ausgesuchte Leute. Indem ich meinen Weg dnrch die Hauptstraße der Stadt fortsetzte, kam ich n>i die Post, dann wandte ich mich zur Linken nach der am „Fisch¬ markt" gelegnen Nikolaikirche zu und begab mich in mein Logis bei dem Doktor Schmid, der ein schönes Hans hat, einen guten Tisch führt und Arzt ") So weit man seine Mitteilungen nachprüfen kann, erweisen sie sich, einzelne Versehen abgerechnet (z. V, bei seinen Nachrichten über den Prinzen von Homburg), als durchaus zuverlässig; es gilt das insbesondre für die allgemein geschichtliche,! Bemerkungen, mit denen er seine persönlichen Erlebnisse ergänzt. Weniger genau ist die Datirung.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/30
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/30>, abgerufen am 22.07.2024.