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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Li" topographischer Atlas von Leipzig

und öffentlichen Garten- und Parkanlagen. nachgebildet sind die Originale,
je nach ihrer Beschaffenheit, auf die mannichfaltigste Weise. Die meisten Bilder
sind durch Zinkätzung hergestellt worden. Diese vergröbert freilich die Originale
etwas, aber bei Holzschnitten und bei Kupferstichen und Radirungen, die
ohnehin nicht besonders fein ausgeführt find -- und um solche handelt sichs in
den meisten Fällen --, spürt man von dieser Vergröberung nnr wenig. Vier
zusammengehörige, besonders schöne Radirungen, vier malerische Ansichten
Leipzigs, vor den vier Stadtthoren gesehen, 1704 von dem jungen Christian
Heckel, einem Schüler Bernigeroths gestochen, sind (bei Dr, E. Albert in
München) in vorzüglichen Heliogravüren nachgebildet worden. Eine Abbildung
der Thomaskirche und der Thomasschule (ans Johann Sebastian Bachs Zeit)
konnte noch von der im Leipziger Ratsarchiv wohlerhaltenen Originnlkupfer-
platte gedruckt werden, die der Rat 1723 zu dem Titelbilde einer neue"
Schulordnung hatte stechen lassen. Bei drei Bildern mußte zum Lichtdruck
gegriffen werden, zwei von den Stadtplänen sind lithographisch hergestellt
worden, ein Plan der Umgegend von Leipzig, den 1776 der Buchdrucker
Breitkopf, der Erfinder des typographischen Notendrucks, als Probe eines
typographischen Landkartensatzes veröffentlicht hat, ist von dem noch heute in der
Buchdruckerei von Breitkopf und Härtel unversehrt aufbewahrten Originalsatz
gedruckt worden. Die größte Zierde des Atlas bildet eine "Suite" von zwölf
Bnntdrucken (Chromolithographien), Nachbildungen von kolorirten Umri߬
radirungen, in denen 1784 ein junger Leipziger Künstler, Karl Benjamin
Schwarz, den Gang um die Stadt oder "ums Thor," wie man in Leipzig
sagte, dargestellt hat. Solche kolorirte Rndirungen waren damals, am Aus-
gange des vorigen und am Anfange dieses Jahrhunderts, sehr beliebt, die
Wirkung, die mit dieser Technik erreicht wurde, ganz erstaunlich. Die zwölf
Leipziger Blüttchen gehören zu dem Reizendsten, was in Stadtprospekten ge¬
schaffen worden ist. Sie sind in der Zeichnung von einer wahrhaft kindlichen
Einfachheit der Mittel, aber jedes Striche! ist so sicher hingesetzt, und das
zarte, blasse Kolorit von einem solchen Duft, die ganze Stimmung der Blättchen
so hell und heiter, daß mau nicht müde wird, sie zu betrachten. Das typo¬
graphische Institut von Giesecke und Devrient hat mit der Nachbildung dieser
zwölf Ansichten ein Meisterstück ersten Ranges geliefert. Der wiedererwachten
Freude der Gegenwart an der Farbe kommen übrigens nicht bloß diese Buntdrucke
entgegen, auch eine Anzahl von den Zinkätzungen ist farbig (braun, rot oder grün)
gedruckt worden. Die meisten Bilder sind in der Größe der Originale oder
doch nur in ganz unbedeutender Verkleinerung wiedergegeben; nur hie und da
hat sich, um ein Bild den? von vornherein festgestellten Atlasformat anzu¬
passen, eine etwas stärkere Verkleinerung nötig gemacht. Immerhin haben dabei
die drei großen Stadtprvspekte von 1547, 1595 und 1615 noch eine Breite
von sechzig bis siebzig Centimetern (Bildflüche) behalten.


Li» topographischer Atlas von Leipzig

und öffentlichen Garten- und Parkanlagen. nachgebildet sind die Originale,
je nach ihrer Beschaffenheit, auf die mannichfaltigste Weise. Die meisten Bilder
sind durch Zinkätzung hergestellt worden. Diese vergröbert freilich die Originale
etwas, aber bei Holzschnitten und bei Kupferstichen und Radirungen, die
ohnehin nicht besonders fein ausgeführt find — und um solche handelt sichs in
den meisten Fällen —, spürt man von dieser Vergröberung nnr wenig. Vier
zusammengehörige, besonders schöne Radirungen, vier malerische Ansichten
Leipzigs, vor den vier Stadtthoren gesehen, 1704 von dem jungen Christian
Heckel, einem Schüler Bernigeroths gestochen, sind (bei Dr, E. Albert in
München) in vorzüglichen Heliogravüren nachgebildet worden. Eine Abbildung
der Thomaskirche und der Thomasschule (ans Johann Sebastian Bachs Zeit)
konnte noch von der im Leipziger Ratsarchiv wohlerhaltenen Originnlkupfer-
platte gedruckt werden, die der Rat 1723 zu dem Titelbilde einer neue»
Schulordnung hatte stechen lassen. Bei drei Bildern mußte zum Lichtdruck
gegriffen werden, zwei von den Stadtplänen sind lithographisch hergestellt
worden, ein Plan der Umgegend von Leipzig, den 1776 der Buchdrucker
Breitkopf, der Erfinder des typographischen Notendrucks, als Probe eines
typographischen Landkartensatzes veröffentlicht hat, ist von dem noch heute in der
Buchdruckerei von Breitkopf und Härtel unversehrt aufbewahrten Originalsatz
gedruckt worden. Die größte Zierde des Atlas bildet eine „Suite" von zwölf
Bnntdrucken (Chromolithographien), Nachbildungen von kolorirten Umri߬
radirungen, in denen 1784 ein junger Leipziger Künstler, Karl Benjamin
Schwarz, den Gang um die Stadt oder „ums Thor," wie man in Leipzig
sagte, dargestellt hat. Solche kolorirte Rndirungen waren damals, am Aus-
gange des vorigen und am Anfange dieses Jahrhunderts, sehr beliebt, die
Wirkung, die mit dieser Technik erreicht wurde, ganz erstaunlich. Die zwölf
Leipziger Blüttchen gehören zu dem Reizendsten, was in Stadtprospekten ge¬
schaffen worden ist. Sie sind in der Zeichnung von einer wahrhaft kindlichen
Einfachheit der Mittel, aber jedes Striche! ist so sicher hingesetzt, und das
zarte, blasse Kolorit von einem solchen Duft, die ganze Stimmung der Blättchen
so hell und heiter, daß mau nicht müde wird, sie zu betrachten. Das typo¬
graphische Institut von Giesecke und Devrient hat mit der Nachbildung dieser
zwölf Ansichten ein Meisterstück ersten Ranges geliefert. Der wiedererwachten
Freude der Gegenwart an der Farbe kommen übrigens nicht bloß diese Buntdrucke
entgegen, auch eine Anzahl von den Zinkätzungen ist farbig (braun, rot oder grün)
gedruckt worden. Die meisten Bilder sind in der Größe der Originale oder
doch nur in ganz unbedeutender Verkleinerung wiedergegeben; nur hie und da
hat sich, um ein Bild den? von vornherein festgestellten Atlasformat anzu¬
passen, eine etwas stärkere Verkleinerung nötig gemacht. Immerhin haben dabei
die drei großen Stadtprvspekte von 1547, 1595 und 1615 noch eine Breite
von sechzig bis siebzig Centimetern (Bildflüche) behalten.


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[0226] Li» topographischer Atlas von Leipzig und öffentlichen Garten- und Parkanlagen. nachgebildet sind die Originale, je nach ihrer Beschaffenheit, auf die mannichfaltigste Weise. Die meisten Bilder sind durch Zinkätzung hergestellt worden. Diese vergröbert freilich die Originale etwas, aber bei Holzschnitten und bei Kupferstichen und Radirungen, die ohnehin nicht besonders fein ausgeführt find — und um solche handelt sichs in den meisten Fällen —, spürt man von dieser Vergröberung nnr wenig. Vier zusammengehörige, besonders schöne Radirungen, vier malerische Ansichten Leipzigs, vor den vier Stadtthoren gesehen, 1704 von dem jungen Christian Heckel, einem Schüler Bernigeroths gestochen, sind (bei Dr, E. Albert in München) in vorzüglichen Heliogravüren nachgebildet worden. Eine Abbildung der Thomaskirche und der Thomasschule (ans Johann Sebastian Bachs Zeit) konnte noch von der im Leipziger Ratsarchiv wohlerhaltenen Originnlkupfer- platte gedruckt werden, die der Rat 1723 zu dem Titelbilde einer neue» Schulordnung hatte stechen lassen. Bei drei Bildern mußte zum Lichtdruck gegriffen werden, zwei von den Stadtplänen sind lithographisch hergestellt worden, ein Plan der Umgegend von Leipzig, den 1776 der Buchdrucker Breitkopf, der Erfinder des typographischen Notendrucks, als Probe eines typographischen Landkartensatzes veröffentlicht hat, ist von dem noch heute in der Buchdruckerei von Breitkopf und Härtel unversehrt aufbewahrten Originalsatz gedruckt worden. Die größte Zierde des Atlas bildet eine „Suite" von zwölf Bnntdrucken (Chromolithographien), Nachbildungen von kolorirten Umri߬ radirungen, in denen 1784 ein junger Leipziger Künstler, Karl Benjamin Schwarz, den Gang um die Stadt oder „ums Thor," wie man in Leipzig sagte, dargestellt hat. Solche kolorirte Rndirungen waren damals, am Aus- gange des vorigen und am Anfange dieses Jahrhunderts, sehr beliebt, die Wirkung, die mit dieser Technik erreicht wurde, ganz erstaunlich. Die zwölf Leipziger Blüttchen gehören zu dem Reizendsten, was in Stadtprospekten ge¬ schaffen worden ist. Sie sind in der Zeichnung von einer wahrhaft kindlichen Einfachheit der Mittel, aber jedes Striche! ist so sicher hingesetzt, und das zarte, blasse Kolorit von einem solchen Duft, die ganze Stimmung der Blättchen so hell und heiter, daß mau nicht müde wird, sie zu betrachten. Das typo¬ graphische Institut von Giesecke und Devrient hat mit der Nachbildung dieser zwölf Ansichten ein Meisterstück ersten Ranges geliefert. Der wiedererwachten Freude der Gegenwart an der Farbe kommen übrigens nicht bloß diese Buntdrucke entgegen, auch eine Anzahl von den Zinkätzungen ist farbig (braun, rot oder grün) gedruckt worden. Die meisten Bilder sind in der Größe der Originale oder doch nur in ganz unbedeutender Verkleinerung wiedergegeben; nur hie und da hat sich, um ein Bild den? von vornherein festgestellten Atlasformat anzu¬ passen, eine etwas stärkere Verkleinerung nötig gemacht. Immerhin haben dabei die drei großen Stadtprvspekte von 1547, 1595 und 1615 noch eine Breite von sechzig bis siebzig Centimetern (Bildflüche) behalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/226>, abgerufen am 25.08.2024.