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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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der Kurfürst schon damals die Erfahrung macheu mußte, daß die Katholiken
Schonung der Gewissen zwar verlangten, aber nicht gewährten, ist es auch
sehr fraglich, ob Georg Wilhelm, zumal in einer Zeit, wo der große Religions¬
krieg eine entschiedne Kirchenpolitik verlangte, gut damit gethan hatte, einen
Mann wie Schwarzenberg zum Leiter seiner Regierung zu machen, der seinem
Herrn die weitere Ausbreitung der Kapuziner in seinen bergisch-märkischen
Landen damit empfahl, daß diese Kapuziner "sein sulge Loute (solche Leute),
die keinem nix schaden." Wohin man mit der Weichheit und Milde in dieser
harten Zeit kam, trat bald zu Tage. Während der Kurfürst deu Katholiken
die größte Treue hielt, suchte die pfalzgräfliche Regierung in den jülich-
klevischen Landen "die untathvlischen Prädikanteu und Schulmeister abzu¬
schaffen." Der Kurfürst, der Mitbesitzer auch des vom Pfalzgrafen verwalteten
Teiles dieser bergisch-märkisch-jülich-klevischen Lande war, hielt um seinem
Vertrage, diese Lande so regieren zu wollen, "wie es bei Gott, der kaiserlichen
Majestät und der Pvsterität zu verantworten sein würde," gewissenhaft und
redlich auch zu Gunsten der Katholiken fest. Der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm
dagegen, der 1(i14 katholisch geworden war, verstand "die Verantwortung bei
Gott" uach dein Sinne seiner Beichtväter, für die diese Verantwortung die
Vernichtung der ketzerischen Rotte enthielt. Es war darum ein Glück bei der
weichen und allzugerechten Denkart Georg Wilhelms, daß das Geleise, worin
sich der brandenburgische Staat bewegen mußte, doch anch in kirchenpolitischer
Beziehung schon zu fest gefalueu war, als daß es wieder hätte verlassen werden
können. Und noch ein viel größeres Glück war es, mag'nun cliviims vrovi-
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"daß die Religion, sonderlich die wahre Religion, nicht mit Gewalt sich fort¬
pflanzen lasse, sondern es gehöre guter Unterricht dazu," sein nicht bloß ge¬
rechter, sondern auch kluger und willensstarker Sohn, jener Friedrich Wilhelm
folgte, den die Welt als deu Großen Kurfürsten kennt.

Dieser gewaltige Herrscher, Staatsmann und Held in einer Person, hat
die beiden großen Grundsätze der hohenzollenischen Kirchenpolitik, die Duldung
der verschiednen Bekenntnisse, die, wie gesagt, den paritätischen Staat schuf,
und die Selbständigkeit des weltlichen Regiments, die den souveränen Staat,
der nur eine höchste Gewalt erträgt, gründete, wie zwei granitne Mauern für
alle Zeit aufgerichtet.

Durch seine Erziehung, auch durch die Abneigung gegen den katholischen
Staatsmann seines Vaters, den Grafen Schwarzenberg, dem er Schlimmes
zutraute, war der Kurfürst, wie erwähnt, ein treuer Bekenner der reformirten
Lehre, der aber, obgleich er zeitlebens mit dem Glaubenseifer seiner lutherischen


Wenn nur — setzt er hinzu — mich für unsere ans dein Worte Gottes er¬
kannte Religion überall eine gleiche Freiheit behauptet werden könnte," 8i nioclo
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der Kurfürst schon damals die Erfahrung macheu mußte, daß die Katholiken
Schonung der Gewissen zwar verlangten, aber nicht gewährten, ist es auch
sehr fraglich, ob Georg Wilhelm, zumal in einer Zeit, wo der große Religions¬
krieg eine entschiedne Kirchenpolitik verlangte, gut damit gethan hatte, einen
Mann wie Schwarzenberg zum Leiter seiner Regierung zu machen, der seinem
Herrn die weitere Ausbreitung der Kapuziner in seinen bergisch-märkischen
Landen damit empfahl, daß diese Kapuziner „sein sulge Loute (solche Leute),
die keinem nix schaden." Wohin man mit der Weichheit und Milde in dieser
harten Zeit kam, trat bald zu Tage. Während der Kurfürst deu Katholiken
die größte Treue hielt, suchte die pfalzgräfliche Regierung in den jülich-
klevischen Landen „die untathvlischen Prädikanteu und Schulmeister abzu¬
schaffen." Der Kurfürst, der Mitbesitzer auch des vom Pfalzgrafen verwalteten
Teiles dieser bergisch-märkisch-jülich-klevischen Lande war, hielt um seinem
Vertrage, diese Lande so regieren zu wollen, „wie es bei Gott, der kaiserlichen
Majestät und der Pvsterität zu verantworten sein würde," gewissenhaft und
redlich auch zu Gunsten der Katholiken fest. Der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm
dagegen, der 1(i14 katholisch geworden war, verstand „die Verantwortung bei
Gott" uach dein Sinne seiner Beichtväter, für die diese Verantwortung die
Vernichtung der ketzerischen Rotte enthielt. Es war darum ein Glück bei der
weichen und allzugerechten Denkart Georg Wilhelms, daß das Geleise, worin
sich der brandenburgische Staat bewegen mußte, doch anch in kirchenpolitischer
Beziehung schon zu fest gefalueu war, als daß es wieder hätte verlassen werden
können. Und noch ein viel größeres Glück war es, mag'nun cliviims vrovi-
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„daß die Religion, sonderlich die wahre Religion, nicht mit Gewalt sich fort¬
pflanzen lasse, sondern es gehöre guter Unterricht dazu," sein nicht bloß ge¬
rechter, sondern auch kluger und willensstarker Sohn, jener Friedrich Wilhelm
folgte, den die Welt als deu Großen Kurfürsten kennt.

Dieser gewaltige Herrscher, Staatsmann und Held in einer Person, hat
die beiden großen Grundsätze der hohenzollenischen Kirchenpolitik, die Duldung
der verschiednen Bekenntnisse, die, wie gesagt, den paritätischen Staat schuf,
und die Selbständigkeit des weltlichen Regiments, die den souveränen Staat,
der nur eine höchste Gewalt erträgt, gründete, wie zwei granitne Mauern für
alle Zeit aufgerichtet.

Durch seine Erziehung, auch durch die Abneigung gegen den katholischen
Staatsmann seines Vaters, den Grafen Schwarzenberg, dem er Schlimmes
zutraute, war der Kurfürst, wie erwähnt, ein treuer Bekenner der reformirten
Lehre, der aber, obgleich er zeitlebens mit dem Glaubenseifer seiner lutherischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/212>, abgerufen am 23.07.2024.