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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Die Rirchenxolitik des Großen Kurfürsten

eines geistlichen Instituts gewiesen war. Wiederum waren es Johann Sigis-
mund und Georg Wilhelm als Statthalter seines Vaters in den klevischen
Landen, die hier besonders dem Bischof von Köln gegenüber vielfach die Ge¬
legenheit hatten und benutzten, das staatliche Aufsichtsrecht, das seit den Tagen
der Reformation der weltlichen Gewalt grundsätzlich zuerkannt war, auch that¬
sächlich zu behaupten. Markgraf Georg Wilhelm verbat sich die Einmischung
des Erzbischofs von Köln in seineu jülich-klevischen Landen, weil es sich nicht
gebühre, "einig fremdes ungebräuchliches Gericht oder Judikatur Ew. Liebden
oder sonsten jemanden: darin (in den Erdtaube") zu gestatten oder von neuem
einführen zu lassen. Wie wir denn ihnen, Geistlichen nicht weniger als den
Weltlichen, zum Fürsten vorgesetzet und sie uns billig dafür halten und
kennen." Diejenigen Geistlichen, die etwa "eine in diesen Landen ganz unbe¬
kannte und ungebräuchliche christliche Jurisdiktion und Kognition" oder etwa
neue Eidesformen zu "merklicher Schmülerung und Verringerung unsrer landes-
fürstlichen Hoch-, Ober- und Gerechtigkeit" einführen oder einschleichen lassen
wollen, werden ans die " Vo8tiM>. und Merkzeichen" hingewiesen, die noch ans
frühern Zeiten her zeigten, wie "Unsere hochgeehrte Vorherrcn christlöblichen
Angedenkens . . . dergleichen ernstlich hintertrieben und abgewendet" haben.
Diese "VeKt.i->'in und Merkzeichen, darvon noch hin und wieder obhanden sein,"
waren Säcke, die an den Mauern und Thoren der Städte angehängt waren
und in die solche Geistliche gesteckt wurden, die "Unsere und dieser Lande
Hoheit, Freiheit und Gerechtigkeiten durch allerhand Griffe zuzusetzen und zu
Präjudiziren sich unterstanden." Er selbst, der Statthalter Markgraf Georg
Wilhelm, droht zwar nicht mehr gerade mit den Säcken, aber es wird doch
allen eingesessener Geistlichen, Beamten, Dienern, Unterthanen und Angehörigen
ernstlich befohlen, "daß sie hinfüro keines Fremden, er habe gleich Namen, wie
er wolle, Verordnungen, Satzungen, Jurisdiktion, Kognition, Visitation,
Geboten und Verboten sich unterwürfig macheu, Folge leisten oder gehorsamen"
sollen, "so lieb es ihnen ist, Unsere Ungnad und harte Bestrafung zu ver¬
meide", wie sie denn auch ans solchen erwiesenen Fall ipso taow ihrer
geistlichen Beuefizien und Prübeuden privirt sein sollen." Die vertragsmüßige
Treue, die Johann Sigismund und sein Vorgänger Joachim Friedrich den
Katholiken sowohl in den jülich-klevischen Erbländer als in dem Herzogtum
Preußen versprochen hatte, freie Religionsübung, ungestörten Besitz der Kapellen
und Bethüuser, freien Zutritt zu Ämtern und Ehrenstellen, hielt auch Georg
Wilhelm aufs gewissenhafteste, sodaß er sogar einen Katholiken, den Grafen
von Schwarzenberg, den er früher in Kleve hatte kennen lernen, später zum
ersten Minister seines Staates erhob, nicht eben zum Vorteil dieses Staates.
Er that es aber nach seinem Grundsatz, wie er 1632 an Ludwig XIII. schrieb:
"Es war niemals Unsere Absicht, irgend eine Religion, welche Christum be¬
kennt, von unsern Landen auszuschließen, viel weniger sie unbillig zu behandeln.


Die Rirchenxolitik des Großen Kurfürsten

eines geistlichen Instituts gewiesen war. Wiederum waren es Johann Sigis-
mund und Georg Wilhelm als Statthalter seines Vaters in den klevischen
Landen, die hier besonders dem Bischof von Köln gegenüber vielfach die Ge¬
legenheit hatten und benutzten, das staatliche Aufsichtsrecht, das seit den Tagen
der Reformation der weltlichen Gewalt grundsätzlich zuerkannt war, auch that¬
sächlich zu behaupten. Markgraf Georg Wilhelm verbat sich die Einmischung
des Erzbischofs von Köln in seineu jülich-klevischen Landen, weil es sich nicht
gebühre, „einig fremdes ungebräuchliches Gericht oder Judikatur Ew. Liebden
oder sonsten jemanden: darin (in den Erdtaube») zu gestatten oder von neuem
einführen zu lassen. Wie wir denn ihnen, Geistlichen nicht weniger als den
Weltlichen, zum Fürsten vorgesetzet und sie uns billig dafür halten und
kennen." Diejenigen Geistlichen, die etwa „eine in diesen Landen ganz unbe¬
kannte und ungebräuchliche christliche Jurisdiktion und Kognition" oder etwa
neue Eidesformen zu „merklicher Schmülerung und Verringerung unsrer landes-
fürstlichen Hoch-, Ober- und Gerechtigkeit" einführen oder einschleichen lassen
wollen, werden ans die „ Vo8tiM>. und Merkzeichen" hingewiesen, die noch ans
frühern Zeiten her zeigten, wie „Unsere hochgeehrte Vorherrcn christlöblichen
Angedenkens . . . dergleichen ernstlich hintertrieben und abgewendet" haben.
Diese „VeKt.i->'in und Merkzeichen, darvon noch hin und wieder obhanden sein,"
waren Säcke, die an den Mauern und Thoren der Städte angehängt waren
und in die solche Geistliche gesteckt wurden, die „Unsere und dieser Lande
Hoheit, Freiheit und Gerechtigkeiten durch allerhand Griffe zuzusetzen und zu
Präjudiziren sich unterstanden." Er selbst, der Statthalter Markgraf Georg
Wilhelm, droht zwar nicht mehr gerade mit den Säcken, aber es wird doch
allen eingesessener Geistlichen, Beamten, Dienern, Unterthanen und Angehörigen
ernstlich befohlen, „daß sie hinfüro keines Fremden, er habe gleich Namen, wie
er wolle, Verordnungen, Satzungen, Jurisdiktion, Kognition, Visitation,
Geboten und Verboten sich unterwürfig macheu, Folge leisten oder gehorsamen"
sollen, „so lieb es ihnen ist, Unsere Ungnad und harte Bestrafung zu ver¬
meide», wie sie denn auch ans solchen erwiesenen Fall ipso taow ihrer
geistlichen Beuefizien und Prübeuden privirt sein sollen." Die vertragsmüßige
Treue, die Johann Sigismund und sein Vorgänger Joachim Friedrich den
Katholiken sowohl in den jülich-klevischen Erbländer als in dem Herzogtum
Preußen versprochen hatte, freie Religionsübung, ungestörten Besitz der Kapellen
und Bethüuser, freien Zutritt zu Ämtern und Ehrenstellen, hielt auch Georg
Wilhelm aufs gewissenhafteste, sodaß er sogar einen Katholiken, den Grafen
von Schwarzenberg, den er früher in Kleve hatte kennen lernen, später zum
ersten Minister seines Staates erhob, nicht eben zum Vorteil dieses Staates.
Er that es aber nach seinem Grundsatz, wie er 1632 an Ludwig XIII. schrieb:
„Es war niemals Unsere Absicht, irgend eine Religion, welche Christum be¬
kennt, von unsern Landen auszuschließen, viel weniger sie unbillig zu behandeln.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/211>, abgerufen am 23.07.2024.