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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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die "Geldfürsten" dadurch in ihrem Geschäfte beeinträchtigt zu werden fürch¬
teten. Es ist ja nichts Neues, daß die Ausführung großer stantsmännischer
Gedanken durch kleinliche Hindernisse zum Scheitern gebracht wird, daß große
Staatsmänner Gegnern weichen müssen, die im Verborgenen wirken; aber
dieses neue Beispiel von dem Einfluß einer Macht, auf deren gefährliches
Anwachsen erst unlängst in diesen Blättern hingewiesen worden ist (^uri .^erg.
l'auch in Ur. 48), ist von solcher symptomatischen Bedeutung, daß es der all¬
gemeinen Beachtung empfohlen werden muß.

Cons war als der Sohn eines protestantische" Geistlichen aur 11. Februar
1842 zu Hesserode in Kurhessen geboren, erhielt seine wissenschaftliche Bildung
in Kassel und Lausanne, widmete sich acht Jahre lang kaufmännischer Thätig¬
keit in Konstantinopel und entfaltete dann von 1866 bis zu seiner Berufung
in den Staatsdienst "in Österreich in verschiednen Wirkungskreisen eine nach
allen Richtungen hin anregende und ersprießliche Thätigkeit." Es ist zu be¬
dauern, daß der Verfasser über diese Thätigkeit keine genauere Auskunft giebt,
auch nicht einmal andeutet, wodurch die Aufmerksamkeit der Regierung auf
ihn gelenkt worden ist. Vielleicht durch die -- bisher nicht veröffentlichten --
Denkschriften, in oeueu er "seine genialen, weitausschauenden Gedanken und
Vorschläge auf dem Gebiete praktischer Sozialpolitik, insbesondre über staats-
wirtschaftlichc Organisationen des Finanzwesens und über gemeiuwirtschaft-
lichc Organisation der Gesellschaft, zunächst des Kreditwesens mit Hilfe ge¬
nossenschaftlicher Verbände eingehend begründet und dargelegt hat." Genug,
im Jahre 1882 betraute ihn der damalige Handelsminister mit der Einrich-
tung der Postsparkasse, die, wie versichert wird, bis in das Kleinste sein
eigenstes Werk ist. Wir entsinnen uns, damals Äußerungen gelesen zu habe",
die dieser Kasse nur den einen Nutzen zuerkennen wollten, daß durch sie die
Ersparnisse des kleinen Mannes in Staatspapieren würden angelegt werden.
Dieser Nutzen wäre neben der Erleichterung des Spareus, wenn man so sagen
dgrf: der Verlockung zum Sparen, gewiß nicht gering anzuschlagen gewesen.
Dem Vermögenden ist es immer leicht gemacht, sein Geld sofort zinstragend
anzulegen, hier aber war die Gelegenheit geschaffen, täglich und in jedem Be¬
trage das vorhandene Geld in Sicherheit zu bringen, täglich das nötige flüssig
zu macheu, ohne Weitläufigkeiten und Förmlichkeiten; und wenn kleine
Summe", anstatt für Speknlativnswerte oder gar für Lotterielose hingegeben
zu werden, zur Anschaffung von Staatspapieren zusammengethan werden, so
kann der Staatsbürger damit wohl zufrieden sein.

Allein für Cons war dies nur ein erster Schritt. Er gab jedem Einleger
von mehr als hundert Gulden das Recht, sich des Checkverkehrs zu bedienen
womit abermals eine Vergüustiguiig, vo" der sonst nnr der Kapitalist Ge¬
brauch macheu konnte, weiten Kreisen zugänglich gemacht wurde. Die Ge¬
schäftswelt begriff sofort die hohe Bedeutung dieser Neuerung und machte


die „Geldfürsten" dadurch in ihrem Geschäfte beeinträchtigt zu werden fürch¬
teten. Es ist ja nichts Neues, daß die Ausführung großer stantsmännischer
Gedanken durch kleinliche Hindernisse zum Scheitern gebracht wird, daß große
Staatsmänner Gegnern weichen müssen, die im Verborgenen wirken; aber
dieses neue Beispiel von dem Einfluß einer Macht, auf deren gefährliches
Anwachsen erst unlängst in diesen Blättern hingewiesen worden ist (^uri .^erg.
l'auch in Ur. 48), ist von solcher symptomatischen Bedeutung, daß es der all¬
gemeinen Beachtung empfohlen werden muß.

Cons war als der Sohn eines protestantische» Geistlichen aur 11. Februar
1842 zu Hesserode in Kurhessen geboren, erhielt seine wissenschaftliche Bildung
in Kassel und Lausanne, widmete sich acht Jahre lang kaufmännischer Thätig¬
keit in Konstantinopel und entfaltete dann von 1866 bis zu seiner Berufung
in den Staatsdienst „in Österreich in verschiednen Wirkungskreisen eine nach
allen Richtungen hin anregende und ersprießliche Thätigkeit." Es ist zu be¬
dauern, daß der Verfasser über diese Thätigkeit keine genauere Auskunft giebt,
auch nicht einmal andeutet, wodurch die Aufmerksamkeit der Regierung auf
ihn gelenkt worden ist. Vielleicht durch die — bisher nicht veröffentlichten —
Denkschriften, in oeueu er „seine genialen, weitausschauenden Gedanken und
Vorschläge auf dem Gebiete praktischer Sozialpolitik, insbesondre über staats-
wirtschaftlichc Organisationen des Finanzwesens und über gemeiuwirtschaft-
lichc Organisation der Gesellschaft, zunächst des Kreditwesens mit Hilfe ge¬
nossenschaftlicher Verbände eingehend begründet und dargelegt hat." Genug,
im Jahre 1882 betraute ihn der damalige Handelsminister mit der Einrich-
tung der Postsparkasse, die, wie versichert wird, bis in das Kleinste sein
eigenstes Werk ist. Wir entsinnen uns, damals Äußerungen gelesen zu habe»,
die dieser Kasse nur den einen Nutzen zuerkennen wollten, daß durch sie die
Ersparnisse des kleinen Mannes in Staatspapieren würden angelegt werden.
Dieser Nutzen wäre neben der Erleichterung des Spareus, wenn man so sagen
dgrf: der Verlockung zum Sparen, gewiß nicht gering anzuschlagen gewesen.
Dem Vermögenden ist es immer leicht gemacht, sein Geld sofort zinstragend
anzulegen, hier aber war die Gelegenheit geschaffen, täglich und in jedem Be¬
trage das vorhandene Geld in Sicherheit zu bringen, täglich das nötige flüssig
zu macheu, ohne Weitläufigkeiten und Förmlichkeiten; und wenn kleine
Summe», anstatt für Speknlativnswerte oder gar für Lotterielose hingegeben
zu werden, zur Anschaffung von Staatspapieren zusammengethan werden, so
kann der Staatsbürger damit wohl zufrieden sein.

Allein für Cons war dies nur ein erster Schritt. Er gab jedem Einleger
von mehr als hundert Gulden das Recht, sich des Checkverkehrs zu bedienen
womit abermals eine Vergüustiguiig, vo» der sonst nnr der Kapitalist Ge¬
brauch macheu konnte, weiten Kreisen zugänglich gemacht wurde. Die Ge¬
schäftswelt begriff sofort die hohe Bedeutung dieser Neuerung und machte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/15>, abgerufen am 23.07.2024.