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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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?er Eiitivulf des prouszischeu Linkommcusteuct'gesetzes

erweiternng der Kommissarien will uns jetzt, da es sich um eine wesentliche
Erhöhung der Steuer, insbesondre um eine besonders scharfe Heranziehung
des Kapitals handelt, durchaus bedenklich erscheinen. Man wende nicht el",
daß, wer sich durch die Festsetzung des Veranlagnngskominissars für überbürdet
erachtet, die Berufung an die höhere Instanz einlegen könne. Damit wird
das Mißtrauen und die Beunruhigung nicht beseitigt. Einem einzelnen Be¬
amten, auch dem von uns in Vorschlag gebrachten Finanzbeamten, darf die
Festsetzung der Steuer nicht überlassen, sie darf nur der Veranlagung/?-
kvmmisiivn anvertraut werden. Nur dann würde das Mißtrauen schwinden,
daß der Veranlagungskvmnüssar einzelne Steuerpflichtige begünstige.

Die preußischen Landräte sind bereits mit Geschäften überhäuft, sie sind
durch die Veranlaguugsorgauisation dein Einflüsse und der Disziplin der
Vezirksregiernngen und des Finanzministers mehr als früher entrückt, jetzt nur
der des Regierungspräsidenten und des Münsters des Junern unterworfen,
und der Finanzminister würde sich die eigne Hand fesseln, wenn die Landräte
Veranlagungskvnunissarien blieben. Wir sind gespannt darauf, ob im Landtage
Einsicht und Patriotismus genug vorhanden sein wird, um die bezügliche, wohl
nur als Versuchsballou in deu Entwurf aufgenommene Bestimmung aus den,
Gesetze zu entfernen und in den Äther entschwinden zu lassen. Geschieht dieses
nicht, und werden nicht überall Finanzbeamte als Vernnlagungskommissarien
berufen, so wird das ganze Einschätznngswerk auf eine schiefe Ebene gestellt,
von der es, trotz Deklarativnspflicht und trotz der sonstigen scharfen Bestim¬
mn ngeu, wie bisher, in die Tiefe, das heißt zur Unrichtigkeit und Ungleich-
mäßigkeit herabrolle, ein Hergang, der zur allerheftigsten Unzufriedenheit reizen
wird, da einzelne Steuerpflichtige durch die Deklarationspflicht hart werden
betroffen werden.

Die öffentliche Moral würde bei der in dem EntWurfe vorgesehenen Organi¬
sation am wenigsten Vorteil haben, und überzeugt vou der Nichtigkeit unsers
Urteils, rufen wir: Viclvimt vo"8u1ö8, no Hilla rssxuMoa äötrimsnti vapiitt.

Wir haben in den vorstehenden Ausführungen über die Bildung der Ver-
aulaguugsorgane mehrfach neue Bestimmungen zu dein ausgesprochenen Zweck
in Vorschlag gebracht, daß die Einschätzung scharf, d. h. richtig erfolge, und
die Steuer erhöht werde, und Nur zweifeln nicht, daß, wenn unsre Vorschläge
angenommen würden, bei der neu zu erwartenden Einschätzung viele Millionen
Mark mehr, als bisher, an Steuer würden gewonnen werden, sodaß der ans
einzelnen Bestimmungen des Entwurfes zu erwartende Minderertrag unzweifel¬
haft ersetzt, auch der in der Begründung des Entwurfes auf 804 759 Mark
berechnete Mehrertrag der Steuer sicher um viele Millionen jährlich würde
überstiegen werden. Diesen Erfolg wollen wir aber keineswegs erzielen und
schlagen jetzt eine rückläufige Bewegung ein, die wir zum Gelingen des Werkes
ebenfalls für schlechterdings notwendig halten. Wir sind der Ansicht, daß die


?er Eiitivulf des prouszischeu Linkommcusteuct'gesetzes

erweiternng der Kommissarien will uns jetzt, da es sich um eine wesentliche
Erhöhung der Steuer, insbesondre um eine besonders scharfe Heranziehung
des Kapitals handelt, durchaus bedenklich erscheinen. Man wende nicht el»,
daß, wer sich durch die Festsetzung des Veranlagnngskominissars für überbürdet
erachtet, die Berufung an die höhere Instanz einlegen könne. Damit wird
das Mißtrauen und die Beunruhigung nicht beseitigt. Einem einzelnen Be¬
amten, auch dem von uns in Vorschlag gebrachten Finanzbeamten, darf die
Festsetzung der Steuer nicht überlassen, sie darf nur der Veranlagung/?-
kvmmisiivn anvertraut werden. Nur dann würde das Mißtrauen schwinden,
daß der Veranlagungskvmnüssar einzelne Steuerpflichtige begünstige.

Die preußischen Landräte sind bereits mit Geschäften überhäuft, sie sind
durch die Veranlaguugsorgauisation dein Einflüsse und der Disziplin der
Vezirksregiernngen und des Finanzministers mehr als früher entrückt, jetzt nur
der des Regierungspräsidenten und des Münsters des Junern unterworfen,
und der Finanzminister würde sich die eigne Hand fesseln, wenn die Landräte
Veranlagungskvnunissarien blieben. Wir sind gespannt darauf, ob im Landtage
Einsicht und Patriotismus genug vorhanden sein wird, um die bezügliche, wohl
nur als Versuchsballou in deu Entwurf aufgenommene Bestimmung aus den,
Gesetze zu entfernen und in den Äther entschwinden zu lassen. Geschieht dieses
nicht, und werden nicht überall Finanzbeamte als Vernnlagungskommissarien
berufen, so wird das ganze Einschätznngswerk auf eine schiefe Ebene gestellt,
von der es, trotz Deklarativnspflicht und trotz der sonstigen scharfen Bestim¬
mn ngeu, wie bisher, in die Tiefe, das heißt zur Unrichtigkeit und Ungleich-
mäßigkeit herabrolle, ein Hergang, der zur allerheftigsten Unzufriedenheit reizen
wird, da einzelne Steuerpflichtige durch die Deklarationspflicht hart werden
betroffen werden.

Die öffentliche Moral würde bei der in dem EntWurfe vorgesehenen Organi¬
sation am wenigsten Vorteil haben, und überzeugt vou der Nichtigkeit unsers
Urteils, rufen wir: Viclvimt vo»8u1ö8, no Hilla rssxuMoa äötrimsnti vapiitt.

Wir haben in den vorstehenden Ausführungen über die Bildung der Ver-
aulaguugsorgane mehrfach neue Bestimmungen zu dein ausgesprochenen Zweck
in Vorschlag gebracht, daß die Einschätzung scharf, d. h. richtig erfolge, und
die Steuer erhöht werde, und Nur zweifeln nicht, daß, wenn unsre Vorschläge
angenommen würden, bei der neu zu erwartenden Einschätzung viele Millionen
Mark mehr, als bisher, an Steuer würden gewonnen werden, sodaß der ans
einzelnen Bestimmungen des Entwurfes zu erwartende Minderertrag unzweifel¬
haft ersetzt, auch der in der Begründung des Entwurfes auf 804 759 Mark
berechnete Mehrertrag der Steuer sicher um viele Millionen jährlich würde
überstiegen werden. Diesen Erfolg wollen wir aber keineswegs erzielen und
schlagen jetzt eine rückläufige Bewegung ein, die wir zum Gelingen des Werkes
ebenfalls für schlechterdings notwendig halten. Wir sind der Ansicht, daß die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/458>, abgerufen am 25.08.2024.