Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.Die wahrhaftige Geschichte von den drei Wünschen bleiben; ich sehe innerlich, wie sie Groschen vor Groschen hinwirft, da dnldets Als er so gesprochen hatte, seufzte er tief auf, trank mit einem Zuge Flötenspiel, sagte sein Vis-a-vis, erzählt uns doch einmal den siebenjährigen Herr Flötenspiel seufzte auf und drückte sein Taschentuch krampfhaft in Beruhigt euch, sagte ein andrer, und alle zusammen: Erzählt uns den Mir ists gerade nicht so, entgegnete Herr Flötenspiel; weil ihrs aber Die Geschichte vom siebenjährigen Kriege. Es war schon ziemlich weit hin, erzählte mein Vater; ich und eure Mutter Wie gesagt, es war schon spät, als mein Vater und meine Mutter noch Die wahrhaftige Geschichte von den drei Wünschen bleiben; ich sehe innerlich, wie sie Groschen vor Groschen hinwirft, da dnldets Als er so gesprochen hatte, seufzte er tief auf, trank mit einem Zuge Flötenspiel, sagte sein Vis-a-vis, erzählt uns doch einmal den siebenjährigen Herr Flötenspiel seufzte auf und drückte sein Taschentuch krampfhaft in Beruhigt euch, sagte ein andrer, und alle zusammen: Erzählt uns den Mir ists gerade nicht so, entgegnete Herr Flötenspiel; weil ihrs aber Die Geschichte vom siebenjährigen Kriege. Es war schon ziemlich weit hin, erzählte mein Vater; ich und eure Mutter Wie gesagt, es war schon spät, als mein Vater und meine Mutter noch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208974"/> <fw type="header" place="top"> Die wahrhaftige Geschichte von den drei Wünschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1151" prev="#ID_1150"> bleiben; ich sehe innerlich, wie sie Groschen vor Groschen hinwirft, da dnldets<lb/> mich nicht mehr zuhause. Nun gehe ich in denselben Garten und setze mich, wenn<lb/> es möglich ist, an einen Tisch, dem ihrigen gegenüber. Da ists denn nun<lb/> meine ganze Unterhaltung, mich zu argern. Kein Kind, kein Dienstmädchen<lb/> kann das unglückliche Weib sehen, ohne daß es ihnen die Backen voll Kuchen<lb/> stopft, und wenn nun solch ein ausgehungertes Gesicht von Betteljungen so<lb/> recht ins Zeug hineinbeißt, kann sie sich vor Freude kaum lassen, und ich<lb/> geschlagner Manu sitze nun da und zähle Groschen um Groschen nach, und<lb/> mit jedem Groschen setzt mir der Wurm einen Zahn in den Magen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1152"> Als er so gesprochen hatte, seufzte er tief auf, trank mit einem Zuge<lb/> mein Glas vollends leer und sagte trocken: Das ist wohl das Ihre?</p><lb/> <p xml:id="ID_1153"> Flötenspiel, sagte sein Vis-a-vis, erzählt uns doch einmal den siebenjährigen<lb/> Krieg. Aber erst schaut einmal dort hinüber, wie dem kleinen Veilchenhändler<lb/> der Kuchen schmeckt, den eure Frau ihm bissenweise in den Mund schiebt und<lb/> sich tot lachen will, wenn der Kleine den Mund schon für den zweiten Bissen<lb/> begehrlich öffnet, eh der erste noch hinunter ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1154"> Herr Flötenspiel seufzte auf und drückte sein Taschentuch krampfhaft in<lb/> der Hand zusammen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1155"> Beruhigt euch, sagte ein andrer, und alle zusammen: Erzählt uns den<lb/> siebenjährigen Krieg!</p><lb/> <p xml:id="ID_1156"> Mir ists gerade nicht so, entgegnete Herr Flötenspiel; weil ihrs aber<lb/> haben wollt, so kanns geschehen. Mein Vater war ein eigensinniger Mann;<lb/> alles und jedes mußte an seinem Platze sein, und alles und jedes mußte zu<lb/> seiner Zeit geschehen — das ist wohl das Ihre? — Gott hab ihn selig,<lb/> denn er lebte damals noch und hat uns Kindern den siebenjährigen Krieg so<lb/> oft erzählt, daß wir ihn auswendig wissen. Der siebenjährige Krieg war<lb/> aber so:</p><lb/> <p xml:id="ID_1157"> Die Geschichte vom siebenjährigen Kriege.</p><lb/> <p xml:id="ID_1158"> Es war schon ziemlich weit hin, erzählte mein Vater; ich und eure Mutter<lb/> waren noch auf. Damals nämlich wurde nicht so viel geschlafen wie jetzt,<lb/> denn die Butter kostete einen Thaler und acht Groschen, und das Fleisch war<lb/> gnr nicht zu bezahlen. Lichte und Öl waren nicht wohlfeiler, drum saßen wir<lb/> im Dunkeln oder auch eigentlich nicht im Dunkeln, denn der volle Mond hing<lb/> in die Stube herein wie ein Kürbis. Mein Vater war ein eigensinniger<lb/> Mann; alles und jedes mußte an seinem Platze sein, und alles und jedes<lb/> mußte zu seiner Zeit geschehen. — Das ist wohl das Ihre?</p><lb/> <p xml:id="ID_1159" next="#ID_1160"> Wie gesagt, es war schon spät, als mein Vater und meine Mutter noch<lb/> aufsaßen. Sonst hatte er abends gewöhnlich in der Bibel gelesen, aber seine<lb/> Augen wurden mit jedem Tag älter, und alles war teuer. Da sprachen sie<lb/> nun von dem und dem und von diesem und jenem; jetzt fiel meinen:<lb/> Vater etwas ein, dann meiner Mutter. Manchmal sangen sie auch ein Kirchen-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0395]
Die wahrhaftige Geschichte von den drei Wünschen
bleiben; ich sehe innerlich, wie sie Groschen vor Groschen hinwirft, da dnldets
mich nicht mehr zuhause. Nun gehe ich in denselben Garten und setze mich, wenn
es möglich ist, an einen Tisch, dem ihrigen gegenüber. Da ists denn nun
meine ganze Unterhaltung, mich zu argern. Kein Kind, kein Dienstmädchen
kann das unglückliche Weib sehen, ohne daß es ihnen die Backen voll Kuchen
stopft, und wenn nun solch ein ausgehungertes Gesicht von Betteljungen so
recht ins Zeug hineinbeißt, kann sie sich vor Freude kaum lassen, und ich
geschlagner Manu sitze nun da und zähle Groschen um Groschen nach, und
mit jedem Groschen setzt mir der Wurm einen Zahn in den Magen.
Als er so gesprochen hatte, seufzte er tief auf, trank mit einem Zuge
mein Glas vollends leer und sagte trocken: Das ist wohl das Ihre?
Flötenspiel, sagte sein Vis-a-vis, erzählt uns doch einmal den siebenjährigen
Krieg. Aber erst schaut einmal dort hinüber, wie dem kleinen Veilchenhändler
der Kuchen schmeckt, den eure Frau ihm bissenweise in den Mund schiebt und
sich tot lachen will, wenn der Kleine den Mund schon für den zweiten Bissen
begehrlich öffnet, eh der erste noch hinunter ist.
Herr Flötenspiel seufzte auf und drückte sein Taschentuch krampfhaft in
der Hand zusammen.
Beruhigt euch, sagte ein andrer, und alle zusammen: Erzählt uns den
siebenjährigen Krieg!
Mir ists gerade nicht so, entgegnete Herr Flötenspiel; weil ihrs aber
haben wollt, so kanns geschehen. Mein Vater war ein eigensinniger Mann;
alles und jedes mußte an seinem Platze sein, und alles und jedes mußte zu
seiner Zeit geschehen — das ist wohl das Ihre? — Gott hab ihn selig,
denn er lebte damals noch und hat uns Kindern den siebenjährigen Krieg so
oft erzählt, daß wir ihn auswendig wissen. Der siebenjährige Krieg war
aber so:
Die Geschichte vom siebenjährigen Kriege.
Es war schon ziemlich weit hin, erzählte mein Vater; ich und eure Mutter
waren noch auf. Damals nämlich wurde nicht so viel geschlafen wie jetzt,
denn die Butter kostete einen Thaler und acht Groschen, und das Fleisch war
gnr nicht zu bezahlen. Lichte und Öl waren nicht wohlfeiler, drum saßen wir
im Dunkeln oder auch eigentlich nicht im Dunkeln, denn der volle Mond hing
in die Stube herein wie ein Kürbis. Mein Vater war ein eigensinniger
Mann; alles und jedes mußte an seinem Platze sein, und alles und jedes
mußte zu seiner Zeit geschehen. — Das ist wohl das Ihre?
Wie gesagt, es war schon spät, als mein Vater und meine Mutter noch
aufsaßen. Sonst hatte er abends gewöhnlich in der Bibel gelesen, aber seine
Augen wurden mit jedem Tag älter, und alles war teuer. Da sprachen sie
nun von dem und dem und von diesem und jenem; jetzt fiel meinen:
Vater etwas ein, dann meiner Mutter. Manchmal sangen sie auch ein Kirchen-
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