Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.Edler Gefährte unsrer Nettungsthat, entgegnete eine weibliche Stimme, Zugleich vernahm ich von der andern Seite ein Gespräch zwischen zwei Und dn hast dich zurückgezogen von ihr, die wir alle für deine beste Herzensghismondchen, entgegnete die andre, du kennst mein Zartgefühl. Nein, seufzte die andre tief auf, die Natur wollte eine Tigerin schaffen, Madame Müller streichelte die beiden mit der rechten Hand, in der sie eine Indem trat die Erwartete ein, die Herrin des Hauses, in dem ich mich Madame Flötenspiel war eine Brünette, halb Juno, halb Venus, Dame Edler Gefährte unsrer Nettungsthat, entgegnete eine weibliche Stimme, Zugleich vernahm ich von der andern Seite ein Gespräch zwischen zwei Und dn hast dich zurückgezogen von ihr, die wir alle für deine beste Herzensghismondchen, entgegnete die andre, du kennst mein Zartgefühl. Nein, seufzte die andre tief auf, die Natur wollte eine Tigerin schaffen, Madame Müller streichelte die beiden mit der rechten Hand, in der sie eine Indem trat die Erwartete ein, die Herrin des Hauses, in dem ich mich Madame Flötenspiel war eine Brünette, halb Juno, halb Venus, Dame <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208971"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1136"> Edler Gefährte unsrer Nettungsthat, entgegnete eine weibliche Stimme,<lb/> die etwas ausgesungen schien, edler Kauderer, Sie werden doch unsre liebens¬<lb/> würdige Madame Flötenspiel noch begrüßen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1137"> Zugleich vernahm ich von der andern Seite ein Gespräch zwischen zwei<lb/> jüngern Stimmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1138"> Und dn hast dich zurückgezogen von ihr, die wir alle für deine beste<lb/> Freundin hielten?</p><lb/> <p xml:id="ID_1139"> Herzensghismondchen, entgegnete die andre, du kennst mein Zartgefühl.<lb/> Kann ich mit diesem Herzen die Freundin einer Thrannin sein, der die höhere<lb/> Weiblichkeit ein Fremdling ist? Denke dir: Luischen und Belcolore hatten sich<lb/> beide Tücher gekauft. Ganz glücklich kommen sie zu ihr; jede zeigt ihr ihr<lb/> Tuch und will wissen, was sie dazu meint. Und sie — nein es ist schrecklich!<lb/> man kann es kaum erzählen! — sie sagt: Luischen, Ihr Tuch ist nicht garstig,<lb/> aber — nein, die arme Belcolore, dies durchsichtige Wesen — ich kann nicht<lb/> daran denken, ohne zu weinen — du mußt wissen, wie die arme an einem<lb/> Liebeskummer leidet; Eduard, das schwarzlockige Ungeheuer, stieß ihr den Dolch<lb/> der Untreue in die Brust — der Mensch trug so seine Wäsche, und dennoch<lb/> war er ein Teufel! Ja sieh: Beleolore, sagte sie — Herzensghismondchen —<lb/> Belcolore, sagt die unmenschliche, Ihr Tuch ist abscheulich — denke doch, wie<lb/> entsetzlich: Belcolore, sagt sie, Ihr Tuch ist abscheulich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1140"> Nein, seufzte die andre tief auf, die Natur wollte eine Tigerin schaffen,<lb/> kein zartes Weib, als sie sie geboren werden ließ. Ja, auf das bitterste mußte<lb/> dich das erzürnen, du sanftes Wesen, wie ich dich kenne.</p><lb/> <p xml:id="ID_1141"> Madame Müller streichelte die beiden mit der rechten Hand, in der sie eine<lb/> Prise hielt, und sagte zwischen Freude und Rührung: Daran erkenne ich meine<lb/> Pappenheimer. Sehen Sie, teuerster Magister Kauderer, mühsam ist mein<lb/> Streben, aber so lohnt es sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1142"> Indem trat die Erwartete ein, die Herrin des Hauses, in dem ich mich<lb/> befand. Magister Kauderer und Dame Müller traten ihr entgegen, und da<lb/> ich mit dein Gesichte gegen die Thüre lag, konnt ich, ohne den Kopf drehen<lb/> zu müssen, durch die halbgeschlossenen Lider alle drei bequem betrachten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1143" next="#ID_1144"> Madame Flötenspiel war eine Brünette, halb Juno, halb Venus, Dame<lb/> Müller ward neben ihr zum Saturnus. Aus den dunkeln Augen der Madame<lb/> Flötenspiel schaute ein rasches, entschlvßnes Wesen, dem eine gewisse süße Be¬<lb/> gehrlichkeit gar anmutig über die Schulter sah. Ihre Formen hatten die<lb/> Fülle, die Frauen über dreißig so stattlich läßt; ihre Stimme war weich und<lb/> wohlklingend. Dazu gewann dieser kräftigen und doch so anmutigen Erscheinung<lb/> ein gewisses gutmütig schalkhaftes Wesen jeden Beschauer. Dame Müller<lb/> schien neben dieser warmen, konkreten Natur ein abstrakter Begriff. Sie war<lb/> Blondine, und zwar von der langen, hagern, starkknochigen Art; dabei eine<lb/> Belesene und Denkerin und hatte sich mit aller Energie ihres Wesens auf die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0392]
Edler Gefährte unsrer Nettungsthat, entgegnete eine weibliche Stimme,
die etwas ausgesungen schien, edler Kauderer, Sie werden doch unsre liebens¬
würdige Madame Flötenspiel noch begrüßen?
Zugleich vernahm ich von der andern Seite ein Gespräch zwischen zwei
jüngern Stimmen.
Und dn hast dich zurückgezogen von ihr, die wir alle für deine beste
Freundin hielten?
Herzensghismondchen, entgegnete die andre, du kennst mein Zartgefühl.
Kann ich mit diesem Herzen die Freundin einer Thrannin sein, der die höhere
Weiblichkeit ein Fremdling ist? Denke dir: Luischen und Belcolore hatten sich
beide Tücher gekauft. Ganz glücklich kommen sie zu ihr; jede zeigt ihr ihr
Tuch und will wissen, was sie dazu meint. Und sie — nein es ist schrecklich!
man kann es kaum erzählen! — sie sagt: Luischen, Ihr Tuch ist nicht garstig,
aber — nein, die arme Belcolore, dies durchsichtige Wesen — ich kann nicht
daran denken, ohne zu weinen — du mußt wissen, wie die arme an einem
Liebeskummer leidet; Eduard, das schwarzlockige Ungeheuer, stieß ihr den Dolch
der Untreue in die Brust — der Mensch trug so seine Wäsche, und dennoch
war er ein Teufel! Ja sieh: Beleolore, sagte sie — Herzensghismondchen —
Belcolore, sagt die unmenschliche, Ihr Tuch ist abscheulich — denke doch, wie
entsetzlich: Belcolore, sagt sie, Ihr Tuch ist abscheulich.
Nein, seufzte die andre tief auf, die Natur wollte eine Tigerin schaffen,
kein zartes Weib, als sie sie geboren werden ließ. Ja, auf das bitterste mußte
dich das erzürnen, du sanftes Wesen, wie ich dich kenne.
Madame Müller streichelte die beiden mit der rechten Hand, in der sie eine
Prise hielt, und sagte zwischen Freude und Rührung: Daran erkenne ich meine
Pappenheimer. Sehen Sie, teuerster Magister Kauderer, mühsam ist mein
Streben, aber so lohnt es sich.
Indem trat die Erwartete ein, die Herrin des Hauses, in dem ich mich
befand. Magister Kauderer und Dame Müller traten ihr entgegen, und da
ich mit dein Gesichte gegen die Thüre lag, konnt ich, ohne den Kopf drehen
zu müssen, durch die halbgeschlossenen Lider alle drei bequem betrachten.
Madame Flötenspiel war eine Brünette, halb Juno, halb Venus, Dame
Müller ward neben ihr zum Saturnus. Aus den dunkeln Augen der Madame
Flötenspiel schaute ein rasches, entschlvßnes Wesen, dem eine gewisse süße Be¬
gehrlichkeit gar anmutig über die Schulter sah. Ihre Formen hatten die
Fülle, die Frauen über dreißig so stattlich läßt; ihre Stimme war weich und
wohlklingend. Dazu gewann dieser kräftigen und doch so anmutigen Erscheinung
ein gewisses gutmütig schalkhaftes Wesen jeden Beschauer. Dame Müller
schien neben dieser warmen, konkreten Natur ein abstrakter Begriff. Sie war
Blondine, und zwar von der langen, hagern, starkknochigen Art; dabei eine
Belesene und Denkerin und hatte sich mit aller Energie ihres Wesens auf die
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |