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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Die Mac Ainley-Bill

osteu verblieb. Die rasche Entwicklung der Wirtschaft brachte es "ut sich, das;
ihre Interesse" ganz in den Vordergrund traten, die politischen mehr zur Seite
blieben. So finden Nur heute Republikaner und Demokraten nicht als Poli¬
tiker, sondern als Wirtschaftspolitiker Mieder, die Republikaner als Schutzzöllner,
die Demokraten als Freihändler, mit einem ähnlichen Inhalt ihres Programms,
wie sie es in, Jahre 182" hatten, nur daß der geographische Scheidebegriff
des Südens und Nordens hente nicht mehr Antrifft, Darum ist es nicht
genau, Menu Professor Schönbach sagt, daß die republikanischen Berufspolitiker
die Grvßindnstriellen dnrch Versprechungen eines Schntzzvlltarifs erkauft hätten.
Es sind vielmehr diese Großindustriellen deS Nordvstens ganz ebenso wie die
"republikanischen Berufspolitiker" selbst SchntzMner vom reinsten Wasser,
Daß sie Geld für die Wahl Harrisvns hergegeben haben, mar keine Bestechung
einer politische" Partei, die ohne ihr Geld nicht an Schutzzölle gedacht hätte,
sondern es war die U"terstützung ihrer eignen Parteiführer. Daraus folgt
aber, daß die Mac Kinley-Bill nicht lediglich dem politischen Schachzuge einer
"republikanischen" Partei, also rein äußerlichen Beweggründen ihr Dasein ver¬
dankt, daß sie nicht lediglich eine Arrest der Korruption und Bestechung einer
Reihe von Berufspolitikern, ausgeführt im Interesse reicher "Monopolisten,"
ist, sondern daß sie sich darstellt als der Sieg der schutzzvlluerischeu
Bewegung über die freihändlerische, als der Sieg des industriellen Gro߬
kapitals über die zerstrent im Ackerbau und besonders im Bergbau ange¬
legte Kraft der Mehrheit der Bevölkerung. Das ist aber eine ganz andre
Grundlage, als sie Professor Schönbach hinstellt, offenbar eine weit festere.
Politische Interesse" sind einem raschem Wandel unterworfen, als wirtschaft¬
liche. Mit eine"> bloßen "Boon" oder Elan sind wohl die politischen, nicht
immer aber die wirtschaftlichen zu nehmen. Dar"," erscheint es durchaus
nicht als ausgemacht, daß die Bill mit dem Jahre 1L!>2 wieder fallen wird.
Bei den Präsidentenwahlen heißt es nicht immer: "Hie Demokrat, hie Republi-
kaner!" Ich erinnere daran, daß die Wahl Grover Clevelands, des ersten
Demokraten "ach viern"dzwanzigjähriger republikanischer Herrschaft, nie zu
Staude gekommen wäre, wenn nicht die sogenannten "Unabhängigen Republi¬
kaner" unter Führung des Deutschen Karl Schurz mit allen Kräfte" für ihn
eingetreten wären.

Damit ist aber die Entscheidung der Frage, ob die Tarifbill, die der Ver¬
waltung für die Art der Handhabung einen außerordentlichen Spielraum ge¬
währt, innerhalb dessen Milde und Streuge gegen das gegeißelte Ausland
Platz greifen kann, von Dauer und von nachhaltiger Wirkung sein wird, von
dein politischen auf das volkswirtschaftliche Gebiet verlegt. Um ihr näher zu
kommen, wird es deshalb nötig sein, auf die Grundlagen der amerikanischen
Wirtschaftspolitik einzugehen. Vorher sei noch erwähnt, einmal, daß die Eisen¬
bahnkönige angesichts der Bill ebenfalls nicht unthätig gewesen sind und sich


Die Mac Ainley-Bill

osteu verblieb. Die rasche Entwicklung der Wirtschaft brachte es »ut sich, das;
ihre Interesse» ganz in den Vordergrund traten, die politischen mehr zur Seite
blieben. So finden Nur heute Republikaner und Demokraten nicht als Poli¬
tiker, sondern als Wirtschaftspolitiker Mieder, die Republikaner als Schutzzöllner,
die Demokraten als Freihändler, mit einem ähnlichen Inhalt ihres Programms,
wie sie es in, Jahre 182« hatten, nur daß der geographische Scheidebegriff
des Südens und Nordens hente nicht mehr Antrifft, Darum ist es nicht
genau, Menu Professor Schönbach sagt, daß die republikanischen Berufspolitiker
die Grvßindnstriellen dnrch Versprechungen eines Schntzzvlltarifs erkauft hätten.
Es sind vielmehr diese Großindustriellen deS Nordvstens ganz ebenso wie die
„republikanischen Berufspolitiker" selbst SchntzMner vom reinsten Wasser,
Daß sie Geld für die Wahl Harrisvns hergegeben haben, mar keine Bestechung
einer politische» Partei, die ohne ihr Geld nicht an Schutzzölle gedacht hätte,
sondern es war die U»terstützung ihrer eignen Parteiführer. Daraus folgt
aber, daß die Mac Kinley-Bill nicht lediglich dem politischen Schachzuge einer
„republikanischen" Partei, also rein äußerlichen Beweggründen ihr Dasein ver¬
dankt, daß sie nicht lediglich eine Arrest der Korruption und Bestechung einer
Reihe von Berufspolitikern, ausgeführt im Interesse reicher „Monopolisten,"
ist, sondern daß sie sich darstellt als der Sieg der schutzzvlluerischeu
Bewegung über die freihändlerische, als der Sieg des industriellen Gro߬
kapitals über die zerstrent im Ackerbau und besonders im Bergbau ange¬
legte Kraft der Mehrheit der Bevölkerung. Das ist aber eine ganz andre
Grundlage, als sie Professor Schönbach hinstellt, offenbar eine weit festere.
Politische Interesse» sind einem raschem Wandel unterworfen, als wirtschaft¬
liche. Mit eine»> bloßen „Boon" oder Elan sind wohl die politischen, nicht
immer aber die wirtschaftlichen zu nehmen. Dar»,» erscheint es durchaus
nicht als ausgemacht, daß die Bill mit dem Jahre 1L!>2 wieder fallen wird.
Bei den Präsidentenwahlen heißt es nicht immer: „Hie Demokrat, hie Republi-
kaner!" Ich erinnere daran, daß die Wahl Grover Clevelands, des ersten
Demokraten »ach viern»dzwanzigjähriger republikanischer Herrschaft, nie zu
Staude gekommen wäre, wenn nicht die sogenannten „Unabhängigen Republi¬
kaner" unter Führung des Deutschen Karl Schurz mit allen Kräfte» für ihn
eingetreten wären.

Damit ist aber die Entscheidung der Frage, ob die Tarifbill, die der Ver¬
waltung für die Art der Handhabung einen außerordentlichen Spielraum ge¬
währt, innerhalb dessen Milde und Streuge gegen das gegeißelte Ausland
Platz greifen kann, von Dauer und von nachhaltiger Wirkung sein wird, von
dein politischen auf das volkswirtschaftliche Gebiet verlegt. Um ihr näher zu
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Wirtschaftspolitik einzugehen. Vorher sei noch erwähnt, einmal, daß die Eisen¬
bahnkönige angesichts der Bill ebenfalls nicht unthätig gewesen sind und sich


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[0310] Die Mac Ainley-Bill osteu verblieb. Die rasche Entwicklung der Wirtschaft brachte es »ut sich, das; ihre Interesse» ganz in den Vordergrund traten, die politischen mehr zur Seite blieben. So finden Nur heute Republikaner und Demokraten nicht als Poli¬ tiker, sondern als Wirtschaftspolitiker Mieder, die Republikaner als Schutzzöllner, die Demokraten als Freihändler, mit einem ähnlichen Inhalt ihres Programms, wie sie es in, Jahre 182« hatten, nur daß der geographische Scheidebegriff des Südens und Nordens hente nicht mehr Antrifft, Darum ist es nicht genau, Menu Professor Schönbach sagt, daß die republikanischen Berufspolitiker die Grvßindnstriellen dnrch Versprechungen eines Schntzzvlltarifs erkauft hätten. Es sind vielmehr diese Großindustriellen deS Nordvstens ganz ebenso wie die „republikanischen Berufspolitiker" selbst SchntzMner vom reinsten Wasser, Daß sie Geld für die Wahl Harrisvns hergegeben haben, mar keine Bestechung einer politische» Partei, die ohne ihr Geld nicht an Schutzzölle gedacht hätte, sondern es war die U»terstützung ihrer eignen Parteiführer. Daraus folgt aber, daß die Mac Kinley-Bill nicht lediglich dem politischen Schachzuge einer „republikanischen" Partei, also rein äußerlichen Beweggründen ihr Dasein ver¬ dankt, daß sie nicht lediglich eine Arrest der Korruption und Bestechung einer Reihe von Berufspolitikern, ausgeführt im Interesse reicher „Monopolisten," ist, sondern daß sie sich darstellt als der Sieg der schutzzvlluerischeu Bewegung über die freihändlerische, als der Sieg des industriellen Gro߬ kapitals über die zerstrent im Ackerbau und besonders im Bergbau ange¬ legte Kraft der Mehrheit der Bevölkerung. Das ist aber eine ganz andre Grundlage, als sie Professor Schönbach hinstellt, offenbar eine weit festere. Politische Interesse» sind einem raschem Wandel unterworfen, als wirtschaft¬ liche. Mit eine»> bloßen „Boon" oder Elan sind wohl die politischen, nicht immer aber die wirtschaftlichen zu nehmen. Dar»,» erscheint es durchaus nicht als ausgemacht, daß die Bill mit dem Jahre 1L!>2 wieder fallen wird. Bei den Präsidentenwahlen heißt es nicht immer: „Hie Demokrat, hie Republi- kaner!" Ich erinnere daran, daß die Wahl Grover Clevelands, des ersten Demokraten »ach viern»dzwanzigjähriger republikanischer Herrschaft, nie zu Staude gekommen wäre, wenn nicht die sogenannten „Unabhängigen Republi¬ kaner" unter Führung des Deutschen Karl Schurz mit allen Kräfte» für ihn eingetreten wären. Damit ist aber die Entscheidung der Frage, ob die Tarifbill, die der Ver¬ waltung für die Art der Handhabung einen außerordentlichen Spielraum ge¬ währt, innerhalb dessen Milde und Streuge gegen das gegeißelte Ausland Platz greifen kann, von Dauer und von nachhaltiger Wirkung sein wird, von dein politischen auf das volkswirtschaftliche Gebiet verlegt. Um ihr näher zu kommen, wird es deshalb nötig sein, auf die Grundlagen der amerikanischen Wirtschaftspolitik einzugehen. Vorher sei noch erwähnt, einmal, daß die Eisen¬ bahnkönige angesichts der Bill ebenfalls nicht unthätig gewesen sind und sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/310>, abgerufen am 23.07.2024.