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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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blieb die Frage, ob nicht "ach Friedensschluß das Konkordat vxsui'c! vosillviinii
im abgetrennten Staatsbrnchstücke aufgehoben sei. Indem die Kurie die Fort¬
dauer der Geltung anerkannt hat, hat sie auch zugestanden, daß das Konkordat
staatsrechtlichen Inhalts ist, und daß daraus die Nechtskontinuität abzuleiten
ist. Man hat auch über die Frage nicht weiter gesprochen, ob das Bekenntnis
des deutschen Kaisers für den in Art. 17 des Konkordates vorhergesehenen
Fall genüge, um einen neuen Vertrag notwendig zu machen. Der deutsche
Kaiser ist nicht Landesherr des Reichslandes, sondern übt die Landeshoheit darin
namens des unpersönlichen und bekenutuislvsen Reiches aus, dessen Oberhaupt
er ist. Endlich ist, nachdem die Kurie durch die Circnmskriptionsbnllen vom
1l). und 14. Juli 1874 die Bistumsgrenzen geregelt und die Exemption vom
Erzbistum Besau?vn ausgesprochen hat, über die Zuteilung der exemten Bis¬
tümer zu eiuer Kirchenprvvinz und einem Metropvlitauverbaude vom Staate
mit der Kurie nicht weiter verhandelt wurden; ebensowenig hat sich der Staat
darum gekümmert, ob apostolische Delegationen gegründet, auf welche Weise
die zweitinstauzlicheu Verhältnisse geregelt worden sind, an welchen deutschen
Erzbischof Anschluß zur Teilnahme an den Provinzinlshnvden erfolgt ist u. s. w.
Das 1874 verbreitete Gerücht, als werde wegen des Anschlusses von Straß-
bnrg an Freiburg und von Metz an Köln mit Rom verhandelt, hat sich als¬
bald als unbegründet erwiesen. Jetzt verlautet, es werde über Erhebung von
Straßbnrg zum Erzbistum und über Errichtung eines Bistums in Colmar
verhandelt. In der Öffentlichkeit ist man nicht darüber unterrichtet, was an
der Sache wahr ist. Colmar war schon 1792 dnrch die oonstitution (Zivile,
ein olsrAv zum Bistum gemacht worden; damals gehörten zum Sprengel des
Bistums, das übrigens von Rom nie anerkannt worden ist, auch noch Belfort
und Pruntrut. Die Schöpfung war von kurzer Dauer. Wie wir die Zurück¬
haltung der Regierung bezüglich der Anregung der vorerwähnten Fragen nur
billigen können, so möchten wir auch nicht zu großen Wert auf die Errichtung
eines Erzbistnms für das Reichsland legen. Wenn mau unregelmäßige Zu¬
stände in Breslnu, im Ermland, Hildesheim, Osnabrück und Paderborn erträglich
fand und auch heute noch dabei bestehen kann, so dürfte eine besondere Be¬
deutung der Sache nur darin zu suchen sein, daß dadurch ein Beweis guten
Einvernehmens geliefert wurde; auch in Rom dürfte man keinen besondern
Wert ans die Sache legen.

Die gemeinschaftliche Bekämpfung der sozialen Gefahr wird ja eine An¬
näherung zwischen der Kurie und dem deutschen Reiche anbahnen, und jeder
vorurteilsfreie Patriot wird dies begrüßen; patriotisch ist aber anch der Wunsch,
daß, im Hinblick auf die unausbleiblichen Forderungen von Gegenleistungen, in
allen Dingen das von Napoleon dein Dritten empfohlene intelligente Phlegma
walten möge. Umsomehr aber ist dieser Wunsch gerade jetzt und hier be¬
rechtigt, als die 6L<zi"Z8in mille^n" unsrer Tage ihrerseits den unleugbaren


Grenzlwte" IV 1890 15

blieb die Frage, ob nicht »ach Friedensschluß das Konkordat vxsui'c! vosillviinii
im abgetrennten Staatsbrnchstücke aufgehoben sei. Indem die Kurie die Fort¬
dauer der Geltung anerkannt hat, hat sie auch zugestanden, daß das Konkordat
staatsrechtlichen Inhalts ist, und daß daraus die Nechtskontinuität abzuleiten
ist. Man hat auch über die Frage nicht weiter gesprochen, ob das Bekenntnis
des deutschen Kaisers für den in Art. 17 des Konkordates vorhergesehenen
Fall genüge, um einen neuen Vertrag notwendig zu machen. Der deutsche
Kaiser ist nicht Landesherr des Reichslandes, sondern übt die Landeshoheit darin
namens des unpersönlichen und bekenutuislvsen Reiches aus, dessen Oberhaupt
er ist. Endlich ist, nachdem die Kurie durch die Circnmskriptionsbnllen vom
1l). und 14. Juli 1874 die Bistumsgrenzen geregelt und die Exemption vom
Erzbistum Besau?vn ausgesprochen hat, über die Zuteilung der exemten Bis¬
tümer zu eiuer Kirchenprvvinz und einem Metropvlitauverbaude vom Staate
mit der Kurie nicht weiter verhandelt wurden; ebensowenig hat sich der Staat
darum gekümmert, ob apostolische Delegationen gegründet, auf welche Weise
die zweitinstauzlicheu Verhältnisse geregelt worden sind, an welchen deutschen
Erzbischof Anschluß zur Teilnahme an den Provinzinlshnvden erfolgt ist u. s. w.
Das 1874 verbreitete Gerücht, als werde wegen des Anschlusses von Straß-
bnrg an Freiburg und von Metz an Köln mit Rom verhandelt, hat sich als¬
bald als unbegründet erwiesen. Jetzt verlautet, es werde über Erhebung von
Straßbnrg zum Erzbistum und über Errichtung eines Bistums in Colmar
verhandelt. In der Öffentlichkeit ist man nicht darüber unterrichtet, was an
der Sache wahr ist. Colmar war schon 1792 dnrch die oonstitution (Zivile,
ein olsrAv zum Bistum gemacht worden; damals gehörten zum Sprengel des
Bistums, das übrigens von Rom nie anerkannt worden ist, auch noch Belfort
und Pruntrut. Die Schöpfung war von kurzer Dauer. Wie wir die Zurück¬
haltung der Regierung bezüglich der Anregung der vorerwähnten Fragen nur
billigen können, so möchten wir auch nicht zu großen Wert auf die Errichtung
eines Erzbistnms für das Reichsland legen. Wenn mau unregelmäßige Zu¬
stände in Breslnu, im Ermland, Hildesheim, Osnabrück und Paderborn erträglich
fand und auch heute noch dabei bestehen kann, so dürfte eine besondere Be¬
deutung der Sache nur darin zu suchen sein, daß dadurch ein Beweis guten
Einvernehmens geliefert wurde; auch in Rom dürfte man keinen besondern
Wert ans die Sache legen.

Die gemeinschaftliche Bekämpfung der sozialen Gefahr wird ja eine An¬
näherung zwischen der Kurie und dem deutschen Reiche anbahnen, und jeder
vorurteilsfreie Patriot wird dies begrüßen; patriotisch ist aber anch der Wunsch,
daß, im Hinblick auf die unausbleiblichen Forderungen von Gegenleistungen, in
allen Dingen das von Napoleon dein Dritten empfohlene intelligente Phlegma
walten möge. Umsomehr aber ist dieser Wunsch gerade jetzt und hier be¬
rechtigt, als die 6L<zi«Z8in mille^n» unsrer Tage ihrerseits den unleugbaren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/121>, abgerufen am 23.07.2024.