Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.
Aber das gute Kind hat die geheime Sprache nicht verstanden. So muß er
Den Sinn dieser Worte hat kein Erklärer Günthers bis jetzt durchschallt. "Ihr Wer war diese Anna Rosina Lange? Der Name Lange begegnet so häufig,
Laiige folgte dem Bürgermeister Schacher im Amte, einem tüchtigen Manne,
Aber das gute Kind hat die geheime Sprache nicht verstanden. So muß er
Den Sinn dieser Worte hat kein Erklärer Günthers bis jetzt durchschallt. „Ihr Wer war diese Anna Rosina Lange? Der Name Lange begegnet so häufig,
Laiige folgte dem Bürgermeister Schacher im Amte, einem tüchtigen Manne,
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Reizt mich nicht ein, große Titel,
Oder rühmt mir etwan Geld:
Schöne Redlichkeit im Kittel
Ist mein höchstes Gut der Welt, Neider fluchen, Spötter kränke»,
Alles hoff' ich auSzustehu,
Laß mir nur dein Angedenken
Auf den Hosfuuugsrosen gehn. Ruch dem Hauche deiner Lippen
Geht der Sehnsucht schneller Kahn:
Ist die Lieb' ein Meer von Klippe»,
Nimm nur mich zum Anker an!
Aber das gute Kind hat die geheime Sprache nicht verstanden. So muß er
ihr es denn noch ein wenig deutlicher sagen, und das thut er in dein vierte»
und letzten Gedicht:
Ich untersteh mich dir, galant- und treues Kind,
Eil» schlecht gesetztes Lied verwegen darzureichen.
Doch weil dein Schluß und Wort sein schönster Inhalt sind,
So wird ein holder Blick ans dessen Zeilen ölreichen.
Den Sinn dieser Worte hat kein Erklärer Günthers bis jetzt durchschallt. „Ihr
Wort" soll der schönste Inhalt desjenigen Gedichtes sein, das er vorher als drittes
a» sie geschickt hat. Die Herausgeber haben nicht bemerkt, daß jenes dritte Liebes¬
lied eines der akrostichischen Gedichte bei Günther ist, deren er eine ganze An¬
zahl geschrieben hat. Es konnte ihnen leicht entgehe», weil die ältern Allsgaben
es ohne jede Markirung gedruckt, es also offenbar anch nicht bemerkt haben.
Und was ergiebt der Anfangsreim? Den Namen: Anna Rohinei Laugi». Die
Rosette der Dichtung tritt also in das Gebiet der greifbaren Wirklichkeit.
Wer war diese Anna Rosina Lange? Der Name Lange begegnet so häufig,
daß eine Enthüllung fast undenkbar erschien. Zum Glück bot sich ein andres
längeres Gelegenheitsgedicht Günthers dar, das uns den erwünschten Aufschluß
gewährt, da es uns ihren Vater vorführt. Dieses Gedicht entstand: „Bei
Herrn I). Gottfried Laugeus Erwehlung zniil Bürgermeister in Leipzig."
Lange wurde am lei. März 1719 zum Bürgernleister gewählt; Günther bezieht
sich auf den Monat, wen» er sagt:
Und da sonst Naß und Wind den Mertz verdrießlich machen,
So läßt ihr warmer Schein Luft, Feld und Vögel lache».
Laiige folgte dem Bürgermeister Schacher im Amte, einem tüchtigen Manne,
auf den Günther ebenfalls drei längere Gedichte geschrieben hat; es entsprach
der Wahrheit, wenn Günther in dem Gedicht auf Lange sagte:
Jetzt hat ihm Wahl und Rang die Stelle zugedacht,
Die Schachers frühe Flucht mit Ehren leer gemacht,
Und also wird sein Bild auf Leipzigs Hvheits-Bühnen
In jener langen Reih berühmter Bilder grünen.
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