Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Die Gütergemeinschaft in der erhielt Lhristcngemeiiide und ans apostolische Autorität zurückgeführt ivvrden sei" (Pfleiderer, S. 584). Aber woher nun auf einmal bei den Gesetzeseifereru diese Vereitwilligkeit So zeigte sich auch hier, daß die Not die größte Lehrmeisterin der Mensch¬ Das war das Ende der Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde. Die Gütergemeinschaft in der erhielt Lhristcngemeiiide und ans apostolische Autorität zurückgeführt ivvrden sei" (Pfleiderer, S. 584). Aber woher nun auf einmal bei den Gesetzeseifereru diese Vereitwilligkeit So zeigte sich auch hier, daß die Not die größte Lehrmeisterin der Mensch¬ Das war das Ende der Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0612" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208549"/> <fw type="header" place="top"> Die Gütergemeinschaft in der erhielt Lhristcngemeiiide</fw><lb/> <p xml:id="ID_1877" prev="#ID_1876"> und ans apostolische Autorität zurückgeführt ivvrden sei" (Pfleiderer, S. 584).<lb/> Jedenfalls widerspricht dem Bericht von irgend welcher Verpflichtung auf das<lb/> Gesetz die eigue Angabe des Apostels (Gai. 2, 6): „Mir haben sie (die Häupter)<lb/> nichts aufgelegt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1878"> Aber woher nun auf einmal bei den Gesetzeseifereru diese Vereitwilligkeit<lb/> des bedingungslosen Handschlags? Darüber giebt der Apostel uus (Gai. 2, 10)<lb/> eine ganz sichere Aufklärung in den Worten: „Nur der Armen sollten wir<lb/> gedenken!" Diese Armen sind die Judenchristen zu Jerusalem insgesamt. Das<lb/> Prädikat, das ihnen hier und anderwärts erteilt wird, ni7wxol, bezeichnet den<lb/> äußersten Grad der Armut, die Vettelarmut. Das war also jetzt der wirt¬<lb/> schaftliche Zustnud der Gemeinde. Lange hatte die kommunistische Herrlichkeit,<lb/> „wo auch nicht eiuer uuter ihnen Mangel hatte," nicht gedauert. Hausrath<lb/> stellt die Sache ganz richtig dar, wenn er S. 248 sagt: „Die Not der Brüder<lb/> in Jerusalem war nachgerade so groß geworden, daß die Urgemeinde ohne<lb/> Unterstützung der Auswärtigen sich kaum mehr lauge hätte halten können.<lb/> Wenigstens berichtet der Apostel, das einzige, was die Häupter der Urgemeinde<lb/> sich aufbehalten hätten, sei das gewesen, daß die heidnischen Gemeinden der<lb/> Armut der Jerilsalemiten zu Hilfe kommen sollten, und Paulus ergriff mit<lb/> Eifer diesen Vorschlag, der seinem Prinzip nichts vergab und seinem Thätigkeits¬<lb/> trieb neue Aufgaben setzte. Das gutgemeinte Experiment der Gütergemein¬<lb/> schaft, Mißwuchs und Teuerung hatten die galiläische Kolonie in der heiligen<lb/> Stadt in die tiefste Armut gestürzt. Eine Rückwirkung dieser drangsulsvvllen<lb/> Lage auf die vorliegende Frage war dann das Abkommen, daß die Brüder<lb/> aus deu Heiden diesem Elend steuern sollten."</p><lb/> <p xml:id="ID_1879"> So zeigte sich auch hier, daß die Not die größte Lehrmeisterin der Mensch¬<lb/> heit ist. Was die innere Übereinstimmung nie erzielt Hütte, die Anerkennung<lb/> eines gesetzesfreien Christentums, das erst die Kraft zur Weltreligion in sich<lb/> barg, das erzielte der Zwang der Lage. Denn dem Apostel war der Vor¬<lb/> schlag ganz recht. Er setzte an die Stelle der Einheit des Glaubens, die<lb/> schon damals, in diesen Anfangszeiten des Christentums, nicht zu erreichen<lb/> war, wie sie heute nicht zu erreichen ist, die Einheit der Liebe. Darum fügte<lb/> Paulus zu den Worten: „Nur sollten wir der Armen gedenken" hinzu: „Und<lb/> eben dies habe ich mich beeifert, durch die That zu erfüllen" (Gai. 2, 10).<lb/> Von um an sehen wir den Apostel überall in den heidnischen Gemeinden mit<lb/> dem wärmsten Herzenseifer Liebessteucrn für die „Heiligen in Jerusalem"<lb/> sammeln. Auch steuerten die „Brüder aus den Heiden" dem Elend, so viel<lb/> sie konnten, wie 1. Kor. 16, 1 sf. und 2. Kor. 8 und v zeigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1880"> Das war das Ende der Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0612]
Die Gütergemeinschaft in der erhielt Lhristcngemeiiide
und ans apostolische Autorität zurückgeführt ivvrden sei" (Pfleiderer, S. 584).
Jedenfalls widerspricht dem Bericht von irgend welcher Verpflichtung auf das
Gesetz die eigue Angabe des Apostels (Gai. 2, 6): „Mir haben sie (die Häupter)
nichts aufgelegt."
Aber woher nun auf einmal bei den Gesetzeseifereru diese Vereitwilligkeit
des bedingungslosen Handschlags? Darüber giebt der Apostel uus (Gai. 2, 10)
eine ganz sichere Aufklärung in den Worten: „Nur der Armen sollten wir
gedenken!" Diese Armen sind die Judenchristen zu Jerusalem insgesamt. Das
Prädikat, das ihnen hier und anderwärts erteilt wird, ni7wxol, bezeichnet den
äußersten Grad der Armut, die Vettelarmut. Das war also jetzt der wirt¬
schaftliche Zustnud der Gemeinde. Lange hatte die kommunistische Herrlichkeit,
„wo auch nicht eiuer uuter ihnen Mangel hatte," nicht gedauert. Hausrath
stellt die Sache ganz richtig dar, wenn er S. 248 sagt: „Die Not der Brüder
in Jerusalem war nachgerade so groß geworden, daß die Urgemeinde ohne
Unterstützung der Auswärtigen sich kaum mehr lauge hätte halten können.
Wenigstens berichtet der Apostel, das einzige, was die Häupter der Urgemeinde
sich aufbehalten hätten, sei das gewesen, daß die heidnischen Gemeinden der
Armut der Jerilsalemiten zu Hilfe kommen sollten, und Paulus ergriff mit
Eifer diesen Vorschlag, der seinem Prinzip nichts vergab und seinem Thätigkeits¬
trieb neue Aufgaben setzte. Das gutgemeinte Experiment der Gütergemein¬
schaft, Mißwuchs und Teuerung hatten die galiläische Kolonie in der heiligen
Stadt in die tiefste Armut gestürzt. Eine Rückwirkung dieser drangsulsvvllen
Lage auf die vorliegende Frage war dann das Abkommen, daß die Brüder
aus deu Heiden diesem Elend steuern sollten."
So zeigte sich auch hier, daß die Not die größte Lehrmeisterin der Mensch¬
heit ist. Was die innere Übereinstimmung nie erzielt Hütte, die Anerkennung
eines gesetzesfreien Christentums, das erst die Kraft zur Weltreligion in sich
barg, das erzielte der Zwang der Lage. Denn dem Apostel war der Vor¬
schlag ganz recht. Er setzte an die Stelle der Einheit des Glaubens, die
schon damals, in diesen Anfangszeiten des Christentums, nicht zu erreichen
war, wie sie heute nicht zu erreichen ist, die Einheit der Liebe. Darum fügte
Paulus zu den Worten: „Nur sollten wir der Armen gedenken" hinzu: „Und
eben dies habe ich mich beeifert, durch die That zu erfüllen" (Gai. 2, 10).
Von um an sehen wir den Apostel überall in den heidnischen Gemeinden mit
dem wärmsten Herzenseifer Liebessteucrn für die „Heiligen in Jerusalem"
sammeln. Auch steuerten die „Brüder aus den Heiden" dem Elend, so viel
sie konnten, wie 1. Kor. 16, 1 sf. und 2. Kor. 8 und v zeigt.
Das war das Ende der Gütergemeinschaft in der ersten Christengemeinde.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |