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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Der Rolonialrat und die Zukunft Vstafrikas

Noch ein weiterer, äußerst wichtiger Punkt bedarf der Erörterung. Er
betrifft zum Teil ebenfalls die finanzielle Entwicklung des Landes und wird
eingehende Beratungen im Kolonialrate erfordern. Es ist hervorgehoben
worden, daß die Anzahl der europäischen Ansiedler den Entwicklungsgrad der
Kolonie bestimmt. Nicht ein oder zwei oder auch mehr große Handels- oder
Plantagenunternehmen fördern den Wohlstand der Kolonie, sondern der rege,
durch eine große Anzahl erwerbsuchender Europäer entstehende Verkehr. Es
ist durchaus nötig, diese ins Land zu ziehen. Da sie als Kleinhändler die
Konkurrenz der Araber und Inder kaum würden überwinden können, so sind
sie in erster Linie auf die Bodenkultur angewiesen, und es müssen Anstalten
getroffen werden, ihnen diese und den Erwerb von Grundbesitz so leicht als
möglich zu machen. Sind nur erst einige durch die Steigerung des Wertes
ihres Grundbesitzes zu einer müßigen pekuniären Unabhängigkeit gekommen,
so werden andre folgen, und je mehr Ansiedler im Lande sind, desto rascher
wird es sich entwickeln.

Im Nachstehenden soll die Art und Weise dargelegt werden, die ich für
geeignet halte, eine rasche Bevölkerung unsrer Kolonien durch ansiedlungs-
lustige Europäer herbeizuführen. Im voraus sei dazu noch bemerkt, daß ich
durchaus nicht beabsichtige, mit neuen Gedanken hervorzutreten, fondern es
vorziehe, mich auf den Boden erprobter und für gut befundener Thatsachen zu
stellen. Auch ist mir Wohl bekannt, daß stellenweise in unsern eignen über¬
seeischen Besitzungen, wenn auch nicht mit denselben, so doch mit ähnlichen
Einrichtungen wie den nachstehend geschilderten begonnen worden ist. Doch
waren das eben bisher nur Teile des Programms; in seinem ganzen Umfange
ist es in unsern Kolonien noch nicht zur Regel erhoben worden. Die An¬
wendung der Methode in ihrer Abrundung ist mir nur einmal bekannt ge¬
worden und zeigte sich da sehr erfolgreich in ihrem Wirken. Es war, als man
im Jahre 1873 das dem südafrikanischen Häuptling Langalibalele abgenommene
Land rasch mit Europäer" bevölkern und durch sie ein Gegengewicht gegen
unzufriedene Eingeborne herstellen wollte.

Das Verfahren besteht im Grunde darin, die Kultivirung des Bodens
als Bedingung für dessen Vesitzerwerb auszustellen und Grundbesitz nur an
solche Leute abzugeben, die mit dem Willen zugleich die Mittel besitzen, ihn
unter Kultur zu bringen. Während man so ans der einen Seite Ansiedler
heranzieht, verhindert man auf der andern, daß durch mittellose Einwanderer
ungesunde Landspekulationen eingeführt werden. Ferner knüpfen sich Be¬
dingungen an den fo erworbenen Grundbesitz, die nur der Ansiedler gern er¬
füllen wird, der ein wirkliches Interesse am Lande hat. Jeder Europäer, der
mit einem geringen, aber auf gewisse Höhe festgesetzten Kapital, also etwa
300 bis 500 Pfund, die Kolonie aufsucht, um sich dort niederzulassen, hat
von vornherein Unrecht auf ein Stück Land von bestimmter Größe, sagen wir


Der Rolonialrat und die Zukunft Vstafrikas

Noch ein weiterer, äußerst wichtiger Punkt bedarf der Erörterung. Er
betrifft zum Teil ebenfalls die finanzielle Entwicklung des Landes und wird
eingehende Beratungen im Kolonialrate erfordern. Es ist hervorgehoben
worden, daß die Anzahl der europäischen Ansiedler den Entwicklungsgrad der
Kolonie bestimmt. Nicht ein oder zwei oder auch mehr große Handels- oder
Plantagenunternehmen fördern den Wohlstand der Kolonie, sondern der rege,
durch eine große Anzahl erwerbsuchender Europäer entstehende Verkehr. Es
ist durchaus nötig, diese ins Land zu ziehen. Da sie als Kleinhändler die
Konkurrenz der Araber und Inder kaum würden überwinden können, so sind
sie in erster Linie auf die Bodenkultur angewiesen, und es müssen Anstalten
getroffen werden, ihnen diese und den Erwerb von Grundbesitz so leicht als
möglich zu machen. Sind nur erst einige durch die Steigerung des Wertes
ihres Grundbesitzes zu einer müßigen pekuniären Unabhängigkeit gekommen,
so werden andre folgen, und je mehr Ansiedler im Lande sind, desto rascher
wird es sich entwickeln.

Im Nachstehenden soll die Art und Weise dargelegt werden, die ich für
geeignet halte, eine rasche Bevölkerung unsrer Kolonien durch ansiedlungs-
lustige Europäer herbeizuführen. Im voraus sei dazu noch bemerkt, daß ich
durchaus nicht beabsichtige, mit neuen Gedanken hervorzutreten, fondern es
vorziehe, mich auf den Boden erprobter und für gut befundener Thatsachen zu
stellen. Auch ist mir Wohl bekannt, daß stellenweise in unsern eignen über¬
seeischen Besitzungen, wenn auch nicht mit denselben, so doch mit ähnlichen
Einrichtungen wie den nachstehend geschilderten begonnen worden ist. Doch
waren das eben bisher nur Teile des Programms; in seinem ganzen Umfange
ist es in unsern Kolonien noch nicht zur Regel erhoben worden. Die An¬
wendung der Methode in ihrer Abrundung ist mir nur einmal bekannt ge¬
worden und zeigte sich da sehr erfolgreich in ihrem Wirken. Es war, als man
im Jahre 1873 das dem südafrikanischen Häuptling Langalibalele abgenommene
Land rasch mit Europäer» bevölkern und durch sie ein Gegengewicht gegen
unzufriedene Eingeborne herstellen wollte.

Das Verfahren besteht im Grunde darin, die Kultivirung des Bodens
als Bedingung für dessen Vesitzerwerb auszustellen und Grundbesitz nur an
solche Leute abzugeben, die mit dem Willen zugleich die Mittel besitzen, ihn
unter Kultur zu bringen. Während man so ans der einen Seite Ansiedler
heranzieht, verhindert man auf der andern, daß durch mittellose Einwanderer
ungesunde Landspekulationen eingeführt werden. Ferner knüpfen sich Be¬
dingungen an den fo erworbenen Grundbesitz, die nur der Ansiedler gern er¬
füllen wird, der ein wirkliches Interesse am Lande hat. Jeder Europäer, der
mit einem geringen, aber auf gewisse Höhe festgesetzten Kapital, also etwa
300 bis 500 Pfund, die Kolonie aufsucht, um sich dort niederzulassen, hat
von vornherein Unrecht auf ein Stück Land von bestimmter Größe, sagen wir


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/540>, abgerufen am 29.06.2024.