Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Fünf Briefe Schopenhauers "Lari Rasch Mitgeteilt von as Jahr 1888 brachte den hundertjährigen Gedenktag der Geburt Die Briefe führen uns in den letzten Lebensabschnitt des Philosophen. Seit dem 8. Juli 1855 sehen wir Schopenhauer auch in Briefwechsel Fünf Briefe Schopenhauers «Lari Rasch Mitgeteilt von as Jahr 1888 brachte den hundertjährigen Gedenktag der Geburt Die Briefe führen uns in den letzten Lebensabschnitt des Philosophen. Seit dem 8. Juli 1855 sehen wir Schopenhauer auch in Briefwechsel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0506" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208443"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341851_207936/figures/grenzboten_341851_207936_208443_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Fünf Briefe Schopenhauers<lb/><note type="byline"> «Lari Rasch</note> Mitgeteilt von</head><lb/> <p xml:id="ID_1571"> as Jahr 1888 brachte den hundertjährigen Gedenktag der Geburt<lb/> Arthur Schopenhauers. Leider konnte ich damals die folgenden<lb/> fünf Briefe des berühmten Philosophen nnter meinen Papieren<lb/> nicht finden, sonst wären sie der größern Monographie eines<lb/> Göttinger Gelehrten über Arthur Schopenhauer einverleibt<lb/> worden. So mögen sie denn jetzt allein ihren Weg machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1572"> Die Briefe führen uns in den letzten Lebensabschnitt des Philosophen.<lb/> Längst hatte er sein Wanderleben aufgegeben und sich in der alten Kaiserstndt<lb/> Frankfurt niedergelassen. Es behagte ihm dort sehr, wiewohl die liebe Frank¬<lb/> furter und Sachsenhauser Jugend dein einsiedlerischen Sonderling manchen<lb/> neckischen Streich spielte. In seinen alten Tagen fand er endlich, was er, der<lb/> Ehrbedürftige, bisher schmerzlich vermißt hatte, Anerkennung und Ruhm.<lb/> Während sein 181!» erschienenes Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vor¬<lb/> stellung" von den zünftigen Philosophen so gründlich ignorirt wurde, daß es<lb/> Michelet in seiner Geschichte der Philosophie von Kant bis Hegel nicht einmal<lb/> nennt, wo er doch die Kleinsten unter den Kleinen, einen Schulze, Beck,<lb/> Bardili, Bouterweck, Caller, Klein u. a. in. mit mehreren Seiten bedenkt, war<lb/> das seit 1851 anders geworden. Seine „Parerga und Paralipomena" mit ihrer<lb/> packenden Sprache, ihren kecken Urteilen und halb wahnsinnigen Selbst-<lb/> beräucherungen eroberten ihm mit einemmale einen großen Teil der gebildeten<lb/> Lesewelt. Frauenstädts Briefe über die Schopenhauersche Philosophie (1854)<lb/> trugen mächtig dazu bei, seinen Namen und seine Philosophie noch populärer<lb/> zu macheu. Es bildete sich eine Schule begeisterter Jünger um ihn, und der<lb/> Meister ließ sich ihre übertriebenen Huldigungen gern gefallen. Alls den<lb/> unten mitzuteilenden Briefen hören wir von „Urapvsteln," „Urevangelisteu,"<lb/> ja sogar von einem „Jünger Johannes" „in der Schule."</p><lb/> <p xml:id="ID_1573" next="#ID_1574"> Seit dem 8. Juli 1855 sehen wir Schopenhauer auch in Briefwechsel<lb/> mit dem Pfarrer Carl Grimm in Kloppenheim bei Wiesbaden, meinem<lb/> verstorbenen Schwiegervater. Dieser, 179!) zu Dillenlmrg als Sohn des<lb/> dortigen Generalsuperintendenten und Konsistorialrath C. W. Grimm geboren,<lb/> war ein Mann von wunderbarem Fleiße und umfassender Bildung. Er hatte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0506]
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Fünf Briefe Schopenhauers
«Lari Rasch Mitgeteilt von
as Jahr 1888 brachte den hundertjährigen Gedenktag der Geburt
Arthur Schopenhauers. Leider konnte ich damals die folgenden
fünf Briefe des berühmten Philosophen nnter meinen Papieren
nicht finden, sonst wären sie der größern Monographie eines
Göttinger Gelehrten über Arthur Schopenhauer einverleibt
worden. So mögen sie denn jetzt allein ihren Weg machen.
Die Briefe führen uns in den letzten Lebensabschnitt des Philosophen.
Längst hatte er sein Wanderleben aufgegeben und sich in der alten Kaiserstndt
Frankfurt niedergelassen. Es behagte ihm dort sehr, wiewohl die liebe Frank¬
furter und Sachsenhauser Jugend dein einsiedlerischen Sonderling manchen
neckischen Streich spielte. In seinen alten Tagen fand er endlich, was er, der
Ehrbedürftige, bisher schmerzlich vermißt hatte, Anerkennung und Ruhm.
Während sein 181!» erschienenes Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vor¬
stellung" von den zünftigen Philosophen so gründlich ignorirt wurde, daß es
Michelet in seiner Geschichte der Philosophie von Kant bis Hegel nicht einmal
nennt, wo er doch die Kleinsten unter den Kleinen, einen Schulze, Beck,
Bardili, Bouterweck, Caller, Klein u. a. in. mit mehreren Seiten bedenkt, war
das seit 1851 anders geworden. Seine „Parerga und Paralipomena" mit ihrer
packenden Sprache, ihren kecken Urteilen und halb wahnsinnigen Selbst-
beräucherungen eroberten ihm mit einemmale einen großen Teil der gebildeten
Lesewelt. Frauenstädts Briefe über die Schopenhauersche Philosophie (1854)
trugen mächtig dazu bei, seinen Namen und seine Philosophie noch populärer
zu macheu. Es bildete sich eine Schule begeisterter Jünger um ihn, und der
Meister ließ sich ihre übertriebenen Huldigungen gern gefallen. Alls den
unten mitzuteilenden Briefen hören wir von „Urapvsteln," „Urevangelisteu,"
ja sogar von einem „Jünger Johannes" „in der Schule."
Seit dem 8. Juli 1855 sehen wir Schopenhauer auch in Briefwechsel
mit dem Pfarrer Carl Grimm in Kloppenheim bei Wiesbaden, meinem
verstorbenen Schwiegervater. Dieser, 179!) zu Dillenlmrg als Sohn des
dortigen Generalsuperintendenten und Konsistorialrath C. W. Grimm geboren,
war ein Mann von wunderbarem Fleiße und umfassender Bildung. Er hatte
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