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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Die Erklärung der allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich

fordern sie auf, mit aller Entschiedenheit dafür einzutreten. Die Erklärung
der natürlichen, bürgerlichen, politischen Rechte soll nach ihrem Wunsche die
nationale Freihcitsurkunde (olmrtö) und die Grundlage der Staatsverwal¬
tung bilden. Um in Paris jegliche Erinnerung an den seither herrschenden
Absolutismus zu beseitigen, fordert dort der dritte Stand in den (Zallisrs auch
die Beseitigung der Bastille und auf dem dadurch entstehenden freien Platze
die Errichtung einer Säule von edler Einfachheit mit der Inschrift: ^
I^ouis XVI, rMwurawur as 1" libörts pnbliang. In Zusammenhang mit
dieser Forderung steht jedenfalls der am 4. August 1789, jenem denkwürdigen
Tage des allgemeinen Verzichts des Adels und der Geistlichkeit, der Städte
und Provinzen ans ihre Sonderrechte, in der Nationalversammlung gefaßte
Beschluß, dem Könige den Titel Rsstanncksni- as 1a. liöörts trMyWö zu ver¬
leihen.

Die Nationalversammlung hält nach den infolge des Bnftillenstnrms auch
in der Provinz sich mehrenden Ausschreitungen, die allenthalben Mord und
Brandstiftung im Gefolge haben, eine sofortige Beratung der Verfassung zur
Herbeiführung geordneter Verhältnisse für unbedingt notwendig und schreckt
deshalb auch vor der Beratung der Menschenrechte nicht mehr zurück. In
längerer Rede betont der Erzbischof von Bordeaux am 27. Juli, daß die Idee,
der französischen Verfassung eine Erklärung der Menschenrechte beizufügen, von
Nordamerika gekommen sei und daß unter den vorhandenen Entwürfen solcher
Erklärungen die von Sivhös und Monnier den Vorzug verdienten. Der
letzte habe große Ähnlichkeit mit dem von Lafahette. Nachdem man weiter am
1. August endgiltig beschlossen hat, die aufzustellende Verfassung mit einer
Erklärung einzuleiten, beginnt am 17. August die Beratung über den Entwurf,
der von dem am 12. August zur Prüfung der vorhandenen zwanzig Erklä¬
rungen der Rechte erwählten aus fünf Mitgliedern bestehenden Ausschüsse vor¬
gelegt worden war. Der auf besondern Wunsch der Versammlung von
Mirabeau, einem Mitgliede des Fünferansschnsses redigirte Entwurf besteht
aus neunzehn Artikeln; er wird nach kurzer Debatte am 18. August dem
sechsten Ausschuß der Nationalversammlung, dem Verfassungsausschuß, zur
nochmaligen Prüfung überwiesen, und dieser entwirft wieder eine Erklärung
in vierundzwanzig Artikeln, die der Nationalversammlung zugleich mit den
Entwürfen von Lafahette und Siöhös vorgelegt wird. Diese wählt die Er¬
klärung des Verfassungsausschusses als Unterlage für die fernern Beratungen
(Lafahette konnte für die seinige nicht eintreten, da ihn sein Kommando an
Paris fesselte). Die Einleitung in die Erklärung der Menschenrechte, die mit
der des Siuhösschen und Mirabeauschen Entwurfs gleichlautend ist, wird mit
der von Monnier beantragten Anrufung des höchsten Wesens von der National¬
versammlung ain 20. August in folgender Fassung angenommen: "Nachdem die
als Nationalversammlung vereinigten (voilsllwvs) Vertreter des Volkes erwogen


Die Erklärung der allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich

fordern sie auf, mit aller Entschiedenheit dafür einzutreten. Die Erklärung
der natürlichen, bürgerlichen, politischen Rechte soll nach ihrem Wunsche die
nationale Freihcitsurkunde (olmrtö) und die Grundlage der Staatsverwal¬
tung bilden. Um in Paris jegliche Erinnerung an den seither herrschenden
Absolutismus zu beseitigen, fordert dort der dritte Stand in den (Zallisrs auch
die Beseitigung der Bastille und auf dem dadurch entstehenden freien Platze
die Errichtung einer Säule von edler Einfachheit mit der Inschrift: ^
I^ouis XVI, rMwurawur as 1» libörts pnbliang. In Zusammenhang mit
dieser Forderung steht jedenfalls der am 4. August 1789, jenem denkwürdigen
Tage des allgemeinen Verzichts des Adels und der Geistlichkeit, der Städte
und Provinzen ans ihre Sonderrechte, in der Nationalversammlung gefaßte
Beschluß, dem Könige den Titel Rsstanncksni- as 1a. liöörts trMyWö zu ver¬
leihen.

Die Nationalversammlung hält nach den infolge des Bnftillenstnrms auch
in der Provinz sich mehrenden Ausschreitungen, die allenthalben Mord und
Brandstiftung im Gefolge haben, eine sofortige Beratung der Verfassung zur
Herbeiführung geordneter Verhältnisse für unbedingt notwendig und schreckt
deshalb auch vor der Beratung der Menschenrechte nicht mehr zurück. In
längerer Rede betont der Erzbischof von Bordeaux am 27. Juli, daß die Idee,
der französischen Verfassung eine Erklärung der Menschenrechte beizufügen, von
Nordamerika gekommen sei und daß unter den vorhandenen Entwürfen solcher
Erklärungen die von Sivhös und Monnier den Vorzug verdienten. Der
letzte habe große Ähnlichkeit mit dem von Lafahette. Nachdem man weiter am
1. August endgiltig beschlossen hat, die aufzustellende Verfassung mit einer
Erklärung einzuleiten, beginnt am 17. August die Beratung über den Entwurf,
der von dem am 12. August zur Prüfung der vorhandenen zwanzig Erklä¬
rungen der Rechte erwählten aus fünf Mitgliedern bestehenden Ausschüsse vor¬
gelegt worden war. Der auf besondern Wunsch der Versammlung von
Mirabeau, einem Mitgliede des Fünferansschnsses redigirte Entwurf besteht
aus neunzehn Artikeln; er wird nach kurzer Debatte am 18. August dem
sechsten Ausschuß der Nationalversammlung, dem Verfassungsausschuß, zur
nochmaligen Prüfung überwiesen, und dieser entwirft wieder eine Erklärung
in vierundzwanzig Artikeln, die der Nationalversammlung zugleich mit den
Entwürfen von Lafahette und Siöhös vorgelegt wird. Diese wählt die Er¬
klärung des Verfassungsausschusses als Unterlage für die fernern Beratungen
(Lafahette konnte für die seinige nicht eintreten, da ihn sein Kommando an
Paris fesselte). Die Einleitung in die Erklärung der Menschenrechte, die mit
der des Siuhösschen und Mirabeauschen Entwurfs gleichlautend ist, wird mit
der von Monnier beantragten Anrufung des höchsten Wesens von der National¬
versammlung ain 20. August in folgender Fassung angenommen: „Nachdem die
als Nationalversammlung vereinigten (voilsllwvs) Vertreter des Volkes erwogen


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[0274] Die Erklärung der allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich fordern sie auf, mit aller Entschiedenheit dafür einzutreten. Die Erklärung der natürlichen, bürgerlichen, politischen Rechte soll nach ihrem Wunsche die nationale Freihcitsurkunde (olmrtö) und die Grundlage der Staatsverwal¬ tung bilden. Um in Paris jegliche Erinnerung an den seither herrschenden Absolutismus zu beseitigen, fordert dort der dritte Stand in den (Zallisrs auch die Beseitigung der Bastille und auf dem dadurch entstehenden freien Platze die Errichtung einer Säule von edler Einfachheit mit der Inschrift: ^ I^ouis XVI, rMwurawur as 1» libörts pnbliang. In Zusammenhang mit dieser Forderung steht jedenfalls der am 4. August 1789, jenem denkwürdigen Tage des allgemeinen Verzichts des Adels und der Geistlichkeit, der Städte und Provinzen ans ihre Sonderrechte, in der Nationalversammlung gefaßte Beschluß, dem Könige den Titel Rsstanncksni- as 1a. liöörts trMyWö zu ver¬ leihen. Die Nationalversammlung hält nach den infolge des Bnftillenstnrms auch in der Provinz sich mehrenden Ausschreitungen, die allenthalben Mord und Brandstiftung im Gefolge haben, eine sofortige Beratung der Verfassung zur Herbeiführung geordneter Verhältnisse für unbedingt notwendig und schreckt deshalb auch vor der Beratung der Menschenrechte nicht mehr zurück. In längerer Rede betont der Erzbischof von Bordeaux am 27. Juli, daß die Idee, der französischen Verfassung eine Erklärung der Menschenrechte beizufügen, von Nordamerika gekommen sei und daß unter den vorhandenen Entwürfen solcher Erklärungen die von Sivhös und Monnier den Vorzug verdienten. Der letzte habe große Ähnlichkeit mit dem von Lafahette. Nachdem man weiter am 1. August endgiltig beschlossen hat, die aufzustellende Verfassung mit einer Erklärung einzuleiten, beginnt am 17. August die Beratung über den Entwurf, der von dem am 12. August zur Prüfung der vorhandenen zwanzig Erklä¬ rungen der Rechte erwählten aus fünf Mitgliedern bestehenden Ausschüsse vor¬ gelegt worden war. Der auf besondern Wunsch der Versammlung von Mirabeau, einem Mitgliede des Fünferansschnsses redigirte Entwurf besteht aus neunzehn Artikeln; er wird nach kurzer Debatte am 18. August dem sechsten Ausschuß der Nationalversammlung, dem Verfassungsausschuß, zur nochmaligen Prüfung überwiesen, und dieser entwirft wieder eine Erklärung in vierundzwanzig Artikeln, die der Nationalversammlung zugleich mit den Entwürfen von Lafahette und Siöhös vorgelegt wird. Diese wählt die Er¬ klärung des Verfassungsausschusses als Unterlage für die fernern Beratungen (Lafahette konnte für die seinige nicht eintreten, da ihn sein Kommando an Paris fesselte). Die Einleitung in die Erklärung der Menschenrechte, die mit der des Siuhösschen und Mirabeauschen Entwurfs gleichlautend ist, wird mit der von Monnier beantragten Anrufung des höchsten Wesens von der National¬ versammlung ain 20. August in folgender Fassung angenommen: „Nachdem die als Nationalversammlung vereinigten (voilsllwvs) Vertreter des Volkes erwogen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/274>, abgerufen am 24.06.2024.