Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Die Leihbibliothek des Fürsten von Soubise gewesen; wenigstens hat der Buchhändler die Bücher in dieser Absicht ausge¬ Die Sieger hatten in der Weißenfelsischen Veute also wohl wirklich eine Die Leihbibliothek des Fürsten von Soubise gewesen; wenigstens hat der Buchhändler die Bücher in dieser Absicht ausge¬ Die Sieger hatten in der Weißenfelsischen Veute also wohl wirklich eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208107"/> <fw type="header" place="top"> Die Leihbibliothek des Fürsten von Soubise</fw><lb/> <p xml:id="ID_462" prev="#ID_461"> gewesen; wenigstens hat der Buchhändler die Bücher in dieser Absicht ausge¬<lb/> wählt und ihr Verzeichnis zur Prüfung vorgelegt. Der Herausgeber unsrer<lb/> Flugschrift vermutet daher, es möchten vielleicht mehrere französische Regimenter<lb/> dergleichen Bibliotheken mit sich geführt haben. Aber diese Vermutung geht<lb/> wohl zu weit. Aus den Worten des Buchhändlers ist doch mir zu schließen,<lb/> daß er selbst sich die Büchersammlung als Regimentsbibliothek gedacht und ihr<lb/> Verzeichnis in dieser Absicht den höhern Offizieren angeboten hat. Daß aber<lb/> mehrere Regimenter derartige Bibliotheken nun auch wirklich angekauft, und<lb/> weiter, daß mehrere Regimenter solche Bibliotheken mit ins Feld genommen<lb/> hätten, dafür fehlen die Beweise, und zwei Umstände sprechen dagegen. Zunächst<lb/> muß die in Weißenfels erbeutete Bibliothek unmittelbar vor Beginn des Feld¬<lb/> zugs zusammengestellt worden sein. Bei zahlreichen Büchern läßt sich das<lb/> Druckjahr leicht uachmeiseu: I^c- I'IMtrv alö N-iriviuix (S. 19 der Flugschrift)<lb/> ist in vier Bünden 1750 ausgegeben worden, I/Äpologis var l'abdo clokr-nie»<lb/> (S. 6) 1752 und I/a,rk ac l» Ausrr«z xi'Menu piir Kg.^ no Le. HomW (S. 15)<lb/> 1754; aufs Jahr 1755 gehe» die zwölfbändigen Osuvrss ä« L-niet-DvrvmomI,<lb/> (S. 17) zurück; I^N't alö (Ävllloric! xg,r Limnivr (S. 11), Rinn (S. 22) und<lb/> I^it ?riir<zssL(z alö (loiixÄFue; (S. 22) gehören dem Jahre 1756 an, und die<lb/> (^ommöilllUrss 8ur ig, ävkönLv äos vlaoes (l'^vnoas 1o ki^etieiön xar N. et«;<lb/> IZv-rusobro (S. 14), sowie die Ovuvrizs 8-rire-liöal in acht Bänden (S. 17)<lb/> siud sogar erst im Jahre 1757 gedruckt worden. Der Abmarsch des Heeres<lb/> aus Frankreich erfolgte nnn aber bereits im Februar ebeu des Jahres 1757.<lb/> Es ist gewiß nicht wahrscheinlich, daß binnen wenigen Wintermvmten mehrere<lb/> französische Regimenter Bibliotheken von fast 2000 Bänden erworben und aus<lb/> Paris nach dein Osten mit sich geführt hätten. Und noch entschiedner spricht<lb/> gegen diese Annahme, daß wir nnr von dieser einen, in Weißenfels erbeuteten<lb/> Bibliothek Kunde habe». Hätten wirklich mehrere Regimenter derartige Bücher-<lb/> schätze nach Deutschland gebracht, so würden wir nach der Niederlage von Roß-<lb/> bach sicherlich davon erfahren. Aber unter der reichen und seltsamen Beute<lb/> von Gotha und Roßbach werden zwar allerlei männliche und weibliche Toi-<lb/> letteugegenstäude und andre schöne Dinge aufgeführt, aber keine Bücher.</p><lb/> <p xml:id="ID_463" next="#ID_464"> Die Sieger hatten in der Weißenfelsischen Veute also wohl wirklich eine<lb/> Feldbibliothek des französischen Oberbefehlshabers, des Fürsten von Soubise,<lb/> vor sich. Mail darf sich ihre Entstehung vielleicht folgendermaßen denken.<lb/> Als der Krieg ausbrach — der Fürst von Soubise wurde am 1. Januar 1757<lb/> zum Oberbefehlshaber ernannt —, stellte ein findiger Buchhändler in Paris<lb/> diese Bibliothek zusammen und bot sie dem Fürsten an, zugleich mit einem<lb/> gedruckten Verzeichnis, in der ausgesprochnen Überzeugung, mit dieser Bücher¬<lb/> sammlung eine vortreffliche Regimentsbibliothek geschaffen zu bilden. Aber<lb/> selbst wenn bei den hohem Offizieren die Neigung dazu vorhanden gewesen<lb/> wäre, für ihre Regimenter solche Bibliotheken anzukaufen, folgten die Ereignisse</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Die Leihbibliothek des Fürsten von Soubise
gewesen; wenigstens hat der Buchhändler die Bücher in dieser Absicht ausge¬
wählt und ihr Verzeichnis zur Prüfung vorgelegt. Der Herausgeber unsrer
Flugschrift vermutet daher, es möchten vielleicht mehrere französische Regimenter
dergleichen Bibliotheken mit sich geführt haben. Aber diese Vermutung geht
wohl zu weit. Aus den Worten des Buchhändlers ist doch mir zu schließen,
daß er selbst sich die Büchersammlung als Regimentsbibliothek gedacht und ihr
Verzeichnis in dieser Absicht den höhern Offizieren angeboten hat. Daß aber
mehrere Regimenter derartige Bibliotheken nun auch wirklich angekauft, und
weiter, daß mehrere Regimenter solche Bibliotheken mit ins Feld genommen
hätten, dafür fehlen die Beweise, und zwei Umstände sprechen dagegen. Zunächst
muß die in Weißenfels erbeutete Bibliothek unmittelbar vor Beginn des Feld¬
zugs zusammengestellt worden sein. Bei zahlreichen Büchern läßt sich das
Druckjahr leicht uachmeiseu: I^c- I'IMtrv alö N-iriviuix (S. 19 der Flugschrift)
ist in vier Bünden 1750 ausgegeben worden, I/Äpologis var l'abdo clokr-nie»
(S. 6) 1752 und I/a,rk ac l» Ausrr«z xi'Menu piir Kg.^ no Le. HomW (S. 15)
1754; aufs Jahr 1755 gehe» die zwölfbändigen Osuvrss ä« L-niet-DvrvmomI,
(S. 17) zurück; I^N't alö (Ävllloric! xg,r Limnivr (S. 11), Rinn (S. 22) und
I^it ?riir<zssL(z alö (loiixÄFue; (S. 22) gehören dem Jahre 1756 an, und die
(^ommöilllUrss 8ur ig, ävkönLv äos vlaoes (l'^vnoas 1o ki^etieiön xar N. et«;
IZv-rusobro (S. 14), sowie die Ovuvrizs 8-rire-liöal in acht Bänden (S. 17)
siud sogar erst im Jahre 1757 gedruckt worden. Der Abmarsch des Heeres
aus Frankreich erfolgte nnn aber bereits im Februar ebeu des Jahres 1757.
Es ist gewiß nicht wahrscheinlich, daß binnen wenigen Wintermvmten mehrere
französische Regimenter Bibliotheken von fast 2000 Bänden erworben und aus
Paris nach dein Osten mit sich geführt hätten. Und noch entschiedner spricht
gegen diese Annahme, daß wir nnr von dieser einen, in Weißenfels erbeuteten
Bibliothek Kunde habe». Hätten wirklich mehrere Regimenter derartige Bücher-
schätze nach Deutschland gebracht, so würden wir nach der Niederlage von Roß-
bach sicherlich davon erfahren. Aber unter der reichen und seltsamen Beute
von Gotha und Roßbach werden zwar allerlei männliche und weibliche Toi-
letteugegenstäude und andre schöne Dinge aufgeführt, aber keine Bücher.
Die Sieger hatten in der Weißenfelsischen Veute also wohl wirklich eine
Feldbibliothek des französischen Oberbefehlshabers, des Fürsten von Soubise,
vor sich. Mail darf sich ihre Entstehung vielleicht folgendermaßen denken.
Als der Krieg ausbrach — der Fürst von Soubise wurde am 1. Januar 1757
zum Oberbefehlshaber ernannt —, stellte ein findiger Buchhändler in Paris
diese Bibliothek zusammen und bot sie dem Fürsten an, zugleich mit einem
gedruckten Verzeichnis, in der ausgesprochnen Überzeugung, mit dieser Bücher¬
sammlung eine vortreffliche Regimentsbibliothek geschaffen zu bilden. Aber
selbst wenn bei den hohem Offizieren die Neigung dazu vorhanden gewesen
wäre, für ihre Regimenter solche Bibliotheken anzukaufen, folgten die Ereignisse
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |