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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Die Kleinkinderschule

glaubte es so abgethan zu haben, und erschrak dann, wie beim Klänge eines Liedes
oder beim Anhören eines Musikstückes (ich liebe Musik sehr) meine Seele plötzlich
von heißem Weh überflutet wurde. Wie hatte mein Herz vor Lust und Fröhlich¬
keit gebebt in der Arbeit und im Verkehr mit guten, sittlich höhern Menschen in
meinem frühern Wirkungskreise! Es lastete etwas auf mir, das fühlte ich auch,
wenn man mich vertraulich wegen meiner Beziehungen zum Hahnschen Hause fragte.
Ich glaubte diesen teilnehmenden Worten und fühlte mich in meinem Gewissen
beruhigt, wenn man mir ein maßgebender Stelle versicherte, man habe es Wohl
befürchtet, daß sie der Kleinkinderlehrerin das Leben schwer machen würden. Ja,
sie machten es mir schwer, davou sollte ich bald eine neue Probe bekommen.

Seit jenen Besuchen in den Arbeiterhäusern ließ ich mir die äußere Ordnung in
der Schule immer mehr angelegen sein, und wenn es die nrbeitsüberbürdeten
Mütter nicht erreichen konnten, daß die Kiuder vorschriftsmäßig zur Schule kamen,
sorgte ich selbst dafür, daß es besser wurde. Ein großer Sorgenstein waren mir
die schmutzigen, sonnenverbrannten Füße, auf die schwerlich je ein Seifcnlappen
kam. "Wir plumpe" drüber!" antworteten mir die Kiuder, wenn ich sie schalt,
und "Seife hat Mutter nicht." Da war es ein Glück, daß eine ahnende Seele
beim Beginn der Schule eure Kiste Seife geschenkt hatte. Wie fleißig machte ich
Gebrauch davou! Allerdings wurde der Inhalt dadurch nicht mehr.

Noch sehe ich das entsetzte Gesicht der Frau Halm, wie sie dazu kam, als
eben ein dickes Büblein mit seinen nackten Beinchen fröhlich im saubern Zuber mit
warmem Wasser patschte; die fast geleerte Seifenkifle stand daneben. "Wohin soll
diese Wirtschaft führen!" kam es endlich bebend über die jetzt einmal nicht
lächelnden Lippen. "Nicht nnr, daß die Kosten der Station nun weit über den
Anschlag gehen, anch die Leute werden verdorben, statt erzogen. Diese Arbeit ist
kein Segen für unsre Bevölkerung. Hier muß man die Augen aufthun lernen und
nicht blind handeln. Freilich wenn man überall lieb Kind sein will!" Ich frage
nichts darnach, ob diese Sorte Leute mich lobt oder verachtet, erwiderte ich. "Und
dabei wird mit einer Selbständigkeit Verfahren, die wahrhaft frappirend ist," fiel
Herr Hahn ein, der eben eingetreten war und den Vortrag seiner Frau gehört
hatte. "Diese Schule ist durch meine Bemühung ins Leben gerufen, ich bin der
Vorsitzende und bestimme das Einzelne, ich kann nicht dulden, daß die Dinge so
fortgehen. Wie können Sie ohne mein Vorwissen liederlichen Menschen noch Unter¬
stützungen zuwenden; Unterstützungen auszuteilen ist Sache meiner Fran, die über
die Bedürftigkeit der einzelnen Familien genau orientirt ist." Davon habe ich mich
überzeugt, dachte ich bitter, zugleich aber brauste eine tiefe Empörung in meinem
Herzen auf "Sie haben, scheint mir, eine Besprechung im Schulzimmer, da ge¬
statten Sie wohl, daß ich hinausgehe," sagte ich kalt und verließ das Zimmer.

Seit jeuer Stunde griff ein förmlicher Widerwille gegen die Familie Hahn
in meinem Herzen Platz. Noch war nur nicht klar, wie sich das Verhältnis ferner
gestalten sollte, aber klar war mir, daß ich nnr im äußersten Notfalle das Hnhnsche
Haus noch betreten könne; klar war mir außerdem geworden, daß Hahns zur
Gründung der Schule nicht die Liebe zur Armut getrieben hatte, sondern die Eitelkeit.
Wenn doch Frau Hahn einmal mit mir hinausgekommen wäre, wohin die Mütter
auch die Säuglinge schleppen mußten! Da liegen die Kleinen tagüber in Sonnen¬
brand und Staub, und die Mütter arbeiten mit geteilten Herzen. Zuerst wenigstens.
Dann werdeu sie gleichgültig, und für ein paar Groschen Tagelohn geht ihnen das
Edelste des Mutterherzens: selbstlose, fürsorgliche Liebe verloren. So wachsen die
Kleinen auf, die treue, huderte Mutterhand meist entbehrend, und das Unkraut


Die Kleinkinderschule

glaubte es so abgethan zu haben, und erschrak dann, wie beim Klänge eines Liedes
oder beim Anhören eines Musikstückes (ich liebe Musik sehr) meine Seele plötzlich
von heißem Weh überflutet wurde. Wie hatte mein Herz vor Lust und Fröhlich¬
keit gebebt in der Arbeit und im Verkehr mit guten, sittlich höhern Menschen in
meinem frühern Wirkungskreise! Es lastete etwas auf mir, das fühlte ich auch,
wenn man mich vertraulich wegen meiner Beziehungen zum Hahnschen Hause fragte.
Ich glaubte diesen teilnehmenden Worten und fühlte mich in meinem Gewissen
beruhigt, wenn man mir ein maßgebender Stelle versicherte, man habe es Wohl
befürchtet, daß sie der Kleinkinderlehrerin das Leben schwer machen würden. Ja,
sie machten es mir schwer, davou sollte ich bald eine neue Probe bekommen.

Seit jenen Besuchen in den Arbeiterhäusern ließ ich mir die äußere Ordnung in
der Schule immer mehr angelegen sein, und wenn es die nrbeitsüberbürdeten
Mütter nicht erreichen konnten, daß die Kiuder vorschriftsmäßig zur Schule kamen,
sorgte ich selbst dafür, daß es besser wurde. Ein großer Sorgenstein waren mir
die schmutzigen, sonnenverbrannten Füße, auf die schwerlich je ein Seifcnlappen
kam. „Wir plumpe» drüber!" antworteten mir die Kiuder, wenn ich sie schalt,
und „Seife hat Mutter nicht." Da war es ein Glück, daß eine ahnende Seele
beim Beginn der Schule eure Kiste Seife geschenkt hatte. Wie fleißig machte ich
Gebrauch davou! Allerdings wurde der Inhalt dadurch nicht mehr.

Noch sehe ich das entsetzte Gesicht der Frau Halm, wie sie dazu kam, als
eben ein dickes Büblein mit seinen nackten Beinchen fröhlich im saubern Zuber mit
warmem Wasser patschte; die fast geleerte Seifenkifle stand daneben. „Wohin soll
diese Wirtschaft führen!" kam es endlich bebend über die jetzt einmal nicht
lächelnden Lippen. „Nicht nnr, daß die Kosten der Station nun weit über den
Anschlag gehen, anch die Leute werden verdorben, statt erzogen. Diese Arbeit ist
kein Segen für unsre Bevölkerung. Hier muß man die Augen aufthun lernen und
nicht blind handeln. Freilich wenn man überall lieb Kind sein will!" Ich frage
nichts darnach, ob diese Sorte Leute mich lobt oder verachtet, erwiderte ich. „Und
dabei wird mit einer Selbständigkeit Verfahren, die wahrhaft frappirend ist," fiel
Herr Hahn ein, der eben eingetreten war und den Vortrag seiner Frau gehört
hatte. „Diese Schule ist durch meine Bemühung ins Leben gerufen, ich bin der
Vorsitzende und bestimme das Einzelne, ich kann nicht dulden, daß die Dinge so
fortgehen. Wie können Sie ohne mein Vorwissen liederlichen Menschen noch Unter¬
stützungen zuwenden; Unterstützungen auszuteilen ist Sache meiner Fran, die über
die Bedürftigkeit der einzelnen Familien genau orientirt ist." Davon habe ich mich
überzeugt, dachte ich bitter, zugleich aber brauste eine tiefe Empörung in meinem
Herzen auf „Sie haben, scheint mir, eine Besprechung im Schulzimmer, da ge¬
statten Sie wohl, daß ich hinausgehe," sagte ich kalt und verließ das Zimmer.

Seit jeuer Stunde griff ein förmlicher Widerwille gegen die Familie Hahn
in meinem Herzen Platz. Noch war nur nicht klar, wie sich das Verhältnis ferner
gestalten sollte, aber klar war mir, daß ich nnr im äußersten Notfalle das Hnhnsche
Haus noch betreten könne; klar war mir außerdem geworden, daß Hahns zur
Gründung der Schule nicht die Liebe zur Armut getrieben hatte, sondern die Eitelkeit.
Wenn doch Frau Hahn einmal mit mir hinausgekommen wäre, wohin die Mütter
auch die Säuglinge schleppen mußten! Da liegen die Kleinen tagüber in Sonnen¬
brand und Staub, und die Mütter arbeiten mit geteilten Herzen. Zuerst wenigstens.
Dann werdeu sie gleichgültig, und für ein paar Groschen Tagelohn geht ihnen das
Edelste des Mutterherzens: selbstlose, fürsorgliche Liebe verloren. So wachsen die
Kleinen auf, die treue, huderte Mutterhand meist entbehrend, und das Unkraut


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[0486] Die Kleinkinderschule glaubte es so abgethan zu haben, und erschrak dann, wie beim Klänge eines Liedes oder beim Anhören eines Musikstückes (ich liebe Musik sehr) meine Seele plötzlich von heißem Weh überflutet wurde. Wie hatte mein Herz vor Lust und Fröhlich¬ keit gebebt in der Arbeit und im Verkehr mit guten, sittlich höhern Menschen in meinem frühern Wirkungskreise! Es lastete etwas auf mir, das fühlte ich auch, wenn man mich vertraulich wegen meiner Beziehungen zum Hahnschen Hause fragte. Ich glaubte diesen teilnehmenden Worten und fühlte mich in meinem Gewissen beruhigt, wenn man mir ein maßgebender Stelle versicherte, man habe es Wohl befürchtet, daß sie der Kleinkinderlehrerin das Leben schwer machen würden. Ja, sie machten es mir schwer, davou sollte ich bald eine neue Probe bekommen. Seit jenen Besuchen in den Arbeiterhäusern ließ ich mir die äußere Ordnung in der Schule immer mehr angelegen sein, und wenn es die nrbeitsüberbürdeten Mütter nicht erreichen konnten, daß die Kiuder vorschriftsmäßig zur Schule kamen, sorgte ich selbst dafür, daß es besser wurde. Ein großer Sorgenstein waren mir die schmutzigen, sonnenverbrannten Füße, auf die schwerlich je ein Seifcnlappen kam. „Wir plumpe» drüber!" antworteten mir die Kiuder, wenn ich sie schalt, und „Seife hat Mutter nicht." Da war es ein Glück, daß eine ahnende Seele beim Beginn der Schule eure Kiste Seife geschenkt hatte. Wie fleißig machte ich Gebrauch davou! Allerdings wurde der Inhalt dadurch nicht mehr. Noch sehe ich das entsetzte Gesicht der Frau Halm, wie sie dazu kam, als eben ein dickes Büblein mit seinen nackten Beinchen fröhlich im saubern Zuber mit warmem Wasser patschte; die fast geleerte Seifenkifle stand daneben. „Wohin soll diese Wirtschaft führen!" kam es endlich bebend über die jetzt einmal nicht lächelnden Lippen. „Nicht nnr, daß die Kosten der Station nun weit über den Anschlag gehen, anch die Leute werden verdorben, statt erzogen. Diese Arbeit ist kein Segen für unsre Bevölkerung. Hier muß man die Augen aufthun lernen und nicht blind handeln. Freilich wenn man überall lieb Kind sein will!" Ich frage nichts darnach, ob diese Sorte Leute mich lobt oder verachtet, erwiderte ich. „Und dabei wird mit einer Selbständigkeit Verfahren, die wahrhaft frappirend ist," fiel Herr Hahn ein, der eben eingetreten war und den Vortrag seiner Frau gehört hatte. „Diese Schule ist durch meine Bemühung ins Leben gerufen, ich bin der Vorsitzende und bestimme das Einzelne, ich kann nicht dulden, daß die Dinge so fortgehen. Wie können Sie ohne mein Vorwissen liederlichen Menschen noch Unter¬ stützungen zuwenden; Unterstützungen auszuteilen ist Sache meiner Fran, die über die Bedürftigkeit der einzelnen Familien genau orientirt ist." Davon habe ich mich überzeugt, dachte ich bitter, zugleich aber brauste eine tiefe Empörung in meinem Herzen auf „Sie haben, scheint mir, eine Besprechung im Schulzimmer, da ge¬ statten Sie wohl, daß ich hinausgehe," sagte ich kalt und verließ das Zimmer. Seit jeuer Stunde griff ein förmlicher Widerwille gegen die Familie Hahn in meinem Herzen Platz. Noch war nur nicht klar, wie sich das Verhältnis ferner gestalten sollte, aber klar war mir, daß ich nnr im äußersten Notfalle das Hnhnsche Haus noch betreten könne; klar war mir außerdem geworden, daß Hahns zur Gründung der Schule nicht die Liebe zur Armut getrieben hatte, sondern die Eitelkeit. Wenn doch Frau Hahn einmal mit mir hinausgekommen wäre, wohin die Mütter auch die Säuglinge schleppen mußten! Da liegen die Kleinen tagüber in Sonnen¬ brand und Staub, und die Mütter arbeiten mit geteilten Herzen. Zuerst wenigstens. Dann werdeu sie gleichgültig, und für ein paar Groschen Tagelohn geht ihnen das Edelste des Mutterherzens: selbstlose, fürsorgliche Liebe verloren. So wachsen die Kleinen auf, die treue, huderte Mutterhand meist entbehrend, und das Unkraut

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/486>, abgerufen am 20.06.2024.