Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.Es war um Gefahr im Verzüge, und am 5>. Januar that Vismarck den Es war um Gefahr im Verzüge, und am 5>. Januar that Vismarck den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207547"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_706" next="#ID_707"> Es war um Gefahr im Verzüge, und am 5>. Januar that Vismarck den<lb/> entscheidenden Schritt durch einen Erlaß um den preußischen Gesandten in Wien,<lb/> der zunächst die Berechtigung beider Höfe feststellte, sich bei Fortsetzung der<lb/> dänischen Haltung vom Londoner Protokoll loszusagen, dann aber es für<lb/> zweckmäßig erklärte, mit Rücksicht auf Europa einstweilen noch nicht davon<lb/> Gebrauch zu machen, sondern Dänemark mir unter Androhung bewaffneten<lb/> Einschreitens, sei es im Namen des Bundes, sei es im eignen, zur Erfüllung<lb/> seiner Pflichten aufzufordern. Aber jedes preußische Vorgehen sei an die<lb/> Voraussetzung geknüpft, daß Österreich damit vollständig einverstanden sei.<lb/> Nach so langer Geduld befinde man sich in der Lage, die Zurücknahme der<lb/> Novemberverfassung binnen 48 Stunden zu verlangen und nach voraussicht¬<lb/> licher Weigerung Dänemarks in Schleswig einzurücken. Vertraulich fügte<lb/> Bismarck noch hinzu, bei den unabsehbaren Konsequenzen der Sache sei es<lb/> unerläßlich, daß Österreich sich in bindender und jedes Zurückweiche!! aus¬<lb/> schließender Form erkläre. Während der Besetzung Schleswigs seien nieder<lb/> dänische noch augustenburgische Kundgebungen zu gestatten, und das Herzogtum<lb/> müsse militärisch regiert werden. Diese Aufforderung sunt in Wie» eiuen<lb/> günstige» Boden. Die Entrüstung über die Anmaßung der Mittelstädten und<lb/> die Besorgnis über die Folgen ihres Auftretens waren durch die Kunde ge¬<lb/> steigert worden, daß der Kaiser der Franzosen ihr Vorgehen unumwunden<lb/> billige und sie darin ermuntern lasse, woraus mau schloß, Napoleon, suche<lb/> hier Vuudesgeuvssen gegen Österreich. Rechberg hatte denn preußischen Ge¬<lb/> sandten gerade auseinandergesetzt, man müsse den Herzogtümern gründlich<lb/> helfen, ihre alte Verbindung durch bloße Personalunion mit Dänemark wieder<lb/> herzustellen, und dabei bemerkt, alles komme darauf an, daß der Einigkeit<lb/> zwischen Österreich und Preußen Festigkeit und Dauer gegeben werde, als der<lb/> Bismnrcksche Erlaß ihm am 5). Januar mitgeteilt wurde. Da die preußische<lb/> Regierung darin für jetzt keine Lossage vom Londoner Protokoll und keine<lb/> Zerreißung Dänemarks begehrte, so war ihm das gegen die Novemberverfass»»!?<lb/> beantragte Zwangsverfahren vollkommen bequem. Am it>. Januar wurde >»<lb/> einem Ministerrate der Entwurf zu einer Pnnktntivu mit Preußen nebst ent¬<lb/> sprechender Weisung an Karolhi beschlossen. In dieser Weisung hieß es'<lb/> „Mit aufrichtiger Befriedigung haben wir wahrgenommen, daß anch Preuße»<lb/> sich für Beharren auf dem bisherigen Wege entschiede!! hat, »ud in dieser<lb/> Hauptfrage einig, find wir bereit, ans dessen weitere Borschläge einzugehen-<lb/> Der Punktationsentwurf sagte dann, daß die beiden Regierungen, um die Über-<lb/> einstimmung ihrer Schritte durch eine bindende Verabredung zu sichern, se^l<lb/> über folgende Bestimmungen verständigt hätten: 1. Aufforderung an DänennM,<lb/> die Novemberverfasfung binnen 48 Stunden zurückzunehmen und im Weigerung^<lb/> falle Abreise der Gesandten und Besetzung Schleswigs durch bereitgehaltene<lb/> österreichische und preußische Truppe». 2. Selbständiges Vorgehen beider</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0252]
Es war um Gefahr im Verzüge, und am 5>. Januar that Vismarck den
entscheidenden Schritt durch einen Erlaß um den preußischen Gesandten in Wien,
der zunächst die Berechtigung beider Höfe feststellte, sich bei Fortsetzung der
dänischen Haltung vom Londoner Protokoll loszusagen, dann aber es für
zweckmäßig erklärte, mit Rücksicht auf Europa einstweilen noch nicht davon
Gebrauch zu machen, sondern Dänemark mir unter Androhung bewaffneten
Einschreitens, sei es im Namen des Bundes, sei es im eignen, zur Erfüllung
seiner Pflichten aufzufordern. Aber jedes preußische Vorgehen sei an die
Voraussetzung geknüpft, daß Österreich damit vollständig einverstanden sei.
Nach so langer Geduld befinde man sich in der Lage, die Zurücknahme der
Novemberverfassung binnen 48 Stunden zu verlangen und nach voraussicht¬
licher Weigerung Dänemarks in Schleswig einzurücken. Vertraulich fügte
Bismarck noch hinzu, bei den unabsehbaren Konsequenzen der Sache sei es
unerläßlich, daß Österreich sich in bindender und jedes Zurückweiche!! aus¬
schließender Form erkläre. Während der Besetzung Schleswigs seien nieder
dänische noch augustenburgische Kundgebungen zu gestatten, und das Herzogtum
müsse militärisch regiert werden. Diese Aufforderung sunt in Wie» eiuen
günstige» Boden. Die Entrüstung über die Anmaßung der Mittelstädten und
die Besorgnis über die Folgen ihres Auftretens waren durch die Kunde ge¬
steigert worden, daß der Kaiser der Franzosen ihr Vorgehen unumwunden
billige und sie darin ermuntern lasse, woraus mau schloß, Napoleon, suche
hier Vuudesgeuvssen gegen Österreich. Rechberg hatte denn preußischen Ge¬
sandten gerade auseinandergesetzt, man müsse den Herzogtümern gründlich
helfen, ihre alte Verbindung durch bloße Personalunion mit Dänemark wieder
herzustellen, und dabei bemerkt, alles komme darauf an, daß der Einigkeit
zwischen Österreich und Preußen Festigkeit und Dauer gegeben werde, als der
Bismnrcksche Erlaß ihm am 5). Januar mitgeteilt wurde. Da die preußische
Regierung darin für jetzt keine Lossage vom Londoner Protokoll und keine
Zerreißung Dänemarks begehrte, so war ihm das gegen die Novemberverfass»»!?
beantragte Zwangsverfahren vollkommen bequem. Am it>. Januar wurde >»
einem Ministerrate der Entwurf zu einer Pnnktntivu mit Preußen nebst ent¬
sprechender Weisung an Karolhi beschlossen. In dieser Weisung hieß es'
„Mit aufrichtiger Befriedigung haben wir wahrgenommen, daß anch Preuße»
sich für Beharren auf dem bisherigen Wege entschiede!! hat, »ud in dieser
Hauptfrage einig, find wir bereit, ans dessen weitere Borschläge einzugehen-
Der Punktationsentwurf sagte dann, daß die beiden Regierungen, um die Über-
einstimmung ihrer Schritte durch eine bindende Verabredung zu sichern, se^l
über folgende Bestimmungen verständigt hätten: 1. Aufforderung an DänennM,
die Novemberverfasfung binnen 48 Stunden zurückzunehmen und im Weigerung^
falle Abreise der Gesandten und Besetzung Schleswigs durch bereitgehaltene
österreichische und preußische Truppe». 2. Selbständiges Vorgehen beider
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |