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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Die Shakespeare - Bacan - Frage

Anlage des ?line.L c>k xrirpooll? denke"? Es schei"t, daß Bacon nur unter
Shakespeares Namen el" gutes Stück schreiben konnte. Unter seinein eignen
brachte er mir recht Dürftiges zu stände.

Warum soll aber Bacon unter falschem Namen seine Schauspiele veröffent¬
licht haben? Angeblich entweder weil er als guter Sohn seine betagte Mutter,
die Schauspieldichteu für eine Sünde hielt, nicht habe kränken wollen, oder
weil er gefürchtet habe, sich dadurch in seiner Laufbahn als Staatsmann zu
schaden. Von ersterer Thatsache ist nichts bekannt, der letztere Grund ist gar
nicht stichhaltig. Viele vornehme Herren schrieben damals für das Theater.
Baie wurde Bischof, obgleich er König Johann und andre Stücke geschrieben
hatte, Sackville, später Lord Buckhnrst, hielt es auch nicht für uuter seiner
Würde, Gorbodnc zu dichte" und auf die Bühne zu bringen. Königin Elisa¬
beth sah gern Schauspiele an und hätte sicherlich uicht eine" sonst begabten
Mann wegen seiner Dramen von der Staatslanfbahn ausgeschlossen. Doch
wäre dies'anch alles richtig, so sieht man gar keinen Grund ein, warum
Bacon nicht wenigstens nach 1621, nachdem er alle seine Ämter verloren hatte,
z-B. in der Folioausgabe von U>23, sich genannt und nachträglich, lange
"ach Shakespeares Tod. wenigstens sich als Verfasser der Schauspiele zu
erkennen gegeben hätte. Um so weniger, als uns Bacon sonst als recht eitler
Mensch entgegentritt. In seiner ,,Apologie" sagt er ganz offen: ,,Jch erkläre,
das; ich kein Dichter bin." Trotz alledem behaupten die Baeonicmer, Bacon
spiele an verschiednen Stellen auf seine geheimnisvolle Dichterthütigkeit an.
Drei Briefe sollen darauf hindeuten. Der erste ist an einen Herrn Davies
gerichtet, der 1603 König Jakob entgegenreifen sollte. Bacon bittet darin,
Dcwies möge beim König seiner freundlich gedenken, und schließt: "Mit dem
Wunsche, daß Sie heimlichen Dichtern geneigt seien, bleibe ich Ihr Freund."
Warum müssen nun diese vonvcÄlvcl poet" gerade Schauspieldichter sein?
Bacon soll z. B. ein Sonett zu Gunsten des Grafen von Esser, gedichtet haben,
vielleicht hatte er ein hochtrabendes gespreiztes Gedicht auf des Königs Ankunft
Erfaßt, und vielleicht ist diese Dichtung hier gemeint. Jedenfalls braucht er
darum nicht dreißig Dramen verfaßt zu haben. Ein zweiter Brief, der besonders
beweiskräftig sein soll, ist von Sir Tobias Matthew an Bacon gerichtet;
darin wird in einer Nachschrift gesagt: "Der wunderbarste Geist, den ich je
^wu meinem Volke kannte diesseits der See, trägt Eurer Lordschaft Name, wenn
auch nnter einem andern bekannt ist." (Me- most nwäiAious vit einel von-
^ ki"vo "t ,,-i.t.inen on Ms sicks ot edle, "o-i., i" cet .Mir I>ora8hip8 runo,
^ouKlr de> tlo umano" NicMc-r.) Dieser Brief soll sich auf Bacvus geheime
^chhäftiguug mit der Schanspieldichtung beziehen. Dieser Brief ist aber von
"uswärts, d. h. vom Festlande, geschrieben; Mntthew hielt sich meist außerhalb
Englands auf. Auch vn ein" si(?ö ni lin; so-t und 1c "no ist bemerkenswert.
Daraus geht deutlich hervor, daß es sich gar uicht um Franz Bacon, sonder"


Die Shakespeare - Bacan - Frage

Anlage des ?line.L c>k xrirpooll? denke»? Es schei»t, daß Bacon nur unter
Shakespeares Namen el» gutes Stück schreiben konnte. Unter seinein eignen
brachte er mir recht Dürftiges zu stände.

Warum soll aber Bacon unter falschem Namen seine Schauspiele veröffent¬
licht haben? Angeblich entweder weil er als guter Sohn seine betagte Mutter,
die Schauspieldichteu für eine Sünde hielt, nicht habe kränken wollen, oder
weil er gefürchtet habe, sich dadurch in seiner Laufbahn als Staatsmann zu
schaden. Von ersterer Thatsache ist nichts bekannt, der letztere Grund ist gar
nicht stichhaltig. Viele vornehme Herren schrieben damals für das Theater.
Baie wurde Bischof, obgleich er König Johann und andre Stücke geschrieben
hatte, Sackville, später Lord Buckhnrst, hielt es auch nicht für uuter seiner
Würde, Gorbodnc zu dichte» und auf die Bühne zu bringen. Königin Elisa¬
beth sah gern Schauspiele an und hätte sicherlich uicht eine» sonst begabten
Mann wegen seiner Dramen von der Staatslanfbahn ausgeschlossen. Doch
wäre dies'anch alles richtig, so sieht man gar keinen Grund ein, warum
Bacon nicht wenigstens nach 1621, nachdem er alle seine Ämter verloren hatte,
z-B. in der Folioausgabe von U>23, sich genannt und nachträglich, lange
"ach Shakespeares Tod. wenigstens sich als Verfasser der Schauspiele zu
erkennen gegeben hätte. Um so weniger, als uns Bacon sonst als recht eitler
Mensch entgegentritt. In seiner ,,Apologie" sagt er ganz offen: ,,Jch erkläre,
das; ich kein Dichter bin." Trotz alledem behaupten die Baeonicmer, Bacon
spiele an verschiednen Stellen auf seine geheimnisvolle Dichterthütigkeit an.
Drei Briefe sollen darauf hindeuten. Der erste ist an einen Herrn Davies
gerichtet, der 1603 König Jakob entgegenreifen sollte. Bacon bittet darin,
Dcwies möge beim König seiner freundlich gedenken, und schließt: „Mit dem
Wunsche, daß Sie heimlichen Dichtern geneigt seien, bleibe ich Ihr Freund."
Warum müssen nun diese vonvcÄlvcl poet» gerade Schauspieldichter sein?
Bacon soll z. B. ein Sonett zu Gunsten des Grafen von Esser, gedichtet haben,
vielleicht hatte er ein hochtrabendes gespreiztes Gedicht auf des Königs Ankunft
Erfaßt, und vielleicht ist diese Dichtung hier gemeint. Jedenfalls braucht er
darum nicht dreißig Dramen verfaßt zu haben. Ein zweiter Brief, der besonders
beweiskräftig sein soll, ist von Sir Tobias Matthew an Bacon gerichtet;
darin wird in einer Nachschrift gesagt: „Der wunderbarste Geist, den ich je
^wu meinem Volke kannte diesseits der See, trägt Eurer Lordschaft Name, wenn
auch nnter einem andern bekannt ist." (Me- most nwäiAious vit einel von-
^ ki»vo »t ,,-i.t.inen on Ms sicks ot edle, «o-i., i» cet .Mir I>ora8hip8 runo,
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^chhäftiguug mit der Schanspieldichtung beziehen. Dieser Brief ist aber von
"uswärts, d. h. vom Festlande, geschrieben; Mntthew hielt sich meist außerhalb
Englands auf. Auch vn ein« si(?ö ni lin; so-t und 1c „no ist bemerkenswert.
Daraus geht deutlich hervor, daß es sich gar uicht um Franz Bacon, sonder»


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[0245] Die Shakespeare - Bacan - Frage Anlage des ?line.L c>k xrirpooll? denke»? Es schei»t, daß Bacon nur unter Shakespeares Namen el» gutes Stück schreiben konnte. Unter seinein eignen brachte er mir recht Dürftiges zu stände. Warum soll aber Bacon unter falschem Namen seine Schauspiele veröffent¬ licht haben? Angeblich entweder weil er als guter Sohn seine betagte Mutter, die Schauspieldichteu für eine Sünde hielt, nicht habe kränken wollen, oder weil er gefürchtet habe, sich dadurch in seiner Laufbahn als Staatsmann zu schaden. Von ersterer Thatsache ist nichts bekannt, der letztere Grund ist gar nicht stichhaltig. Viele vornehme Herren schrieben damals für das Theater. Baie wurde Bischof, obgleich er König Johann und andre Stücke geschrieben hatte, Sackville, später Lord Buckhnrst, hielt es auch nicht für uuter seiner Würde, Gorbodnc zu dichte» und auf die Bühne zu bringen. Königin Elisa¬ beth sah gern Schauspiele an und hätte sicherlich uicht eine» sonst begabten Mann wegen seiner Dramen von der Staatslanfbahn ausgeschlossen. Doch wäre dies'anch alles richtig, so sieht man gar keinen Grund ein, warum Bacon nicht wenigstens nach 1621, nachdem er alle seine Ämter verloren hatte, z-B. in der Folioausgabe von U>23, sich genannt und nachträglich, lange "ach Shakespeares Tod. wenigstens sich als Verfasser der Schauspiele zu erkennen gegeben hätte. Um so weniger, als uns Bacon sonst als recht eitler Mensch entgegentritt. In seiner ,,Apologie" sagt er ganz offen: ,,Jch erkläre, das; ich kein Dichter bin." Trotz alledem behaupten die Baeonicmer, Bacon spiele an verschiednen Stellen auf seine geheimnisvolle Dichterthütigkeit an. Drei Briefe sollen darauf hindeuten. Der erste ist an einen Herrn Davies gerichtet, der 1603 König Jakob entgegenreifen sollte. Bacon bittet darin, Dcwies möge beim König seiner freundlich gedenken, und schließt: „Mit dem Wunsche, daß Sie heimlichen Dichtern geneigt seien, bleibe ich Ihr Freund." Warum müssen nun diese vonvcÄlvcl poet» gerade Schauspieldichter sein? Bacon soll z. B. ein Sonett zu Gunsten des Grafen von Esser, gedichtet haben, vielleicht hatte er ein hochtrabendes gespreiztes Gedicht auf des Königs Ankunft Erfaßt, und vielleicht ist diese Dichtung hier gemeint. Jedenfalls braucht er darum nicht dreißig Dramen verfaßt zu haben. Ein zweiter Brief, der besonders beweiskräftig sein soll, ist von Sir Tobias Matthew an Bacon gerichtet; darin wird in einer Nachschrift gesagt: „Der wunderbarste Geist, den ich je ^wu meinem Volke kannte diesseits der See, trägt Eurer Lordschaft Name, wenn auch nnter einem andern bekannt ist." (Me- most nwäiAious vit einel von- ^ ki»vo »t ,,-i.t.inen on Ms sicks ot edle, «o-i., i» cet .Mir I>ora8hip8 runo, ^ouKlr de> tlo umano» NicMc-r.) Dieser Brief soll sich auf Bacvus geheime ^chhäftiguug mit der Schanspieldichtung beziehen. Dieser Brief ist aber von "uswärts, d. h. vom Festlande, geschrieben; Mntthew hielt sich meist außerhalb Englands auf. Auch vn ein« si(?ö ni lin; so-t und 1c „no ist bemerkenswert. Daraus geht deutlich hervor, daß es sich gar uicht um Franz Bacon, sonder»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/245>, abgerufen am 29.06.2024.