Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

'"an sich der kleinen Festung Belfort zu bemächtigen und dort eine provisorische
Regierung, bestehend ans Lafayette, Woher d'Argeusou und Konsum, auszurufen,
dann wollte man sich nach Colmar und Straßburg werfen und von Straßburg aus
ganz Ostfrankreich revolutioniren, und gleichzeitig sollten sich die Verschworenen
im Westen erheben. Die Sache mißglückte im Elsaß durch die Empfindsamkeit
Lafahettes, der sich ihr sonst mit kaltblütiger Hingebung gewidmet hatte: er
bat um Vertagung, weil es ihm Herzensbedürfnis war, erst den Todestag seiner
Frau weihevoll zu begehen. Statt des 29. Dezembers wurde die Nacht vom
1- zum 2. Januar zur Schilderhebuug bestimmt, aber inzwischen erfuhr der
Befehlshaber von Belfort von dem Komplott und traf wirksame Maßregeln
zur Vereitelung. Die meisten Verschworenen retteten sich durch die Flucht,
und Lafayette wurde, jetzt auf dem Wege nach Belfort, durch einen von ihnen
M eiliger Umkehr veranlaßt. Wie aber bei dem Plane nichts heraus kam, so
auch bei dem Prozeß gegen die Unternehmer: von denen, deren man habhaft
wurde verurteilten die Geschworenen in Colmar mir vier zu mäßigen Gefängnis¬
strafen, während sie neunzehn freisprachen, und gegen die Pariser Urheber und
Leiter fehlte jeder juristische Beweis. Der Aufstand im Westen verlies ähnlich.
Bei einer Feuersbrunst in Sauinur erschlug eine einstürzende Mauer einen der
Vechhworeuen, und in seinen Taschen fand man Papiere, nach deren Durchsicht
die Behörden sofort eine beträchtliche Anzahl von nntbeteiligten Offizieren und
Sergeanten verhafteten. Die übrigen erschraken darüber und faßten erst wieder
Mut, als die Verhafteten sich vor dem Richter verschwiegen zeigten, und uun
>orbe, ein neuer Aufstandsplau entworfen, der am 2:;. Februar unter Leitung
des Generals Bertou ausgeführt werde" sollte. Die Nationalgarde von Saumur
"ber, die den Anfang zu machen versprochen hatte, zeigte sich schließlich klein¬
mütig, und das Landvolk, das nun ausgeboten wurde, nach der Stadt zu
ziehen und deren Bevölkerung mit sich fortzureißen. verriet ebenfalls wenig
Begeisterung für die Sache, sodaß. als Verlor sich am folgenden Sonntag
"">n Flecken Thouars ans mit einer Schar vou 120 Maun gegen Saumur
Bewegung setzte, die Dörfer auf dein Wege ihm nur geringe Verstärkung
im, Ju der Stadt hatten unterdessen die Behörden, von seinem Heran¬
rücken unterrichtet, Maßregeln zu seinem Empfange getroffen, unter den Ver-
uvvreueu vom Militär überwog, als sie mit den übrigen Truppen aufgestellt
. urcu, die Gewohnheit des Gehorsams ihre revolutionäre Gesinnung, bei der
^ationalgarde herrschte die alte Unschlüssigkeit fort, und Bertou sah sich, als
uut seiner Freischar nu einem Ende der Brücke von Scuunnr eingetroffen
"r und einige Stunden auf Zuzug von der andern her gewartet hatte, genötigt,
Zuzukehren. Die Regierung wechselte darauf die Garnison, und als Bertou,
uachrichtjgt, auch diese sei seiner Sache gewonnen, einen zweiten Pulses
^le, csing er in eine Falle und wurde gefangen genommen und an 2"!, August
'"it etwavierzig Mitschuldigen zum Tode verurteilt und erschossen.


'»an sich der kleinen Festung Belfort zu bemächtigen und dort eine provisorische
Regierung, bestehend ans Lafayette, Woher d'Argeusou und Konsum, auszurufen,
dann wollte man sich nach Colmar und Straßburg werfen und von Straßburg aus
ganz Ostfrankreich revolutioniren, und gleichzeitig sollten sich die Verschworenen
im Westen erheben. Die Sache mißglückte im Elsaß durch die Empfindsamkeit
Lafahettes, der sich ihr sonst mit kaltblütiger Hingebung gewidmet hatte: er
bat um Vertagung, weil es ihm Herzensbedürfnis war, erst den Todestag seiner
Frau weihevoll zu begehen. Statt des 29. Dezembers wurde die Nacht vom
1- zum 2. Januar zur Schilderhebuug bestimmt, aber inzwischen erfuhr der
Befehlshaber von Belfort von dem Komplott und traf wirksame Maßregeln
zur Vereitelung. Die meisten Verschworenen retteten sich durch die Flucht,
und Lafayette wurde, jetzt auf dem Wege nach Belfort, durch einen von ihnen
M eiliger Umkehr veranlaßt. Wie aber bei dem Plane nichts heraus kam, so
auch bei dem Prozeß gegen die Unternehmer: von denen, deren man habhaft
wurde verurteilten die Geschworenen in Colmar mir vier zu mäßigen Gefängnis¬
strafen, während sie neunzehn freisprachen, und gegen die Pariser Urheber und
Leiter fehlte jeder juristische Beweis. Der Aufstand im Westen verlies ähnlich.
Bei einer Feuersbrunst in Sauinur erschlug eine einstürzende Mauer einen der
Vechhworeuen, und in seinen Taschen fand man Papiere, nach deren Durchsicht
die Behörden sofort eine beträchtliche Anzahl von nntbeteiligten Offizieren und
Sergeanten verhafteten. Die übrigen erschraken darüber und faßten erst wieder
Mut, als die Verhafteten sich vor dem Richter verschwiegen zeigten, und uun
>orbe, ein neuer Aufstandsplau entworfen, der am 2:;. Februar unter Leitung
des Generals Bertou ausgeführt werde» sollte. Die Nationalgarde von Saumur
"ber, die den Anfang zu machen versprochen hatte, zeigte sich schließlich klein¬
mütig, und das Landvolk, das nun ausgeboten wurde, nach der Stadt zu
ziehen und deren Bevölkerung mit sich fortzureißen. verriet ebenfalls wenig
Begeisterung für die Sache, sodaß. als Verlor sich am folgenden Sonntag
"">n Flecken Thouars ans mit einer Schar vou 120 Maun gegen Saumur
Bewegung setzte, die Dörfer auf dein Wege ihm nur geringe Verstärkung
im, Ju der Stadt hatten unterdessen die Behörden, von seinem Heran¬
rücken unterrichtet, Maßregeln zu seinem Empfange getroffen, unter den Ver-
uvvreueu vom Militär überwog, als sie mit den übrigen Truppen aufgestellt
. urcu, die Gewohnheit des Gehorsams ihre revolutionäre Gesinnung, bei der
^ationalgarde herrschte die alte Unschlüssigkeit fort, und Bertou sah sich, als
uut seiner Freischar nu einem Ende der Brücke von Scuunnr eingetroffen
"r und einige Stunden auf Zuzug von der andern her gewartet hatte, genötigt,
Zuzukehren. Die Regierung wechselte darauf die Garnison, und als Bertou,
uachrichtjgt, auch diese sei seiner Sache gewonnen, einen zweiten Pulses
^le, csing er in eine Falle und wurde gefangen genommen und an 2«!, August
'"it etwavierzig Mitschuldigen zum Tode verurteilt und erschossen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207510"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_586" prev="#ID_585" next="#ID_587"> '»an sich der kleinen Festung Belfort zu bemächtigen und dort eine provisorische<lb/>
Regierung, bestehend ans Lafayette, Woher d'Argeusou und Konsum, auszurufen,<lb/>
dann wollte man sich nach Colmar und Straßburg werfen und von Straßburg aus<lb/>
ganz Ostfrankreich revolutioniren, und gleichzeitig sollten sich die Verschworenen<lb/>
im Westen erheben. Die Sache mißglückte im Elsaß durch die Empfindsamkeit<lb/>
Lafahettes, der sich ihr sonst mit kaltblütiger Hingebung gewidmet hatte: er<lb/>
bat um Vertagung, weil es ihm Herzensbedürfnis war, erst den Todestag seiner<lb/>
Frau weihevoll zu begehen. Statt des 29. Dezembers wurde die Nacht vom<lb/>
1- zum 2. Januar zur Schilderhebuug bestimmt, aber inzwischen erfuhr der<lb/>
Befehlshaber von Belfort von dem Komplott und traf wirksame Maßregeln<lb/>
zur Vereitelung. Die meisten Verschworenen retteten sich durch die Flucht,<lb/>
und Lafayette wurde, jetzt auf dem Wege nach Belfort, durch einen von ihnen<lb/>
M eiliger Umkehr veranlaßt. Wie aber bei dem Plane nichts heraus kam, so<lb/>
auch bei dem Prozeß gegen die Unternehmer: von denen, deren man habhaft<lb/>
wurde verurteilten die Geschworenen in Colmar mir vier zu mäßigen Gefängnis¬<lb/>
strafen, während sie neunzehn freisprachen, und gegen die Pariser Urheber und<lb/>
Leiter fehlte jeder juristische Beweis. Der Aufstand im Westen verlies ähnlich.<lb/>
Bei einer Feuersbrunst in Sauinur erschlug eine einstürzende Mauer einen der<lb/>
Vechhworeuen, und in seinen Taschen fand man Papiere, nach deren Durchsicht<lb/>
die Behörden sofort eine beträchtliche Anzahl von nntbeteiligten Offizieren und<lb/>
Sergeanten verhafteten. Die übrigen erschraken darüber und faßten erst wieder<lb/>
Mut, als die Verhafteten sich vor dem Richter verschwiegen zeigten, und uun<lb/>
&gt;orbe, ein neuer Aufstandsplau entworfen, der am 2:;. Februar unter Leitung<lb/>
des Generals Bertou ausgeführt werde» sollte. Die Nationalgarde von Saumur<lb/>
"ber, die den Anfang zu machen versprochen hatte, zeigte sich schließlich klein¬<lb/>
mütig, und das Landvolk, das nun ausgeboten wurde, nach der Stadt zu<lb/>
ziehen und deren Bevölkerung mit sich fortzureißen. verriet ebenfalls wenig<lb/>
Begeisterung für die Sache, sodaß. als Verlor sich am folgenden Sonntag<lb/>
""&gt;n Flecken Thouars ans mit einer Schar vou 120 Maun gegen Saumur<lb/>
Bewegung setzte, die Dörfer auf dein Wege ihm nur geringe Verstärkung<lb/>
im,  Ju der Stadt hatten unterdessen die Behörden, von seinem Heran¬<lb/>
rücken unterrichtet, Maßregeln zu seinem Empfange getroffen, unter den Ver-<lb/>
uvvreueu vom Militär überwog, als sie mit den übrigen Truppen aufgestellt<lb/>
. urcu, die Gewohnheit des Gehorsams ihre revolutionäre Gesinnung, bei der<lb/>
^ationalgarde herrschte die alte Unschlüssigkeit fort, und Bertou sah sich, als<lb/>
uut seiner Freischar nu einem Ende der Brücke von Scuunnr eingetroffen<lb/>
"r und einige Stunden auf Zuzug von der andern her gewartet hatte, genötigt,<lb/>
Zuzukehren.  Die Regierung wechselte darauf die Garnison, und als Bertou,<lb/>
uachrichtjgt, auch diese sei seiner Sache gewonnen, einen zweiten Pulses<lb/>
^le, csing er in eine Falle und wurde gefangen genommen und an 2«!, August<lb/>
'"it etwavierzig Mitschuldigen zum Tode verurteilt und erschossen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0215] '»an sich der kleinen Festung Belfort zu bemächtigen und dort eine provisorische Regierung, bestehend ans Lafayette, Woher d'Argeusou und Konsum, auszurufen, dann wollte man sich nach Colmar und Straßburg werfen und von Straßburg aus ganz Ostfrankreich revolutioniren, und gleichzeitig sollten sich die Verschworenen im Westen erheben. Die Sache mißglückte im Elsaß durch die Empfindsamkeit Lafahettes, der sich ihr sonst mit kaltblütiger Hingebung gewidmet hatte: er bat um Vertagung, weil es ihm Herzensbedürfnis war, erst den Todestag seiner Frau weihevoll zu begehen. Statt des 29. Dezembers wurde die Nacht vom 1- zum 2. Januar zur Schilderhebuug bestimmt, aber inzwischen erfuhr der Befehlshaber von Belfort von dem Komplott und traf wirksame Maßregeln zur Vereitelung. Die meisten Verschworenen retteten sich durch die Flucht, und Lafayette wurde, jetzt auf dem Wege nach Belfort, durch einen von ihnen M eiliger Umkehr veranlaßt. Wie aber bei dem Plane nichts heraus kam, so auch bei dem Prozeß gegen die Unternehmer: von denen, deren man habhaft wurde verurteilten die Geschworenen in Colmar mir vier zu mäßigen Gefängnis¬ strafen, während sie neunzehn freisprachen, und gegen die Pariser Urheber und Leiter fehlte jeder juristische Beweis. Der Aufstand im Westen verlies ähnlich. Bei einer Feuersbrunst in Sauinur erschlug eine einstürzende Mauer einen der Vechhworeuen, und in seinen Taschen fand man Papiere, nach deren Durchsicht die Behörden sofort eine beträchtliche Anzahl von nntbeteiligten Offizieren und Sergeanten verhafteten. Die übrigen erschraken darüber und faßten erst wieder Mut, als die Verhafteten sich vor dem Richter verschwiegen zeigten, und uun >orbe, ein neuer Aufstandsplau entworfen, der am 2:;. Februar unter Leitung des Generals Bertou ausgeführt werde» sollte. Die Nationalgarde von Saumur "ber, die den Anfang zu machen versprochen hatte, zeigte sich schließlich klein¬ mütig, und das Landvolk, das nun ausgeboten wurde, nach der Stadt zu ziehen und deren Bevölkerung mit sich fortzureißen. verriet ebenfalls wenig Begeisterung für die Sache, sodaß. als Verlor sich am folgenden Sonntag "">n Flecken Thouars ans mit einer Schar vou 120 Maun gegen Saumur Bewegung setzte, die Dörfer auf dein Wege ihm nur geringe Verstärkung im, Ju der Stadt hatten unterdessen die Behörden, von seinem Heran¬ rücken unterrichtet, Maßregeln zu seinem Empfange getroffen, unter den Ver- uvvreueu vom Militär überwog, als sie mit den übrigen Truppen aufgestellt . urcu, die Gewohnheit des Gehorsams ihre revolutionäre Gesinnung, bei der ^ationalgarde herrschte die alte Unschlüssigkeit fort, und Bertou sah sich, als uut seiner Freischar nu einem Ende der Brücke von Scuunnr eingetroffen "r und einige Stunden auf Zuzug von der andern her gewartet hatte, genötigt, Zuzukehren. Die Regierung wechselte darauf die Garnison, und als Bertou, uachrichtjgt, auch diese sei seiner Sache gewonnen, einen zweiten Pulses ^le, csing er in eine Falle und wurde gefangen genommen und an 2«!, August '"it etwavierzig Mitschuldigen zum Tode verurteilt und erschossen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/215
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/215>, abgerufen am 28.12.2024.