Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.^treifznge dnrch die französische Litteratur der Gegenwart maßloser Selbstsucht alle materiellen Kräfte so lange anspannte, bis Frankreich Taille sagt von Napoleon: I^a ZiMriltars "zIvMuiw vt g"v"ut<?, 1a piiilo- Die zweite in unserm Jahrhundert auftauchende, gegen die Romantik nzbvtm II 139g 22
^treifznge dnrch die französische Litteratur der Gegenwart maßloser Selbstsucht alle materiellen Kräfte so lange anspannte, bis Frankreich Taille sagt von Napoleon: I^a ZiMriltars «zIvMuiw vt g»v»ut<?, 1a piiilo- Die zweite in unserm Jahrhundert auftauchende, gegen die Romantik nzbvtm II 139g 22
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0177" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207472"/> <fw type="header" place="top"> ^treifznge dnrch die französische Litteratur der Gegenwart</fw><lb/> <p xml:id="ID_493" prev="#ID_492"> maßloser Selbstsucht alle materiellen Kräfte so lange anspannte, bis Frankreich<lb/> abgehetzt und verzweifelt zusammenbrach. Nur ein nervöses, blutarmes Ge¬<lb/> schlecht mit gesteigertem, fast an Krankheit grenzenden Gefühls- und Phantasie¬<lb/> leben konnte ans jener ruhelosen, aufgeregten, ausgemergelten Zeit herstammen:<lb/> ^>aus, Viktor Hugo, Musset, Gautier u. s. w., sie alle sind in jenen aus¬<lb/> übenden Zeiten der napoleonischen Feldzüge geboren.</p><lb/> <p xml:id="ID_494"> Taille sagt von Napoleon: I^a ZiMriltars «zIvMuiw vt g»v»ut<?, 1a piiilo-<lb/> ^»plüg c>g (z^l)iri(zi: et ete «alö«, alone »os voiltcuipuriuns 8vnd imlui^, a Zlissv<lb/> "ur son intvUiAsnov ovmmo »ur nun roclio aure. Diese Charakteristik paßt<lb/> "'ehr oder Nieniger auf alle hervorragenden Gestalten jener Tage; kein Wunder,<lb/> daß gegen diese Einseitigkeit des berechnenden Verstandes, gegen die wachsende<lb/> Gefühlsroheit und Gemütsleere eine Reaktion reicher angelegter Geister hervor¬<lb/> breche» uinßte. Unter diesem Gesichtspunkte kann man ohne Frage Napoleon<lb/> als den mittelbaren Vater der Romantik bezeichnen; aus Rousseaus littera-<lb/> r>Jeder Wirksamkeit allein darf man aber jene Erscheinung nicht folgern. Die<lb/> Rückkehr zur Natur und die Freude an der Beschäftigung mit ihren Gegeu-<lb/> stniideu ist nicht zum wenigsten anch ein Verdienst von Buffons anregend ge¬<lb/> schriebenen und vielgeleseneni Werke I/ni8t,i»ir0 imturello; auch Voltaires nicht<lb/> unbedeutender Einfluß auf den Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, z. B.<lb/> ^uf Chateaubriand und Lamartine, ließe sich leicht nachweisen und hätte von<lb/> -pellissier gebührend erwähnt werden müssen. Dagegen hat er Andre Chouiers<lb/> ^edeutung für die Entstehung der romantischen Schule überschätzt; bahnbrechend<lb/> ^unde Chenier schou deshalb nicht wirken, weil seine Dichtungen erst im<lb/> ^ahre 181!», fünfundzwanzig Jahre nach seiner Hinrichtung, veröffentlicht<lb/> Wurden, also zu einer Zeit, wo die Grundwerke der Romantik: l.v 66rio <In<lb/> dnstiAnisme von Chateaubriand und Madame de Staclls Schriften l.'/Vile-<lb/> ^'^No nud I^itterawre bereits erschiene» waren; bedeutungsvoll lind eiil-<lb/> utzreich lvird Chsnier erst für das zweite Geschlecht der Romantiker, sür<lb/> mulier, Bnnville, Leeonte de Liste und zu»i Teil für Sully-Proudhomme.</p><lb/> <p xml:id="ID_495" next="#ID_496"> Die zweite in unserm Jahrhundert auftauchende, gegen die Romantik<lb/> litterarische Strömung, den Realismus, möchte Pellissier ans Diderot<lb/> ^'ckführen; er sagt von ihm: „Vergessen oder verachtet seit einem halben<lb/> /'^hundert, wurde er von den Geistern, die vor vierzig oder fünfzig Jahre»<lb/> j^en die Romantik einen unvermeidlichen Rückschlag ausführten, als ihr Vor-<lb/> Zuerkannt. Von ihm stammte» schon in mehr oder weniger gerader<lb/> !hre» ^' ^^"^^"^ ""^ die Balzaes des ersten Zeitraumes ab; von ihm leiten<lb/> „ Sprung auch in dem zweite» alle ab, die die allgemeine Bewegung<lb/> der s ^irgmvssischeu Litteratur auf das Gebiet der genauen Beobachtung »ut<lb/> dies. Wiedergabe der si»»fälligen Wirklichkeit gelenkt haben." Aber<lb/> in Gegenstrom ist doch ans andre Quellen als Diderots Grundsätze zurück-<lb/> («!^"/ Aufbliihe» der exakten Wissenschaften, die Abneigung gegen<lb/> "re</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> nzbvtm II 139g 22</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0177]
^treifznge dnrch die französische Litteratur der Gegenwart
maßloser Selbstsucht alle materiellen Kräfte so lange anspannte, bis Frankreich
abgehetzt und verzweifelt zusammenbrach. Nur ein nervöses, blutarmes Ge¬
schlecht mit gesteigertem, fast an Krankheit grenzenden Gefühls- und Phantasie¬
leben konnte ans jener ruhelosen, aufgeregten, ausgemergelten Zeit herstammen:
^>aus, Viktor Hugo, Musset, Gautier u. s. w., sie alle sind in jenen aus¬
übenden Zeiten der napoleonischen Feldzüge geboren.
Taille sagt von Napoleon: I^a ZiMriltars «zIvMuiw vt g»v»ut<?, 1a piiilo-
^»plüg c>g (z^l)iri(zi: et ete «alö«, alone »os voiltcuipuriuns 8vnd imlui^, a Zlissv
"ur son intvUiAsnov ovmmo »ur nun roclio aure. Diese Charakteristik paßt
"'ehr oder Nieniger auf alle hervorragenden Gestalten jener Tage; kein Wunder,
daß gegen diese Einseitigkeit des berechnenden Verstandes, gegen die wachsende
Gefühlsroheit und Gemütsleere eine Reaktion reicher angelegter Geister hervor¬
breche» uinßte. Unter diesem Gesichtspunkte kann man ohne Frage Napoleon
als den mittelbaren Vater der Romantik bezeichnen; aus Rousseaus littera-
r>Jeder Wirksamkeit allein darf man aber jene Erscheinung nicht folgern. Die
Rückkehr zur Natur und die Freude an der Beschäftigung mit ihren Gegeu-
stniideu ist nicht zum wenigsten anch ein Verdienst von Buffons anregend ge¬
schriebenen und vielgeleseneni Werke I/ni8t,i»ir0 imturello; auch Voltaires nicht
unbedeutender Einfluß auf den Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, z. B.
^uf Chateaubriand und Lamartine, ließe sich leicht nachweisen und hätte von
-pellissier gebührend erwähnt werden müssen. Dagegen hat er Andre Chouiers
^edeutung für die Entstehung der romantischen Schule überschätzt; bahnbrechend
^unde Chenier schou deshalb nicht wirken, weil seine Dichtungen erst im
^ahre 181!», fünfundzwanzig Jahre nach seiner Hinrichtung, veröffentlicht
Wurden, also zu einer Zeit, wo die Grundwerke der Romantik: l.v 66rio <In
dnstiAnisme von Chateaubriand und Madame de Staclls Schriften l.'/Vile-
^'^No nud I^itterawre bereits erschiene» waren; bedeutungsvoll lind eiil-
utzreich lvird Chsnier erst für das zweite Geschlecht der Romantiker, sür
mulier, Bnnville, Leeonte de Liste und zu»i Teil für Sully-Proudhomme.
Die zweite in unserm Jahrhundert auftauchende, gegen die Romantik
litterarische Strömung, den Realismus, möchte Pellissier ans Diderot
^'ckführen; er sagt von ihm: „Vergessen oder verachtet seit einem halben
/'^hundert, wurde er von den Geistern, die vor vierzig oder fünfzig Jahre»
j^en die Romantik einen unvermeidlichen Rückschlag ausführten, als ihr Vor-
Zuerkannt. Von ihm stammte» schon in mehr oder weniger gerader
!hre» ^' ^^"^^"^ ""^ die Balzaes des ersten Zeitraumes ab; von ihm leiten
„ Sprung auch in dem zweite» alle ab, die die allgemeine Bewegung
der s ^irgmvssischeu Litteratur auf das Gebiet der genauen Beobachtung »ut
dies. Wiedergabe der si»»fälligen Wirklichkeit gelenkt haben." Aber
in Gegenstrom ist doch ans andre Quellen als Diderots Grundsätze zurück-
(«!^"/ Aufbliihe» der exakten Wissenschaften, die Abneigung gegen
"re
nzbvtm II 139g 22
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |