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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Die Prüfungskommissionen für Ginjährig-Freiwillige

gebildetes Mitglied der Regierung (gewöhnlich ein Regierungsrat, der den
Vorsitz führt) und zwei Offiziere. Die außerordentlichen Mitglieder sind Lehrer
höherer Anstalten der Negierungsstadt und nieist auch einer der Regiernngs-
schulrcite.

Die Prüfung bei der Kommission dauert zwei Tage. Am ersten Tage werden
die schriftlichen Arbeiten geliefert, am Tage darauf folgt die mündliche Prüfung.
Die außerordentlichen Mitglieder haben die Aufgaben zu stellen, die Arbeiten
durchzusehen und dann die, die nach günstigem Ausfall der schriftlichen Arbeiten
derbleiben, zu prüfen.

Am Schlüsse der Prüfung wird über die einzelnen Prüflinge abgestimmt,
und es ist wohl natürlich, daß für die ordentlichen Mitglieder das Urteil der
außerordentlichen (technischen) Mitglieder maßgebend ist. Es sind aber auch
einige Fälle bekannt geworden, wo die außerordentlichen Mitglieder die
Leistungen eines Prüflings für nicht genügend erklärten, die ordentlichen Mit¬
glieder ihm aber trotzdem das "Zeugnis über die wissenschaftliche Befähigung
für den einjährig-freiwilligen Dienst" erteilten. Daß die außerordentliche"
Mitglieder infolge dessen auf weiteres Mitarbeiten in der Kommission ver¬
zichteten, darf Wohl nicht Wunder nehmen. Solche Vorkommnisse gehören
aber glücklicherweise zu den Seltenheiten.

Trotzdem dürfte wohl die Frage berechtigt sein: Ist die Zusammensetzung
der Kommission richtig? Daß ein Regiernugsbenmter deu Vorsitz führt, ist
recht und billig, da ja die Prüfung bei der Regierung stattfindet. Aber
darüber ließe sich wohl streiten, ob es nicht rätlicher wäre, daß statt des
juristisch gebildeten Negiernngsrates einer der Regierungsschulräte den Vorsitz
übernähme. Daß aber neben dem Regierungsrate noch zwei Offiziere ordentliche
Mitglieder siud, dafür dürfte sich wohl kein andrer Grund geltend machen
^sser, als der, daß aus der Mitte der Prüflinge doch einmal Soldaten und
dielleicht sogar Offiziere hervorgehen können. Wäre aber dieser Grund be¬
rechtigt, daun müßten wir noch in manchen andern Prüfungskommissionen
Offiziere finden. Hier handelt es sich doch nur darum, die wissenschaftliche
Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienste darzuthun. Ob sich der Prüfung
Sum Offizier eignet, darüber zu entscheiden wird später Pflicht der Militärs
Und zwar ausschließlich Pflicht dieser sein. Es ist daher die Ansicht des Ver-
^ssers dieser Zeilen -- bei aller Hochachtung vor unsern Offizieren --, daß
dieser .Kommission die Anwesenheit von zwei Offizieren unnötig sei.

Dann sollte aber auch die Scheidung in außerordentliche und ordentliche
Mitglieder fallen gelassen werden. Es sollte dieselbe Einrichtung geschaffen
Werden wie bei der Abiturientenprüfnng. Wie dort unter dem Vorsitze des
-provinzialschulrntes die der Prüfungskommission allgehörenden Lehrer ihres
^untes walten, so sollte es auch hier unter dem Vorsitz eines Vertreters der
'^gierung geschehen.


Die Prüfungskommissionen für Ginjährig-Freiwillige

gebildetes Mitglied der Regierung (gewöhnlich ein Regierungsrat, der den
Vorsitz führt) und zwei Offiziere. Die außerordentlichen Mitglieder sind Lehrer
höherer Anstalten der Negierungsstadt und nieist auch einer der Regiernngs-
schulrcite.

Die Prüfung bei der Kommission dauert zwei Tage. Am ersten Tage werden
die schriftlichen Arbeiten geliefert, am Tage darauf folgt die mündliche Prüfung.
Die außerordentlichen Mitglieder haben die Aufgaben zu stellen, die Arbeiten
durchzusehen und dann die, die nach günstigem Ausfall der schriftlichen Arbeiten
derbleiben, zu prüfen.

Am Schlüsse der Prüfung wird über die einzelnen Prüflinge abgestimmt,
und es ist wohl natürlich, daß für die ordentlichen Mitglieder das Urteil der
außerordentlichen (technischen) Mitglieder maßgebend ist. Es sind aber auch
einige Fälle bekannt geworden, wo die außerordentlichen Mitglieder die
Leistungen eines Prüflings für nicht genügend erklärten, die ordentlichen Mit¬
glieder ihm aber trotzdem das „Zeugnis über die wissenschaftliche Befähigung
für den einjährig-freiwilligen Dienst" erteilten. Daß die außerordentliche»
Mitglieder infolge dessen auf weiteres Mitarbeiten in der Kommission ver¬
zichteten, darf Wohl nicht Wunder nehmen. Solche Vorkommnisse gehören
aber glücklicherweise zu den Seltenheiten.

Trotzdem dürfte wohl die Frage berechtigt sein: Ist die Zusammensetzung
der Kommission richtig? Daß ein Regiernugsbenmter deu Vorsitz führt, ist
recht und billig, da ja die Prüfung bei der Regierung stattfindet. Aber
darüber ließe sich wohl streiten, ob es nicht rätlicher wäre, daß statt des
juristisch gebildeten Negiernngsrates einer der Regierungsschulräte den Vorsitz
übernähme. Daß aber neben dem Regierungsrate noch zwei Offiziere ordentliche
Mitglieder siud, dafür dürfte sich wohl kein andrer Grund geltend machen
^sser, als der, daß aus der Mitte der Prüflinge doch einmal Soldaten und
dielleicht sogar Offiziere hervorgehen können. Wäre aber dieser Grund be¬
rechtigt, daun müßten wir noch in manchen andern Prüfungskommissionen
Offiziere finden. Hier handelt es sich doch nur darum, die wissenschaftliche
Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienste darzuthun. Ob sich der Prüfung
Sum Offizier eignet, darüber zu entscheiden wird später Pflicht der Militärs
Und zwar ausschließlich Pflicht dieser sein. Es ist daher die Ansicht des Ver-
^ssers dieser Zeilen — bei aller Hochachtung vor unsern Offizieren —, daß
dieser .Kommission die Anwesenheit von zwei Offizieren unnötig sei.

Dann sollte aber auch die Scheidung in außerordentliche und ordentliche
Mitglieder fallen gelassen werden. Es sollte dieselbe Einrichtung geschaffen
Werden wie bei der Abiturientenprüfnng. Wie dort unter dem Vorsitze des
-provinzialschulrntes die der Prüfungskommission allgehörenden Lehrer ihres
^untes walten, so sollte es auch hier unter dem Vorsitz eines Vertreters der
'^gierung geschehen.


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[0141] Die Prüfungskommissionen für Ginjährig-Freiwillige gebildetes Mitglied der Regierung (gewöhnlich ein Regierungsrat, der den Vorsitz führt) und zwei Offiziere. Die außerordentlichen Mitglieder sind Lehrer höherer Anstalten der Negierungsstadt und nieist auch einer der Regiernngs- schulrcite. Die Prüfung bei der Kommission dauert zwei Tage. Am ersten Tage werden die schriftlichen Arbeiten geliefert, am Tage darauf folgt die mündliche Prüfung. Die außerordentlichen Mitglieder haben die Aufgaben zu stellen, die Arbeiten durchzusehen und dann die, die nach günstigem Ausfall der schriftlichen Arbeiten derbleiben, zu prüfen. Am Schlüsse der Prüfung wird über die einzelnen Prüflinge abgestimmt, und es ist wohl natürlich, daß für die ordentlichen Mitglieder das Urteil der außerordentlichen (technischen) Mitglieder maßgebend ist. Es sind aber auch einige Fälle bekannt geworden, wo die außerordentlichen Mitglieder die Leistungen eines Prüflings für nicht genügend erklärten, die ordentlichen Mit¬ glieder ihm aber trotzdem das „Zeugnis über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst" erteilten. Daß die außerordentliche» Mitglieder infolge dessen auf weiteres Mitarbeiten in der Kommission ver¬ zichteten, darf Wohl nicht Wunder nehmen. Solche Vorkommnisse gehören aber glücklicherweise zu den Seltenheiten. Trotzdem dürfte wohl die Frage berechtigt sein: Ist die Zusammensetzung der Kommission richtig? Daß ein Regiernugsbenmter deu Vorsitz führt, ist recht und billig, da ja die Prüfung bei der Regierung stattfindet. Aber darüber ließe sich wohl streiten, ob es nicht rätlicher wäre, daß statt des juristisch gebildeten Negiernngsrates einer der Regierungsschulräte den Vorsitz übernähme. Daß aber neben dem Regierungsrate noch zwei Offiziere ordentliche Mitglieder siud, dafür dürfte sich wohl kein andrer Grund geltend machen ^sser, als der, daß aus der Mitte der Prüflinge doch einmal Soldaten und dielleicht sogar Offiziere hervorgehen können. Wäre aber dieser Grund be¬ rechtigt, daun müßten wir noch in manchen andern Prüfungskommissionen Offiziere finden. Hier handelt es sich doch nur darum, die wissenschaftliche Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienste darzuthun. Ob sich der Prüfung Sum Offizier eignet, darüber zu entscheiden wird später Pflicht der Militärs Und zwar ausschließlich Pflicht dieser sein. Es ist daher die Ansicht des Ver- ^ssers dieser Zeilen — bei aller Hochachtung vor unsern Offizieren —, daß dieser .Kommission die Anwesenheit von zwei Offizieren unnötig sei. Dann sollte aber auch die Scheidung in außerordentliche und ordentliche Mitglieder fallen gelassen werden. Es sollte dieselbe Einrichtung geschaffen Werden wie bei der Abiturientenprüfnng. Wie dort unter dem Vorsitze des -provinzialschulrntes die der Prüfungskommission allgehörenden Lehrer ihres ^untes walten, so sollte es auch hier unter dem Vorsitz eines Vertreters der '^gierung geschehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/141>, abgerufen am 29.06.2024.