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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Deutsch-Oswfrira

durch i" eine "Deutsch-Ostnfrikanische Gesellschaft" vern'urteile "ut sich dünn
juristisch den Charakter einer Kommanditgesellschaft mit der Firiun "Karl Peters
und Genossen" gab? Das Direktorium (Peters, Dr. F. Lange, Konsul Rogh6,
Hofgärtner Jühlke und Graf Behr) konstituirte sich als Gesellschaft mit Haftung
seiner sämtlichen Mitglieder, und die Inhaber von Anteilscheinen traten als
stille Teilnehmer zu ihm in ein Vertragsverhältnis. Die Exekutive übertrug
man dein Dr. Peters durch Generalvollmacht vom 9. April 1^85, in der es
hieß: "Insbesondre ist derselbe ermächtigt, die Beamten im Name" des
Direktoriums anzustellen, zu befördern, zu entlassen, die Aufsicht über dieselben
zu führen, administrative Anordnungen selbständig zu treffen, Befehle zu
erteilen, die Disziplin zu handhaben und Disziplinarstrafen zu verhängen. Diese
Vollmacht hat Bezug auf alle Beamte der Gesellschaft in Deutschland wie in
Afrika und sonst an andern Orten, Zivil- und Militärbeamte. In drillglichen
Fällen ist Herr Dr. Peters ermächtigt, Maßregeln und Bestimmungen für die In¬
teressen der Gesellschaft auch ohne vorherige Einholung eines Direktorialbeschlusses
zu treffen; indes ist er für derartige Akte dein Direktorium verantwortlich."

Eine straffere Organisation ist kaum denkbar, Peters besaß sast die Be¬
fugnisse eines Diktators. Er arbeitete nun ohne Verzug neue Pläne zu Laud-
erwerbnngen in Ostafrika aus, und auf.seine Befehle, die mit lakonischer Kürze
deu Viktoria-Nhnnza und den Nyassa-See als Richtpunkte angaben, wurden
folgende neue Landschaften uuter die Oberhoheit der Gesellschaft gebracht:
1) im Dezember 1885 die nordöstliche Küste des Somalilandes von Halnle
bis Warschech; 2) südlich von da das Land an der Mündung des Wnbnschi,
um dieselbe Zeit; ein Strich im Norden und Süden des Sabali, im Januar
l88lZ; ferner 4) die Landschaften Usambara, Pare und Dschagga am Kilima-
ndscharo, im Mai 1885; baun 5, Usnrmnv, im Mai desselben Jahres;
6) Kudu, im darauf folgenden Juni; endlich 7) im November 1885 llchehe,
Mähenge, Ubena und das Land der Wakindv zwischen den Flüssen Rufitschi
und Rovuma. Das Verfahren dabei war dasselbe wie früher, doch enthielten
die Verträge nicht mehr den Übergang des ganzen Gebietes in den Privat¬
besitz der Gesellschaft, sondern mir deren Recht, sich auf noch unbebauten
Boden niederzulassen.

Mit diesen fieberhaft beschleunigten Landerwerbnngen war zwar kein Rechts-
zustand geschaffen, dem die eingebornen Negerfürsten sich in jeder Hinsicht
hätten fügen müssen, wohl aber hatte" die Deutschen durch die betreffenden
Verträge ihre Hand wieder ans ein ausgedehntes Gebiet gelegt, das sich an¬
zueignen andern Nationen von jetzt an mit Entschiedenheit verwehrt werden
konnte. Einspruch dagegen war zunächst von Sansibar zu erwarten, dessen
Sultan den Küstenstrich vom Tana bis zum Rovuma dnrch Walls (Statt¬
halter) beherrschte und hie und da mit Truppen besetzt hielt, und der mittelbar
auch auf die Negerfnrsten des Binnenlandes dnrch die arabischen Händler,


Deutsch-Oswfrira

durch i» eine „Deutsch-Ostnfrikanische Gesellschaft" vern'urteile »ut sich dünn
juristisch den Charakter einer Kommanditgesellschaft mit der Firiun „Karl Peters
und Genossen" gab? Das Direktorium (Peters, Dr. F. Lange, Konsul Rogh6,
Hofgärtner Jühlke und Graf Behr) konstituirte sich als Gesellschaft mit Haftung
seiner sämtlichen Mitglieder, und die Inhaber von Anteilscheinen traten als
stille Teilnehmer zu ihm in ein Vertragsverhältnis. Die Exekutive übertrug
man dein Dr. Peters durch Generalvollmacht vom 9. April 1^85, in der es
hieß: „Insbesondre ist derselbe ermächtigt, die Beamten im Name» des
Direktoriums anzustellen, zu befördern, zu entlassen, die Aufsicht über dieselben
zu führen, administrative Anordnungen selbständig zu treffen, Befehle zu
erteilen, die Disziplin zu handhaben und Disziplinarstrafen zu verhängen. Diese
Vollmacht hat Bezug auf alle Beamte der Gesellschaft in Deutschland wie in
Afrika und sonst an andern Orten, Zivil- und Militärbeamte. In drillglichen
Fällen ist Herr Dr. Peters ermächtigt, Maßregeln und Bestimmungen für die In¬
teressen der Gesellschaft auch ohne vorherige Einholung eines Direktorialbeschlusses
zu treffen; indes ist er für derartige Akte dein Direktorium verantwortlich."

Eine straffere Organisation ist kaum denkbar, Peters besaß sast die Be¬
fugnisse eines Diktators. Er arbeitete nun ohne Verzug neue Pläne zu Laud-
erwerbnngen in Ostafrika aus, und auf.seine Befehle, die mit lakonischer Kürze
deu Viktoria-Nhnnza und den Nyassa-See als Richtpunkte angaben, wurden
folgende neue Landschaften uuter die Oberhoheit der Gesellschaft gebracht:
1) im Dezember 1885 die nordöstliche Küste des Somalilandes von Halnle
bis Warschech; 2) südlich von da das Land an der Mündung des Wnbnschi,
um dieselbe Zeit; ein Strich im Norden und Süden des Sabali, im Januar
l88lZ; ferner 4) die Landschaften Usambara, Pare und Dschagga am Kilima-
ndscharo, im Mai 1885; baun 5, Usnrmnv, im Mai desselben Jahres;
6) Kudu, im darauf folgenden Juni; endlich 7) im November 1885 llchehe,
Mähenge, Ubena und das Land der Wakindv zwischen den Flüssen Rufitschi
und Rovuma. Das Verfahren dabei war dasselbe wie früher, doch enthielten
die Verträge nicht mehr den Übergang des ganzen Gebietes in den Privat¬
besitz der Gesellschaft, sondern mir deren Recht, sich auf noch unbebauten
Boden niederzulassen.

Mit diesen fieberhaft beschleunigten Landerwerbnngen war zwar kein Rechts-
zustand geschaffen, dem die eingebornen Negerfürsten sich in jeder Hinsicht
hätten fügen müssen, wohl aber hatte» die Deutschen durch die betreffenden
Verträge ihre Hand wieder ans ein ausgedehntes Gebiet gelegt, das sich an¬
zueignen andern Nationen von jetzt an mit Entschiedenheit verwehrt werden
konnte. Einspruch dagegen war zunächst von Sansibar zu erwarten, dessen
Sultan den Küstenstrich vom Tana bis zum Rovuma dnrch Walls (Statt¬
halter) beherrschte und hie und da mit Truppen besetzt hielt, und der mittelbar
auch auf die Negerfnrsten des Binnenlandes dnrch die arabischen Händler,


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[0063] Deutsch-Oswfrira durch i» eine „Deutsch-Ostnfrikanische Gesellschaft" vern'urteile »ut sich dünn juristisch den Charakter einer Kommanditgesellschaft mit der Firiun „Karl Peters und Genossen" gab? Das Direktorium (Peters, Dr. F. Lange, Konsul Rogh6, Hofgärtner Jühlke und Graf Behr) konstituirte sich als Gesellschaft mit Haftung seiner sämtlichen Mitglieder, und die Inhaber von Anteilscheinen traten als stille Teilnehmer zu ihm in ein Vertragsverhältnis. Die Exekutive übertrug man dein Dr. Peters durch Generalvollmacht vom 9. April 1^85, in der es hieß: „Insbesondre ist derselbe ermächtigt, die Beamten im Name» des Direktoriums anzustellen, zu befördern, zu entlassen, die Aufsicht über dieselben zu führen, administrative Anordnungen selbständig zu treffen, Befehle zu erteilen, die Disziplin zu handhaben und Disziplinarstrafen zu verhängen. Diese Vollmacht hat Bezug auf alle Beamte der Gesellschaft in Deutschland wie in Afrika und sonst an andern Orten, Zivil- und Militärbeamte. In drillglichen Fällen ist Herr Dr. Peters ermächtigt, Maßregeln und Bestimmungen für die In¬ teressen der Gesellschaft auch ohne vorherige Einholung eines Direktorialbeschlusses zu treffen; indes ist er für derartige Akte dein Direktorium verantwortlich." Eine straffere Organisation ist kaum denkbar, Peters besaß sast die Be¬ fugnisse eines Diktators. Er arbeitete nun ohne Verzug neue Pläne zu Laud- erwerbnngen in Ostafrika aus, und auf.seine Befehle, die mit lakonischer Kürze deu Viktoria-Nhnnza und den Nyassa-See als Richtpunkte angaben, wurden folgende neue Landschaften uuter die Oberhoheit der Gesellschaft gebracht: 1) im Dezember 1885 die nordöstliche Küste des Somalilandes von Halnle bis Warschech; 2) südlich von da das Land an der Mündung des Wnbnschi, um dieselbe Zeit; ein Strich im Norden und Süden des Sabali, im Januar l88lZ; ferner 4) die Landschaften Usambara, Pare und Dschagga am Kilima- ndscharo, im Mai 1885; baun 5, Usnrmnv, im Mai desselben Jahres; 6) Kudu, im darauf folgenden Juni; endlich 7) im November 1885 llchehe, Mähenge, Ubena und das Land der Wakindv zwischen den Flüssen Rufitschi und Rovuma. Das Verfahren dabei war dasselbe wie früher, doch enthielten die Verträge nicht mehr den Übergang des ganzen Gebietes in den Privat¬ besitz der Gesellschaft, sondern mir deren Recht, sich auf noch unbebauten Boden niederzulassen. Mit diesen fieberhaft beschleunigten Landerwerbnngen war zwar kein Rechts- zustand geschaffen, dem die eingebornen Negerfürsten sich in jeder Hinsicht hätten fügen müssen, wohl aber hatte» die Deutschen durch die betreffenden Verträge ihre Hand wieder ans ein ausgedehntes Gebiet gelegt, das sich an¬ zueignen andern Nationen von jetzt an mit Entschiedenheit verwehrt werden konnte. Einspruch dagegen war zunächst von Sansibar zu erwarten, dessen Sultan den Küstenstrich vom Tana bis zum Rovuma dnrch Walls (Statt¬ halter) beherrschte und hie und da mit Truppen besetzt hielt, und der mittelbar auch auf die Negerfnrsten des Binnenlandes dnrch die arabischen Händler,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/63>, abgerufen am 23.07.2024.