Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Die Aussicht nach Süden schließt das hochgelegene Schloß Friedrichsberg Aber wenn auch von Naturschönheiten entblößt, ist die Gegend doch für Ich hatte hier herumstreifend meinen Nachmittag verbracht. Während ich Guten Abend, sagte ich. Er erwiderte den Gruß, musterte mich aber, Haben Sie viel erbeutet? fragte ich weiter, als ich bemerkte, daß er eine Nicht ein Stück, versicherte er eifrig und fügte dann in vorsichtig son- Das gerade uicht, ich habe aber die Erlaubnis, hier zu jagen, und das Nein, so eigentliche Erlaubnis - das wäre wohl zu viel gesagt, doch Ich fühlte mich unwillkürlich durch diese Art von Beweisführung, die Es ergab sich, daß ich es mit einem etwa vierzigjährigen Manne zu thun Die Aussicht nach Süden schließt das hochgelegene Schloß Friedrichsberg Aber wenn auch von Naturschönheiten entblößt, ist die Gegend doch für Ich hatte hier herumstreifend meinen Nachmittag verbracht. Während ich Guten Abend, sagte ich. Er erwiderte den Gruß, musterte mich aber, Haben Sie viel erbeutet? fragte ich weiter, als ich bemerkte, daß er eine Nicht ein Stück, versicherte er eifrig und fügte dann in vorsichtig son- Das gerade uicht, ich habe aber die Erlaubnis, hier zu jagen, und das Nein, so eigentliche Erlaubnis - das wäre wohl zu viel gesagt, doch Ich fühlte mich unwillkürlich durch diese Art von Beweisführung, die Es ergab sich, daß ich es mit einem etwa vierzigjährigen Manne zu thun <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0477" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207122"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1278"> Die Aussicht nach Süden schließt das hochgelegene Schloß Friedrichsberg<lb/> ab mit seinem großen Lustgarten und seinem herrlichen Walde, darunter dehnen<lb/> sich die weitläufigen Gebäude der weltberühmten Brauereien Alt- und Neu-<lb/> Karlsberg aus, deren hochsiuuige Besitzer, Jacobsen Vater und Sohn, einen<lb/> guten Teil ihrer vielen Millionen für Kunst- und Wissenschaftszwecke verwendet<lb/> haben. Weiter im Bordergrunde liegt eine mächtige Ziegelei, die mit ihren<lb/> riesigen Ausgrabungen in dem blaugrauen Thon und mit den aufgeworfenen<lb/> hohen Dämmen wie ein offenes Bergwerk erscheint, oder, wenn die Kanonen<lb/> von dem gegenüberliegenden Anack donnern, wo der große Schießplatz der<lb/> Artillerie liegt, wie die Außenwerke einer belagerten Festung aussehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1279"> Aber wenn auch von Naturschönheiten entblößt, ist die Gegend doch für<lb/> den Jäger keineswegs reizlos, denn hier kann er in der Herbstzeit, wenn die<lb/> Züge der aus dem Norden kommenden Vögel Dänemark Passiren, auf eine<lb/> gute Beute an Enten, Schnepfen, Bekassinen und dergleichen rechnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1280"> Ich hatte hier herumstreifend meinen Nachmittag verbracht. Während ich<lb/> eben überlegte, ob ich den Rückweg antreten oder es noch mit einem zweifel¬<lb/> haften Enteuzug versuchen sollte, bemerkte ich etwa hundert Schritte vor mir<lb/> meinen Hund in knurrenden low-Ä-toto mit einem struppigen, weißscheckigen<lb/> Köter, und in demselben Augenblicke tauchte hinter dem Damm eine menschliche<lb/> Gestalt auf. Ich pfiff meinem Hund, der Unbekannte dein seinigen, und nach<lb/> wenigen Augenblicken standen nur uns gegenüber.</p><lb/> <p xml:id="ID_1281"> Guten Abend, sagte ich. Er erwiderte den Gruß, musterte mich aber,<lb/> wie es schien, mit etwas scheuem Blick.</p><lb/> <p xml:id="ID_1282"> Haben Sie viel erbeutet? fragte ich weiter, als ich bemerkte, daß er eine<lb/> Flinte trug.</p><lb/> <p xml:id="ID_1283"> Nicht ein Stück, versicherte er eifrig und fügte dann in vorsichtig son-<lb/> direndem Tone hinzu: Sie sind wohl der Inhaber des Terrains hier herum?</p><lb/> <p xml:id="ID_1284"> Das gerade uicht, ich habe aber die Erlaubnis, hier zu jagen, und das<lb/> ist wohl auch bei Ihnen der Fall?</p><lb/> <p xml:id="ID_1285"> Nein, so eigentliche Erlaubnis - das wäre wohl zu viel gesagt, doch<lb/> wird mir schwerlich deshalb jemand etwas anhaben. Wollte man mir dort<lb/> schießen, wo es einem erlaubt ist, so würde es wohl heutzutage mit der Jagd<lb/> dürftig aussehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1286"> Ich fühlte mich unwillkürlich durch diese Art von Beweisführung, die<lb/> in sehr besonnenen Tone vorgetragen wurde, geschlagen und ging dem Un-<lb/> bekannten etwas näher auf den Leib, um trotz der Dämmerung wegzubekommen,<lb/> wie er wohl aussähe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1287" next="#ID_1288"> Es ergab sich, daß ich es mit einem etwa vierzigjährigen Manne zu thun<lb/> hatte, dessen Gesicht zwar recht hübsch war, aber doch etwas ausdruckslos<lb/> genannt werden mußte. Sowohl seine Sprache, die einen wenn auch nur<lb/> schwachen, so doch unverkennbare» südländischen Anklang hatte, als sein ganzes</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0477]
Die Aussicht nach Süden schließt das hochgelegene Schloß Friedrichsberg
ab mit seinem großen Lustgarten und seinem herrlichen Walde, darunter dehnen
sich die weitläufigen Gebäude der weltberühmten Brauereien Alt- und Neu-
Karlsberg aus, deren hochsiuuige Besitzer, Jacobsen Vater und Sohn, einen
guten Teil ihrer vielen Millionen für Kunst- und Wissenschaftszwecke verwendet
haben. Weiter im Bordergrunde liegt eine mächtige Ziegelei, die mit ihren
riesigen Ausgrabungen in dem blaugrauen Thon und mit den aufgeworfenen
hohen Dämmen wie ein offenes Bergwerk erscheint, oder, wenn die Kanonen
von dem gegenüberliegenden Anack donnern, wo der große Schießplatz der
Artillerie liegt, wie die Außenwerke einer belagerten Festung aussehen.
Aber wenn auch von Naturschönheiten entblößt, ist die Gegend doch für
den Jäger keineswegs reizlos, denn hier kann er in der Herbstzeit, wenn die
Züge der aus dem Norden kommenden Vögel Dänemark Passiren, auf eine
gute Beute an Enten, Schnepfen, Bekassinen und dergleichen rechnen.
Ich hatte hier herumstreifend meinen Nachmittag verbracht. Während ich
eben überlegte, ob ich den Rückweg antreten oder es noch mit einem zweifel¬
haften Enteuzug versuchen sollte, bemerkte ich etwa hundert Schritte vor mir
meinen Hund in knurrenden low-Ä-toto mit einem struppigen, weißscheckigen
Köter, und in demselben Augenblicke tauchte hinter dem Damm eine menschliche
Gestalt auf. Ich pfiff meinem Hund, der Unbekannte dein seinigen, und nach
wenigen Augenblicken standen nur uns gegenüber.
Guten Abend, sagte ich. Er erwiderte den Gruß, musterte mich aber,
wie es schien, mit etwas scheuem Blick.
Haben Sie viel erbeutet? fragte ich weiter, als ich bemerkte, daß er eine
Flinte trug.
Nicht ein Stück, versicherte er eifrig und fügte dann in vorsichtig son-
direndem Tone hinzu: Sie sind wohl der Inhaber des Terrains hier herum?
Das gerade uicht, ich habe aber die Erlaubnis, hier zu jagen, und das
ist wohl auch bei Ihnen der Fall?
Nein, so eigentliche Erlaubnis - das wäre wohl zu viel gesagt, doch
wird mir schwerlich deshalb jemand etwas anhaben. Wollte man mir dort
schießen, wo es einem erlaubt ist, so würde es wohl heutzutage mit der Jagd
dürftig aussehen.
Ich fühlte mich unwillkürlich durch diese Art von Beweisführung, die
in sehr besonnenen Tone vorgetragen wurde, geschlagen und ging dem Un-
bekannten etwas näher auf den Leib, um trotz der Dämmerung wegzubekommen,
wie er wohl aussähe.
Es ergab sich, daß ich es mit einem etwa vierzigjährigen Manne zu thun
hatte, dessen Gesicht zwar recht hübsch war, aber doch etwas ausdruckslos
genannt werden mußte. Sowohl seine Sprache, die einen wenn auch nur
schwachen, so doch unverkennbare» südländischen Anklang hatte, als sein ganzes
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