Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.Schliemanns Ausgrabungen und Ägypten zusammenhängt. Diese Bölkerbeweguug schüttelte die griechischen Stämme ge¬ In die Zeit, wo aus dem Alten neues Leben emporblühte, führen uns Es sei zum Schluß gestattet, einige Stellen, die bisher nicht genügend Doch dies ist eine erdichtete Erzählung. In Wirklichkeit werden Wohl die Schliemanns Ausgrabungen und Ägypten zusammenhängt. Diese Bölkerbeweguug schüttelte die griechischen Stämme ge¬ In die Zeit, wo aus dem Alten neues Leben emporblühte, führen uns Es sei zum Schluß gestattet, einige Stellen, die bisher nicht genügend Doch dies ist eine erdichtete Erzählung. In Wirklichkeit werden Wohl die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0466" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207111"/> <fw type="header" place="top"> Schliemanns Ausgrabungen und Ägypten</fw><lb/> <p xml:id="ID_1250" prev="#ID_1249"> zusammenhängt. Diese Bölkerbeweguug schüttelte die griechischen Stämme ge¬<lb/> waltsam durch einander. Und wie bei der großen Völkerwanderung auf weiten»<lb/> Gebiet, so war schon damals innerhalb engerer Grenzen die nächste Folge ein<lb/> Rückschritt in der Nildung. Hochentwickelte Reiche wurden zertrümmert, weite<lb/> Handelsverbindungen durchschnitten. Wie eine Sage klang die Kunde von<lb/> der großen Vorzeit; wie Werke von Götterkraft und Riesenstärke erschienen<lb/> einem schwächern Geschlechte die Mauer» von Troja und Mykenü. Erst all¬<lb/> mählich und in Jahrhunderte langer Arbeit erreichten die Nachkommen eine<lb/> Bildung, die der untergegangenen ihrer Vorfahren wieder ebenbürtig war »ut<lb/> sie schließlich weit übertreffen sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1251"> In die Zeit, wo aus dem Alten neues Leben emporblühte, führen uns<lb/> die homerischen Gedichte. Und vielleicht lassen sich noch bei Homer Beweise<lb/> dafür finden, daß Ägypten selbst damals noch den Griechen, wenigstens den<lb/> kleinasiatischen Griechen nicht fremd gewesen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1252"> Es sei zum Schluß gestattet, einige Stellen, die bisher nicht genügend<lb/> beachtet worden sind, hier zusammenzustellen. Das Land wird bereits bei<lb/> Homer mit seinem spätern geschichtlichen Namen genannt: Aigyptos, entstanden<lb/> ans Hakaptah, einem Beinamen von Memphis; in ähnlicher Weise nannten<lb/> die Hebräer das Land Nops nach Nuptah, einem alten Beinamen derselben<lb/> Stadt. Die jüngere Königsstadt Ägyptens, Theben (ägyptisch T-Api), das<lb/> schon in der Ilias als mächtigste Stadt erwähnt wird, erscheint in der Odyssee<lb/> als der Herrschersitz. Das Nilland ist, wie im ganzen spätern Altertum, durch<lb/> seine Heilmittel und Ärzte berühmt. Der Dichter des vierten Buches der<lb/> Odyssee kennt auch bereits die kleine Insel Pharos vor der kanopischen Nil-<lb/> mündung. Noch besser unterrichtet über Ägypten zeigt sich der Dichter des<lb/> vierzehnten Buches. Odysseus erzählt dem Eumäos seine angeblichen Aben¬<lb/> teuer. Er sei von seiner Heimat Kreta aus mit neun wohlgerüsteten Schiffen<lb/> zu einem Raubzug nach Ägypten gefahren. Bei günstigem Nordwind dauert<lb/> die Fahrt fünf Tage; nicht die bekannten „sieben Tage und sieben Nächte"<lb/> sind die Abenteurer unterwegs, sondern fünf Tage: dies entspricht durchaus<lb/> der wirklichen Entfernung und der bei längern Seefahrten durchschnittlichen<lb/> Geschwindigkeit antiker Fahrzeuge. Auch der weitere Bericht ist eigentümlich<lb/> genug. Der Raubzug nnßglückt. Die Gelandeten werden überfallen, nieder¬<lb/> gemetzelt oder gefangen. Unter den Kriegsgefangenen will sich auch der Er¬<lb/> zähler befunden haben. Der König nimmt sich seiner um. Sieben Jahre<lb/> bleibt er in Ägypten, verkehrt dort auch mit einem Phönizier und wird reich.<lb/> Mit dem Phönizier verläßt er endlich das Nilland, um über Phönizien in<lb/> seine Heimat zurückzukehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1253" next="#ID_1254"> Doch dies ist eine erdichtete Erzählung. In Wirklichkeit werden Wohl die<lb/> Ägypter ihre Kriegsgefangenen ganz anders behandelt haben. Auf den ägyp¬<lb/> tischen Denkmälern begegnen wir den gefangenen Schardana wieder, aber nicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0466]
Schliemanns Ausgrabungen und Ägypten
zusammenhängt. Diese Bölkerbeweguug schüttelte die griechischen Stämme ge¬
waltsam durch einander. Und wie bei der großen Völkerwanderung auf weiten»
Gebiet, so war schon damals innerhalb engerer Grenzen die nächste Folge ein
Rückschritt in der Nildung. Hochentwickelte Reiche wurden zertrümmert, weite
Handelsverbindungen durchschnitten. Wie eine Sage klang die Kunde von
der großen Vorzeit; wie Werke von Götterkraft und Riesenstärke erschienen
einem schwächern Geschlechte die Mauer» von Troja und Mykenü. Erst all¬
mählich und in Jahrhunderte langer Arbeit erreichten die Nachkommen eine
Bildung, die der untergegangenen ihrer Vorfahren wieder ebenbürtig war »ut
sie schließlich weit übertreffen sollte.
In die Zeit, wo aus dem Alten neues Leben emporblühte, führen uns
die homerischen Gedichte. Und vielleicht lassen sich noch bei Homer Beweise
dafür finden, daß Ägypten selbst damals noch den Griechen, wenigstens den
kleinasiatischen Griechen nicht fremd gewesen ist.
Es sei zum Schluß gestattet, einige Stellen, die bisher nicht genügend
beachtet worden sind, hier zusammenzustellen. Das Land wird bereits bei
Homer mit seinem spätern geschichtlichen Namen genannt: Aigyptos, entstanden
ans Hakaptah, einem Beinamen von Memphis; in ähnlicher Weise nannten
die Hebräer das Land Nops nach Nuptah, einem alten Beinamen derselben
Stadt. Die jüngere Königsstadt Ägyptens, Theben (ägyptisch T-Api), das
schon in der Ilias als mächtigste Stadt erwähnt wird, erscheint in der Odyssee
als der Herrschersitz. Das Nilland ist, wie im ganzen spätern Altertum, durch
seine Heilmittel und Ärzte berühmt. Der Dichter des vierten Buches der
Odyssee kennt auch bereits die kleine Insel Pharos vor der kanopischen Nil-
mündung. Noch besser unterrichtet über Ägypten zeigt sich der Dichter des
vierzehnten Buches. Odysseus erzählt dem Eumäos seine angeblichen Aben¬
teuer. Er sei von seiner Heimat Kreta aus mit neun wohlgerüsteten Schiffen
zu einem Raubzug nach Ägypten gefahren. Bei günstigem Nordwind dauert
die Fahrt fünf Tage; nicht die bekannten „sieben Tage und sieben Nächte"
sind die Abenteurer unterwegs, sondern fünf Tage: dies entspricht durchaus
der wirklichen Entfernung und der bei längern Seefahrten durchschnittlichen
Geschwindigkeit antiker Fahrzeuge. Auch der weitere Bericht ist eigentümlich
genug. Der Raubzug nnßglückt. Die Gelandeten werden überfallen, nieder¬
gemetzelt oder gefangen. Unter den Kriegsgefangenen will sich auch der Er¬
zähler befunden haben. Der König nimmt sich seiner um. Sieben Jahre
bleibt er in Ägypten, verkehrt dort auch mit einem Phönizier und wird reich.
Mit dem Phönizier verläßt er endlich das Nilland, um über Phönizien in
seine Heimat zurückzukehren.
Doch dies ist eine erdichtete Erzählung. In Wirklichkeit werden Wohl die
Ägypter ihre Kriegsgefangenen ganz anders behandelt haben. Auf den ägyp¬
tischen Denkmälern begegnen wir den gefangenen Schardana wieder, aber nicht
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