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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Das wetterrcitsel

Humor, der sich der komische" Wirkung kaum bewußt ist, als die absichtliche
Wahl komischer Stoffe oder die humoristische Behandlung ernster Gegenstände,
Mannichfaltigkeit in der Erfindung, charakteristische Vehaudluugsweise, treffender
Witz, das sind die Hauptvorzüge, die die antike komische Kunst, welche ihre
Stoffe in der Götter- und Heroenwelt, wie bei den gewöhnlichen Sterblichen
sucht, namentlich auszeichnen. Größe Meister, die sich besonders auf dies Ge¬
biet geworfen und dadurch Ruhm erlaugt haben, wie etwa in der moderne"
Malerei ein Teniers, Ostade, Hogarth u. s, w,, hat die antike Kunst
freilich nur wenig aufzuweisen; aber dafür war das Talent für komische Dar¬
stellung unter den gewöhnlichen Meistern des Handwerks und der Kleinkunst
allgemeiner verbreitet als in der Gegenwart. Denn ein Stück Künstler steckte
in jedem griechischen Handwerker, und wie ein Abglanz der klassischen Schön¬
heit eines Phidias selbst in dem schlichtesten Vasenbilde eines attischen Töpfer¬
meisters des fünften Jahrhunderts uoch zu erkennen ist, so blitzt auch in diese"
einfachen Schöpfungen, deren wir hier gedachten, nicht selten el" Funke aristo¬
phanische" Witzes oder meunndrischen Geistes n"f.




Das Wetterrätsel

<^leder einer, der sich um das große Wetterrätsel wagt! Herr
Oberlehrer Guido Lamprecht schreibt über Wetter, Erdbeben
und Erdenriuge Beiträge zur astronomischen und physi¬
kalischen Begründung der Wetterkunde (Zittau, Pahlsche
Buchhandlung, 1890). Das ist für vierzig Seiten genng ans
einmal, besonders wenn der Schluß der Arbeit darauf hinausläuft, für die
Erde ähnliche Ringe anzunehmen, wie sie der Saturn hat, lind ans ihrer
Stellung das jeweilige Wetter abzuleiten.

Die neuere Meteorologie hält die Vvrausbestinmuiiig des Wetters ans
längere Zeit für unmöglich, indem sie annimmt, daß sich entweder das Wetter
gleichsam von Fall zu Fall bilde und ohne höhere Gesetzmäßigkeit verlaufe
oder daß die Gesetze, nach denen sich das Wetter bildet, so mannichfaltig und
verwickelt seien, daß es völlig aussichtslos sei, zutreffende Formeln davon ab¬
zuleiten. Nun sind freilich innerhalb des Jahres oder einer Reihe von Jahren
gewisse Wetterperiode" z" beobachten, aber über das Eintreten und die Dauer


Das wetterrcitsel

Humor, der sich der komische» Wirkung kaum bewußt ist, als die absichtliche
Wahl komischer Stoffe oder die humoristische Behandlung ernster Gegenstände,
Mannichfaltigkeit in der Erfindung, charakteristische Vehaudluugsweise, treffender
Witz, das sind die Hauptvorzüge, die die antike komische Kunst, welche ihre
Stoffe in der Götter- und Heroenwelt, wie bei den gewöhnlichen Sterblichen
sucht, namentlich auszeichnen. Größe Meister, die sich besonders auf dies Ge¬
biet geworfen und dadurch Ruhm erlaugt haben, wie etwa in der moderne«
Malerei ein Teniers, Ostade, Hogarth u. s, w,, hat die antike Kunst
freilich nur wenig aufzuweisen; aber dafür war das Talent für komische Dar¬
stellung unter den gewöhnlichen Meistern des Handwerks und der Kleinkunst
allgemeiner verbreitet als in der Gegenwart. Denn ein Stück Künstler steckte
in jedem griechischen Handwerker, und wie ein Abglanz der klassischen Schön¬
heit eines Phidias selbst in dem schlichtesten Vasenbilde eines attischen Töpfer¬
meisters des fünften Jahrhunderts uoch zu erkennen ist, so blitzt auch in diese»
einfachen Schöpfungen, deren wir hier gedachten, nicht selten el» Funke aristo¬
phanische» Witzes oder meunndrischen Geistes n»f.




Das Wetterrätsel

<^leder einer, der sich um das große Wetterrätsel wagt! Herr
Oberlehrer Guido Lamprecht schreibt über Wetter, Erdbeben
und Erdenriuge Beiträge zur astronomischen und physi¬
kalischen Begründung der Wetterkunde (Zittau, Pahlsche
Buchhandlung, 1890). Das ist für vierzig Seiten genng ans
einmal, besonders wenn der Schluß der Arbeit darauf hinausläuft, für die
Erde ähnliche Ringe anzunehmen, wie sie der Saturn hat, lind ans ihrer
Stellung das jeweilige Wetter abzuleiten.

Die neuere Meteorologie hält die Vvrausbestinmuiiig des Wetters ans
längere Zeit für unmöglich, indem sie annimmt, daß sich entweder das Wetter
gleichsam von Fall zu Fall bilde und ohne höhere Gesetzmäßigkeit verlaufe
oder daß die Gesetze, nach denen sich das Wetter bildet, so mannichfaltig und
verwickelt seien, daß es völlig aussichtslos sei, zutreffende Formeln davon ab¬
zuleiten. Nun sind freilich innerhalb des Jahres oder einer Reihe von Jahren
gewisse Wetterperiode» z» beobachten, aber über das Eintreten und die Dauer


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[0382] Das wetterrcitsel Humor, der sich der komische» Wirkung kaum bewußt ist, als die absichtliche Wahl komischer Stoffe oder die humoristische Behandlung ernster Gegenstände, Mannichfaltigkeit in der Erfindung, charakteristische Vehaudluugsweise, treffender Witz, das sind die Hauptvorzüge, die die antike komische Kunst, welche ihre Stoffe in der Götter- und Heroenwelt, wie bei den gewöhnlichen Sterblichen sucht, namentlich auszeichnen. Größe Meister, die sich besonders auf dies Ge¬ biet geworfen und dadurch Ruhm erlaugt haben, wie etwa in der moderne« Malerei ein Teniers, Ostade, Hogarth u. s, w,, hat die antike Kunst freilich nur wenig aufzuweisen; aber dafür war das Talent für komische Dar¬ stellung unter den gewöhnlichen Meistern des Handwerks und der Kleinkunst allgemeiner verbreitet als in der Gegenwart. Denn ein Stück Künstler steckte in jedem griechischen Handwerker, und wie ein Abglanz der klassischen Schön¬ heit eines Phidias selbst in dem schlichtesten Vasenbilde eines attischen Töpfer¬ meisters des fünften Jahrhunderts uoch zu erkennen ist, so blitzt auch in diese» einfachen Schöpfungen, deren wir hier gedachten, nicht selten el» Funke aristo¬ phanische» Witzes oder meunndrischen Geistes n»f. Das Wetterrätsel <^leder einer, der sich um das große Wetterrätsel wagt! Herr Oberlehrer Guido Lamprecht schreibt über Wetter, Erdbeben und Erdenriuge Beiträge zur astronomischen und physi¬ kalischen Begründung der Wetterkunde (Zittau, Pahlsche Buchhandlung, 1890). Das ist für vierzig Seiten genng ans einmal, besonders wenn der Schluß der Arbeit darauf hinausläuft, für die Erde ähnliche Ringe anzunehmen, wie sie der Saturn hat, lind ans ihrer Stellung das jeweilige Wetter abzuleiten. Die neuere Meteorologie hält die Vvrausbestinmuiiig des Wetters ans längere Zeit für unmöglich, indem sie annimmt, daß sich entweder das Wetter gleichsam von Fall zu Fall bilde und ohne höhere Gesetzmäßigkeit verlaufe oder daß die Gesetze, nach denen sich das Wetter bildet, so mannichfaltig und verwickelt seien, daß es völlig aussichtslos sei, zutreffende Formeln davon ab¬ zuleiten. Nun sind freilich innerhalb des Jahres oder einer Reihe von Jahren gewisse Wetterperiode» z» beobachten, aber über das Eintreten und die Dauer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/382>, abgerufen am 23.07.2024.