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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Studien zur englischen Litteratur der Gegenwart

land eine Lehre a"z"nehme"; denn dort ist das Problem, einer ganzen Nation
eine billige, vernünftige und äußerst erfolgreiche Erziehung z" geben, schon
lange ausgearbeitet worden, noch ehe Frankreich oder England daran dachten,
daß es eine Erziehungsfrage zu lösen gebe.

Auf dem Gebiete der bildenden Künste hat die allgemeine weltmännische
Verschwommenheit der Englüuder allmählich alle nationalen Eigentümlichkeiten
unterdrückt; man geht sogar so weit, als das charakteristische Merkmal des
heutigen Englands den völligen Mangel an einem ausgeprägten nationalen
Stil in Sprache. Kunst und Litteratur zu bezeichnen. Und wenn Kork.lig u,
seinem Grundriß der englischen Litteratur sagt: "Das Zeitalter der Koll.gen
Viktorin ist kein goldnes Zeitalter für die englische Litteratur und darf sich
muh nicht entfernt mit dem Elisabethnnischen vergleichen, aber es 'se auch
kein Zeitalter des Verfalls. Es .mag berechtigt sein, die Dichter und Schrift¬
steller der Gegenwart als Epigonen zu bezeichnen, aber diese Epigonen sind
ihrer großen Ahnen würdig" - so kann das zuletzt ansgesprochne gunstrge
Urteil kaum uns die englische Litteratur der vergangnen zehn Jahre angewende
werden. Stedman^ Nnssprnch: I'eng'lWäs lloroisin ^na or^iimwn are not
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lische Litteratur der Gegenwart.

Auf dem Gebiete des Dramas und des nationalen Lustspiels ist der eng¬
lische Genius fast vollständig ermattet. Die Bühne hat in England ihren
Einfluß ans die höhern Gesellschaftsschichten schon lange verloren, ^nnysouv
"ut Brownings dramatische Dichtungen. Swiubnrnes Ltrmrt, und N^imo
kÄioro. Fields (^Mrlwö. ?air Ro^nrrncl und Lruw8 Hlwr, Br.dges Nero
und Websters ^Ils 3art"nos, die von der Tageskritik mit Beifall aufgenommen
wurden, können sich nur als Bnchdramen behaupte... Das Theater sinkt ovinus
schon Bleibtreu in seiner englischen Litteraturgeschichte hingewiesen hat. un.ner
ti'fer in der trostlosen Ausbeutung französischer Stücke und geht in.t seinen
zweifelhaften Machwerken unter dem Beifall eines nrteilslosen Publikums ganz
"uf in eiuer geschmacklosen Ausstattungswut. elle .""t lor ^u^uront in.et ello
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gegenwärtig bei allen Kulturvölker" ihre Heimat gefunden habe", nur nicht
i" Engla.it. Selbst in Frankreich, das sich seit Voltaire immer ablehnend
gegen den großen Britten gezeigt hat. scheint sich Shakespeare nach der glän¬
zenden Aufführung des Kaufmanns von Venedig im Odeontheater einzubürgern.
Es ist eine sehr bemerkenswerte Thatsache, wenn Brnnetiöre in der erste"
diesjährige" Nummer der Uvvuo ÜW (w.x No.iclW schreibt: ^xrös eiucimmto
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London versucht, die Dramen des genialen Dichters mit allem Flitterwerk und
Aufputz der modernen englischen Bühne aufzuführen; trotzdem ist das Publil


Studien zur englischen Litteratur der Gegenwart

land eine Lehre a»z»nehme»; denn dort ist das Problem, einer ganzen Nation
eine billige, vernünftige und äußerst erfolgreiche Erziehung z» geben, schon
lange ausgearbeitet worden, noch ehe Frankreich oder England daran dachten,
daß es eine Erziehungsfrage zu lösen gebe.

Auf dem Gebiete der bildenden Künste hat die allgemeine weltmännische
Verschwommenheit der Englüuder allmählich alle nationalen Eigentümlichkeiten
unterdrückt; man geht sogar so weit, als das charakteristische Merkmal des
heutigen Englands den völligen Mangel an einem ausgeprägten nationalen
Stil in Sprache. Kunst und Litteratur zu bezeichnen. Und wenn Kork.lig u,
seinem Grundriß der englischen Litteratur sagt: „Das Zeitalter der Koll.gen
Viktorin ist kein goldnes Zeitalter für die englische Litteratur und darf sich
muh nicht entfernt mit dem Elisabethnnischen vergleichen, aber es 'se auch
kein Zeitalter des Verfalls. Es .mag berechtigt sein, die Dichter und Schrift¬
steller der Gegenwart als Epigonen zu bezeichnen, aber diese Epigonen sind
ihrer großen Ahnen würdig" - so kann das zuletzt ansgesprochne gunstrge
Urteil kaum uns die englische Litteratur der vergangnen zehn Jahre angewende
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Auf dem Gebiete des Dramas und des nationalen Lustspiels ist der eng¬
lische Genius fast vollständig ermattet. Die Bühne hat in England ihren
Einfluß ans die höhern Gesellschaftsschichten schon lange verloren, ^nnysouv
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gegenwärtig bei allen Kulturvölker» ihre Heimat gefunden habe», nur nicht
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gegen den großen Britten gezeigt hat. scheint sich Shakespeare nach der glän¬
zenden Aufführung des Kaufmanns von Venedig im Odeontheater einzubürgern.
Es ist eine sehr bemerkenswerte Thatsache, wenn Brnnetiöre in der erste»
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[0139] Studien zur englischen Litteratur der Gegenwart land eine Lehre a»z»nehme»; denn dort ist das Problem, einer ganzen Nation eine billige, vernünftige und äußerst erfolgreiche Erziehung z» geben, schon lange ausgearbeitet worden, noch ehe Frankreich oder England daran dachten, daß es eine Erziehungsfrage zu lösen gebe. Auf dem Gebiete der bildenden Künste hat die allgemeine weltmännische Verschwommenheit der Englüuder allmählich alle nationalen Eigentümlichkeiten unterdrückt; man geht sogar so weit, als das charakteristische Merkmal des heutigen Englands den völligen Mangel an einem ausgeprägten nationalen Stil in Sprache. Kunst und Litteratur zu bezeichnen. Und wenn Kork.lig u, seinem Grundriß der englischen Litteratur sagt: „Das Zeitalter der Koll.gen Viktorin ist kein goldnes Zeitalter für die englische Litteratur und darf sich muh nicht entfernt mit dem Elisabethnnischen vergleichen, aber es 'se auch kein Zeitalter des Verfalls. Es .mag berechtigt sein, die Dichter und Schrift¬ steller der Gegenwart als Epigonen zu bezeichnen, aber diese Epigonen sind ihrer großen Ahnen würdig" - so kann das zuletzt ansgesprochne gunstrge Urteil kaum uns die englische Litteratur der vergangnen zehn Jahre angewende werden. Stedman^ Nnssprnch: I'eng'lWäs lloroisin ^na or^iimwn are not t° l)0 ^clMä 1))' llvr verso in tius irroment bezieht sich auf die ganze eng¬ lische Litteratur der Gegenwart. Auf dem Gebiete des Dramas und des nationalen Lustspiels ist der eng¬ lische Genius fast vollständig ermattet. Die Bühne hat in England ihren Einfluß ans die höhern Gesellschaftsschichten schon lange verloren, ^nnysouv "ut Brownings dramatische Dichtungen. Swiubnrnes Ltrmrt, und N^imo kÄioro. Fields (^Mrlwö. ?air Ro^nrrncl und Lruw8 Hlwr, Br.dges Nero und Websters ^Ils 3art»nos, die von der Tageskritik mit Beifall aufgenommen wurden, können sich nur als Bnchdramen behaupte... Das Theater sinkt ovinus schon Bleibtreu in seiner englischen Litteraturgeschichte hingewiesen hat. un.ner ti'fer in der trostlosen Ausbeutung französischer Stücke und geht in.t seinen zweifelhaften Machwerken unter dem Beifall eines nrteilslosen Publikums ganz "uf in eiuer geschmacklosen Ausstattungswut. elle .««t lor ^u^uront in.et ello n»i..^ .t.^rMvo ü'ein.,v. Ja man kann behal.pteu. daß Shakespeare» Dra.ne.. gegenwärtig bei allen Kulturvölker» ihre Heimat gefunden habe», nur nicht i" Engla.it. Selbst in Frankreich, das sich seit Voltaire immer ablehnend gegen den großen Britten gezeigt hat. scheint sich Shakespeare nach der glän¬ zenden Aufführung des Kaufmanns von Venedig im Odeontheater einzubürgern. Es ist eine sehr bemerkenswerte Thatsache, wenn Brnnetiöre in der erste» diesjährige» Nummer der Uvvuo ÜW (w.x No.iclW schreibt: ^xrös eiucimmto »"» et'llösitMo» o» as rüÄswros. et aussi Ä'um pou .to in-mvmsv volonte. !soma<zö - UVUL sülm ii In vmUv <le oomxreMrv LdaKvLxearo. Maki hat IN London versucht, die Dramen des genialen Dichters mit allem Flitterwerk und Aufputz der modernen englischen Bühne aufzuführen; trotzdem ist das Publil

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/139>, abgerufen am 23.07.2024.