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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Die Pforte, Frankreich und der Sklavenhandel

liehen Staaten der Union, während in den südlichen sich die Sklavenbevölkerung
durch die Fruchtbarkeit der Schwarzen rasch vermehrte, sodaß man dort 1860
fast vier Millionen unfreie Farbige zählte. Die Partei der Abolitionisten ver¬
anlaßte vielfache Anläufe zur Beseitigung der "eigentümlichen Einrichtung"
lMeulmr institution), die ihr als Unwesen erschien, für deren Beibehaltung
aber von der andern Seite geltend gemacht wurde, daß sie für die Wirtschaft
des Südens eine Lebensfrage sei, indem Tabak, Reis, Zuckerrohr und Baum¬
wolle, das ^aupterzeugnis der dortigen Pflanzer, sich nnr mit Hilfe schwarzer
Sklaven bauen ließen. So wurde denn das sogenannte Missouri-Kompronnß
von 1820, wonach die Sklaverei in den Gebieten nördlich vom 36. Grade für
immer aufgehoben sein sollte, durch die Kansasakte von 1854 beseitigt, in der
die Einführung, Beibehaltung und Abschaffung der Sklaverei zu einer Sache
freien Entschlusses jedes einzelnen der Vereinigten Staaten erklärt wurde.
Diesen: Rückschritte arbeiteten aber die Parteien der Republikaner u"d Freeso.ters
(Freibodenmänner) mit verdoppeltem Eifer entgegen, und l860 errangen diese
in der Wahl Lincolns zum Präsidenten den Sieg ans verfassungsmäßigen
Boden, der jedoch erst durch einen Bürgerkrieg gesichert werden mußte. Die
Proklamation vom l. Januar 1863, die alle Sklaven der Union samt ihrer
Nachkommenschaft befreite, war zunächst nnr eine Kriegsmaßregel, wurde aber
durch einen Kvugreßbeschluß vom 31. Januar des solgenden Jahres zum
Gesetz erhoben und der Verfassung eingefügt. Die gänzliche Niederwerfung
der Konföderirten des Südens, die sich 1865 vollzog, verschaffte diesem Gesetze
thatsächliche Anerkennung im ganzen Bundesstaate, und wirksame Bestimmungen
in Betreff der Ausführung sorgten in den einzelnen bisherigen Sklavenstaaten
für Praktische Verwirklichung der Neuerung. Diese schädigte die südlichen
Pflanzer außerordentlich, da sie ihnen die zum Betriebe ihrer Wirtschaft er¬
forderliche Arbeit großenteils entzog; denn die Neger ließen sich zu solcher frei¬
willig ,meist nur so weit bewegen, als sie durch ihre geringen Ansprüche an
das Leben und seine Bedürfnisse dazu gezwungen waren. Auch war ihre bis¬
herige Lage keineswegs so schrecklich gewesen, als die Hetzschriften der
Abolitionisten, z. V. der Roman "Onkel Toms Hütte." sie schilderten. Die
Sklaverei in Amerika mag, wenn man den ungleichen Wert der Rassen leugnen
darf, ein Unwesen sein, aber sie war dann hier wenigstens vielfach gemildert.
Abgesehen von einzelnen Sklavenhaltern, die dem Legree der Frau Bcecher
Stowe ungefähr glichen -- ungefähr, den" wer mißhandelte, quälte und tötete
sein Arbeitsvieh ans bloßem' grausamen Mutwillen? --, waren die südlichen
Pflanzer milde und rücksichtsvolle Herren ihrer farbigen Knechte, und diese
zeigten sich in der Regel ihren Besitzern treu und anhänglich. Das wurde in
fehr auffälliger und überraschender Weise während des Bürgerkrieges offenbar.
Die Abolitionisten, beiläufig durchaus nicht reine Menschenfreunde. sondern
vielfach grobe Heuchler und Spekulanten, behaupteten, die Schwarzen würden


Die Pforte, Frankreich und der Sklavenhandel

liehen Staaten der Union, während in den südlichen sich die Sklavenbevölkerung
durch die Fruchtbarkeit der Schwarzen rasch vermehrte, sodaß man dort 1860
fast vier Millionen unfreie Farbige zählte. Die Partei der Abolitionisten ver¬
anlaßte vielfache Anläufe zur Beseitigung der „eigentümlichen Einrichtung"
lMeulmr institution), die ihr als Unwesen erschien, für deren Beibehaltung
aber von der andern Seite geltend gemacht wurde, daß sie für die Wirtschaft
des Südens eine Lebensfrage sei, indem Tabak, Reis, Zuckerrohr und Baum¬
wolle, das ^aupterzeugnis der dortigen Pflanzer, sich nnr mit Hilfe schwarzer
Sklaven bauen ließen. So wurde denn das sogenannte Missouri-Kompronnß
von 1820, wonach die Sklaverei in den Gebieten nördlich vom 36. Grade für
immer aufgehoben sein sollte, durch die Kansasakte von 1854 beseitigt, in der
die Einführung, Beibehaltung und Abschaffung der Sklaverei zu einer Sache
freien Entschlusses jedes einzelnen der Vereinigten Staaten erklärt wurde.
Diesen: Rückschritte arbeiteten aber die Parteien der Republikaner u»d Freeso.ters
(Freibodenmänner) mit verdoppeltem Eifer entgegen, und l860 errangen diese
in der Wahl Lincolns zum Präsidenten den Sieg ans verfassungsmäßigen
Boden, der jedoch erst durch einen Bürgerkrieg gesichert werden mußte. Die
Proklamation vom l. Januar 1863, die alle Sklaven der Union samt ihrer
Nachkommenschaft befreite, war zunächst nnr eine Kriegsmaßregel, wurde aber
durch einen Kvugreßbeschluß vom 31. Januar des solgenden Jahres zum
Gesetz erhoben und der Verfassung eingefügt. Die gänzliche Niederwerfung
der Konföderirten des Südens, die sich 1865 vollzog, verschaffte diesem Gesetze
thatsächliche Anerkennung im ganzen Bundesstaate, und wirksame Bestimmungen
in Betreff der Ausführung sorgten in den einzelnen bisherigen Sklavenstaaten
für Praktische Verwirklichung der Neuerung. Diese schädigte die südlichen
Pflanzer außerordentlich, da sie ihnen die zum Betriebe ihrer Wirtschaft er¬
forderliche Arbeit großenteils entzog; denn die Neger ließen sich zu solcher frei¬
willig ,meist nur so weit bewegen, als sie durch ihre geringen Ansprüche an
das Leben und seine Bedürfnisse dazu gezwungen waren. Auch war ihre bis¬
herige Lage keineswegs so schrecklich gewesen, als die Hetzschriften der
Abolitionisten, z. V. der Roman „Onkel Toms Hütte." sie schilderten. Die
Sklaverei in Amerika mag, wenn man den ungleichen Wert der Rassen leugnen
darf, ein Unwesen sein, aber sie war dann hier wenigstens vielfach gemildert.
Abgesehen von einzelnen Sklavenhaltern, die dem Legree der Frau Bcecher
Stowe ungefähr glichen — ungefähr, den» wer mißhandelte, quälte und tötete
sein Arbeitsvieh ans bloßem' grausamen Mutwillen? —, waren die südlichen
Pflanzer milde und rücksichtsvolle Herren ihrer farbigen Knechte, und diese
zeigten sich in der Regel ihren Besitzern treu und anhänglich. Das wurde in
fehr auffälliger und überraschender Weise während des Bürgerkrieges offenbar.
Die Abolitionisten, beiläufig durchaus nicht reine Menschenfreunde. sondern
vielfach grobe Heuchler und Spekulanten, behaupteten, die Schwarzen würden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/115>, abgerufen am 25.08.2024.