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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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der öffentlichen Meinung eingeschlagen wissen wollte, und gerade die allge¬
meinen Wünsche sind ja, außer in den Kammerreden, Zeitungen u. f. w,, in
ihrer aufrichtigsten und herzlichsten Form in den eigentlichen politischen Zeit-
gedichteu niedergelegt worden. Aus deren erdrückender Fülle sind gerade so
viele für dieses Buch der Vergessenheit entrückt worden, daß die Abwege der
öffentlichen Meinung hie und da nebenbei erkannt werden können. Im übrigen
ist natürlich das Material, das gegen sie zeugt, möglichst beiseite geschoben,
"ut mit mehr Anteil und Liebe das, was ihr Ehre macht, gesammelt und
festgehalten worden. Verteilt sind die etwa l!70 Stücke der Sammlung unter
folgenden sechs Abteilungen: Napoleonische Zeit und Befreiungskriege -- Von
der Kriegszeit bis zum Jahre 1840 -- Drang- und Sturmjahre -- Die Jahre
der Ermattung lind der Kriegsruf für Österreich 1859 -- König Wilhelm
von Preußen -- Der französische Krieg und das neue Reich.

Auch das Balladenbuch -- der Herausgeber ist F. A. Krais in Stutt¬
gart, derselbe, dem wir die schöne Sammlung "Sang und Klang" verdanken --
darf man als einen Schuß ins Schwarze bezeichnen. Was es leistet und bietet,
wird einem wieder am besten zu Gemüte geführt, wenn man es mit den
mancherlei für Schnlzwecke vorhandnen Sammlungen vergleicht. Auch ein
genauer Kenner der deutschen Litteratur wird freudig erstaunt sein, wenn er
die Schätze sieht, die hier vor ihm ausgebreitet werden, und es wäre nicht zu
verwundern, ja nur zu wünschen, daß diese Sammlung auf unsre landläufigen
Schulsammlungen recht befruchtend einwirkte. Die Regung des Dankgefühls, die
"eben dem der Freude sich unwillkürlich alleu diesen Sammlungen gegenüber
einstellt, haben wir doch am stärksten diesem Balladenbuche gegenüber empfunden,
das so viel Schönes vereinigt, so viel Schönes anch aus Unbekannten oder
Wenigbekanntem, Vergessenen oder Halbvergessenem wieder zu Ehren gebracht
hat. Die Sammlung enthält mir Stücke, die in irgend einer Weise bedeutend
und charakteristisch sind. Nirgends hat man das Gefühl, daß etwa um der
leidigen Vollständigkeit Nullen ein Gedicht Aufnahme gefunden habe, damit der
"der jener anch in dem Buche "vertreten" sei. Mit feinem Sinne sind die
einzelnen Stücke nach wechselnden Gesichtspunkten geordnet und außerdem uuter
drei große Gruppen gebracht worden: Balladen und Romanzen -- Stimmen
der Sage und der Geschichte -- Poetische Erzählungen. Die ganze Sammlung
enthält etwa drittehalb hundert Stücke.

Etwas völlig neues bieten anch die Geistlichen Lieder. Ein derartiges
^etes hat es bisher unter der vornehmern Geschenklitteratnr nirgends gegeben.
Man müßte sich unter den eigentlichen Musikalien, den Notenheften umsehen,
wenn man etwas annähernd ähnliches finden wollte. Eine richtige Vorstellung
von dem Buche zu geben ist uicht ganz leicht: es ist kein Erbauungsbuch, kein
Gesangbuch, kein Choralbuch, keine Nu"ivÄ savrg,, es ist das alles zusammen,
und zwar in so schöner und im guten Sinne moderner äußerer Form, daß


der öffentlichen Meinung eingeschlagen wissen wollte, und gerade die allge¬
meinen Wünsche sind ja, außer in den Kammerreden, Zeitungen u. f. w,, in
ihrer aufrichtigsten und herzlichsten Form in den eigentlichen politischen Zeit-
gedichteu niedergelegt worden. Aus deren erdrückender Fülle sind gerade so
viele für dieses Buch der Vergessenheit entrückt worden, daß die Abwege der
öffentlichen Meinung hie und da nebenbei erkannt werden können. Im übrigen
ist natürlich das Material, das gegen sie zeugt, möglichst beiseite geschoben,
»ut mit mehr Anteil und Liebe das, was ihr Ehre macht, gesammelt und
festgehalten worden. Verteilt sind die etwa l!70 Stücke der Sammlung unter
folgenden sechs Abteilungen: Napoleonische Zeit und Befreiungskriege — Von
der Kriegszeit bis zum Jahre 1840 — Drang- und Sturmjahre — Die Jahre
der Ermattung lind der Kriegsruf für Österreich 1859 — König Wilhelm
von Preußen — Der französische Krieg und das neue Reich.

Auch das Balladenbuch — der Herausgeber ist F. A. Krais in Stutt¬
gart, derselbe, dem wir die schöne Sammlung „Sang und Klang" verdanken —
darf man als einen Schuß ins Schwarze bezeichnen. Was es leistet und bietet,
wird einem wieder am besten zu Gemüte geführt, wenn man es mit den
mancherlei für Schnlzwecke vorhandnen Sammlungen vergleicht. Auch ein
genauer Kenner der deutschen Litteratur wird freudig erstaunt sein, wenn er
die Schätze sieht, die hier vor ihm ausgebreitet werden, und es wäre nicht zu
verwundern, ja nur zu wünschen, daß diese Sammlung auf unsre landläufigen
Schulsammlungen recht befruchtend einwirkte. Die Regung des Dankgefühls, die
»eben dem der Freude sich unwillkürlich alleu diesen Sammlungen gegenüber
einstellt, haben wir doch am stärksten diesem Balladenbuche gegenüber empfunden,
das so viel Schönes vereinigt, so viel Schönes anch aus Unbekannten oder
Wenigbekanntem, Vergessenen oder Halbvergessenem wieder zu Ehren gebracht
hat. Die Sammlung enthält mir Stücke, die in irgend einer Weise bedeutend
und charakteristisch sind. Nirgends hat man das Gefühl, daß etwa um der
leidigen Vollständigkeit Nullen ein Gedicht Aufnahme gefunden habe, damit der
"der jener anch in dem Buche „vertreten" sei. Mit feinem Sinne sind die
einzelnen Stücke nach wechselnden Gesichtspunkten geordnet und außerdem uuter
drei große Gruppen gebracht worden: Balladen und Romanzen — Stimmen
der Sage und der Geschichte — Poetische Erzählungen. Die ganze Sammlung
enthält etwa drittehalb hundert Stücke.

Etwas völlig neues bieten anch die Geistlichen Lieder. Ein derartiges
^etes hat es bisher unter der vornehmern Geschenklitteratnr nirgends gegeben.
Man müßte sich unter den eigentlichen Musikalien, den Notenheften umsehen,
wenn man etwas annähernd ähnliches finden wollte. Eine richtige Vorstellung
von dem Buche zu geben ist uicht ganz leicht: es ist kein Erbauungsbuch, kein
Gesangbuch, kein Choralbuch, keine Nu»ivÄ savrg,, es ist das alles zusammen,
und zwar in so schöner und im guten Sinne moderner äußerer Form, daß


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[0533] der öffentlichen Meinung eingeschlagen wissen wollte, und gerade die allge¬ meinen Wünsche sind ja, außer in den Kammerreden, Zeitungen u. f. w,, in ihrer aufrichtigsten und herzlichsten Form in den eigentlichen politischen Zeit- gedichteu niedergelegt worden. Aus deren erdrückender Fülle sind gerade so viele für dieses Buch der Vergessenheit entrückt worden, daß die Abwege der öffentlichen Meinung hie und da nebenbei erkannt werden können. Im übrigen ist natürlich das Material, das gegen sie zeugt, möglichst beiseite geschoben, »ut mit mehr Anteil und Liebe das, was ihr Ehre macht, gesammelt und festgehalten worden. Verteilt sind die etwa l!70 Stücke der Sammlung unter folgenden sechs Abteilungen: Napoleonische Zeit und Befreiungskriege — Von der Kriegszeit bis zum Jahre 1840 — Drang- und Sturmjahre — Die Jahre der Ermattung lind der Kriegsruf für Österreich 1859 — König Wilhelm von Preußen — Der französische Krieg und das neue Reich. Auch das Balladenbuch — der Herausgeber ist F. A. Krais in Stutt¬ gart, derselbe, dem wir die schöne Sammlung „Sang und Klang" verdanken — darf man als einen Schuß ins Schwarze bezeichnen. Was es leistet und bietet, wird einem wieder am besten zu Gemüte geführt, wenn man es mit den mancherlei für Schnlzwecke vorhandnen Sammlungen vergleicht. Auch ein genauer Kenner der deutschen Litteratur wird freudig erstaunt sein, wenn er die Schätze sieht, die hier vor ihm ausgebreitet werden, und es wäre nicht zu verwundern, ja nur zu wünschen, daß diese Sammlung auf unsre landläufigen Schulsammlungen recht befruchtend einwirkte. Die Regung des Dankgefühls, die »eben dem der Freude sich unwillkürlich alleu diesen Sammlungen gegenüber einstellt, haben wir doch am stärksten diesem Balladenbuche gegenüber empfunden, das so viel Schönes vereinigt, so viel Schönes anch aus Unbekannten oder Wenigbekanntem, Vergessenen oder Halbvergessenem wieder zu Ehren gebracht hat. Die Sammlung enthält mir Stücke, die in irgend einer Weise bedeutend und charakteristisch sind. Nirgends hat man das Gefühl, daß etwa um der leidigen Vollständigkeit Nullen ein Gedicht Aufnahme gefunden habe, damit der "der jener anch in dem Buche „vertreten" sei. Mit feinem Sinne sind die einzelnen Stücke nach wechselnden Gesichtspunkten geordnet und außerdem uuter drei große Gruppen gebracht worden: Balladen und Romanzen — Stimmen der Sage und der Geschichte — Poetische Erzählungen. Die ganze Sammlung enthält etwa drittehalb hundert Stücke. Etwas völlig neues bieten anch die Geistlichen Lieder. Ein derartiges ^etes hat es bisher unter der vornehmern Geschenklitteratnr nirgends gegeben. Man müßte sich unter den eigentlichen Musikalien, den Notenheften umsehen, wenn man etwas annähernd ähnliches finden wollte. Eine richtige Vorstellung von dem Buche zu geben ist uicht ganz leicht: es ist kein Erbauungsbuch, kein Gesangbuch, kein Choralbuch, keine Nu»ivÄ savrg,, es ist das alles zusammen, und zwar in so schöner und im guten Sinne moderner äußerer Form, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/533>, abgerufen am 23.06.2024.