Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches sprang sie auf und lauschte. Da ist er! dachte sie. Und obwohl niemand Als sie aber wirklich die Thür nach der Diele knarren hörte, griff sie Zwei Tage und zwei Nächte suchten sie im Walde nach ihr. Mit Stangen Der Schmied und seine Frau waren gute Leute, es hatte sie des armen Maßgebliches und Unmaßgebliches Parlamentarische Augenblicksbilder. Wenn auch nicht heute oder Maßgebliches und Unmaßgebliches sprang sie auf und lauschte. Da ist er! dachte sie. Und obwohl niemand Als sie aber wirklich die Thür nach der Diele knarren hörte, griff sie Zwei Tage und zwei Nächte suchten sie im Walde nach ihr. Mit Stangen Der Schmied und seine Frau waren gute Leute, es hatte sie des armen Maßgebliches und Unmaßgebliches Parlamentarische Augenblicksbilder. Wenn auch nicht heute oder <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206489"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1688" prev="#ID_1687"> sprang sie auf und lauschte. Da ist er! dachte sie. Und obwohl niemand<lb/> kam, blieb sie mit weit geöffneten Augen stehen, wie ein Tier, das aus dem<lb/> Sprunge begriffe» ist. Jetzt kommt er! sagte sie dann »ach eiuer Weile halb¬<lb/> laut vor sich hin, und ihr ganzer Körper war wie eine gespannte Saite.</p><lb/> <p xml:id="ID_1689"> Als sie aber wirklich die Thür nach der Diele knarren hörte, griff sie<lb/> hastig nach ihren Schuhen und sprang wie eine Katze durchs offne Fenster.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1690"> Zwei Tage und zwei Nächte suchten sie im Walde nach ihr. Mit Stangen<lb/> und Haken wühlten sie das Bett des Baches und den Boden des Sees auf,<lb/> aber ohne Erfolg. Da drang das Gerücht herüber, daß in einem mehrere<lb/> Meilen entfernten Dorfe ein bleiches junges Mädchen gesehen worden sei, das<lb/> mit langem, herabhängendem Haar und gefalteten Händen am Grabenrande<lb/> gesessen habe. Jedesmal, wenn ein männliches Wesen vorübergegangen sei,<lb/> habe sie sich erhoben und ihm mit sonderbarer, verstörter Miene ins Gesicht<lb/> gesehen, sodaß mehr als einer entsetzt vor ihr geflohen sei. Und am Abend<lb/> sei sie in die Dorfschmiede gegangen und habe mit tiefer, verschämter Ver<lb/> neigung gefragt: Wie weit ist es noch bis zum Himmelreich? Auf alle Fragen<lb/> habe sie dieselbe Antwort gegeben: daß sie ausgegangen sei, um ihren Bräu¬<lb/> tigam zu treffen, er habe ihr geschrieben, er werde diesen Weg einschlagen. Er<lb/> sei Student, und zu Michaelis wollten sie Hochzeit halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1691"> Der Schmied und seine Frau waren gute Leute, es hatte sie des armen<lb/> Kindes gejammert, und sie hatten sich ihrer vorläufig angenommen. In der<lb/> Nacht aber war sie aus dem Fenster gesprungen, und am nächsten Morgen<lb/> fand man ihre Leiche in einem Mühlenteich in der Nähe.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Parlamentarische Augenblicksbilder.</head> <p xml:id="ID_1692" next="#ID_1693"> Wenn auch nicht heute oder<lb/> morgen, doch ohne Zweifel in absehbarer Zeit wird die Erfindung Edisons, die<lb/> jetzt in der ganzen gebildeten Welt redet und von sich reden macht, so weit ver¬<lb/> vollkommnet sein, daß als Beilagen der Zeitungsblätter Wachsrolleu gegeben werden,<lb/> die uns alle am Tage vorher gehaltenen Reden unverkürzt und mit der Redner<lb/> Stimme und Vortragsweise vorsagen. Da der Ton die Musik macht, dürften wir<lb/> dann von mancher parlamentarischen Verhandlung ein ganz andres Bild gewinnen<lb/> als beim Lesen eines Zeitungsberichtes. Immerhin würde das Bild, um völligen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
sprang sie auf und lauschte. Da ist er! dachte sie. Und obwohl niemand
kam, blieb sie mit weit geöffneten Augen stehen, wie ein Tier, das aus dem
Sprunge begriffe» ist. Jetzt kommt er! sagte sie dann »ach eiuer Weile halb¬
laut vor sich hin, und ihr ganzer Körper war wie eine gespannte Saite.
Als sie aber wirklich die Thür nach der Diele knarren hörte, griff sie
hastig nach ihren Schuhen und sprang wie eine Katze durchs offne Fenster.
Zwei Tage und zwei Nächte suchten sie im Walde nach ihr. Mit Stangen
und Haken wühlten sie das Bett des Baches und den Boden des Sees auf,
aber ohne Erfolg. Da drang das Gerücht herüber, daß in einem mehrere
Meilen entfernten Dorfe ein bleiches junges Mädchen gesehen worden sei, das
mit langem, herabhängendem Haar und gefalteten Händen am Grabenrande
gesessen habe. Jedesmal, wenn ein männliches Wesen vorübergegangen sei,
habe sie sich erhoben und ihm mit sonderbarer, verstörter Miene ins Gesicht
gesehen, sodaß mehr als einer entsetzt vor ihr geflohen sei. Und am Abend
sei sie in die Dorfschmiede gegangen und habe mit tiefer, verschämter Ver
neigung gefragt: Wie weit ist es noch bis zum Himmelreich? Auf alle Fragen
habe sie dieselbe Antwort gegeben: daß sie ausgegangen sei, um ihren Bräu¬
tigam zu treffen, er habe ihr geschrieben, er werde diesen Weg einschlagen. Er
sei Student, und zu Michaelis wollten sie Hochzeit halten.
Der Schmied und seine Frau waren gute Leute, es hatte sie des armen
Kindes gejammert, und sie hatten sich ihrer vorläufig angenommen. In der
Nacht aber war sie aus dem Fenster gesprungen, und am nächsten Morgen
fand man ihre Leiche in einem Mühlenteich in der Nähe.
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Parlamentarische Augenblicksbilder. Wenn auch nicht heute oder
morgen, doch ohne Zweifel in absehbarer Zeit wird die Erfindung Edisons, die
jetzt in der ganzen gebildeten Welt redet und von sich reden macht, so weit ver¬
vollkommnet sein, daß als Beilagen der Zeitungsblätter Wachsrolleu gegeben werden,
die uns alle am Tage vorher gehaltenen Reden unverkürzt und mit der Redner
Stimme und Vortragsweise vorsagen. Da der Ton die Musik macht, dürften wir
dann von mancher parlamentarischen Verhandlung ein ganz andres Bild gewinnen
als beim Lesen eines Zeitungsberichtes. Immerhin würde das Bild, um völligen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |