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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Die Davidsbnndler

Tode in der musikalischen Produktion herrschte und von einer ebenso stachen
und philisterhaften Kritik begünstigt wurde, die ihre Mittelpunkte in der von
Fink in Leipzig herausgegebnen "Allgemeinen musikalischen Zeitung" nud der
von Rellstab in Berlin redigirten "Iris" hatte. Zur nachhaltigen Führung
des Kampfes hatte er eine eigne musikalische Zeitung gegründet, die "Neue
Leipziger Zeitung für Musik," die seit dein April 1834 erschien. In dieser
kämpfte er anfangs mit Vorliebe unter einer eigentümlichen Maske, unter der¬
selben, nnter der er auch eine Anzahl seiner Jngendkompvsitionen in die Welt
geschickt hat: unter der Maske des "Davidsbnndes." Die Hauptgestalten dieses
Bundes sind Eusebius, Florestan und Raro. In den beiden ersten hatte
Schumann die zwei Hauptseiten seines eignen Wesens, die träumerische und die
stürmische, personifizirt; Narv, der vermittelnd zwischen und über ihnen steht,
ist das Abbild seines verehrten Meisters Friedrich Wieck. Zu diesen dreien trat
aber, teils in Wirklichkeit, teils in seiner Phantasie, eine Menge gleichgesinnter
Freunde in Leipzig und außerhalb Leipzigs unter allerhand romantischen Namen.
In deu erste" Jahrgängen der "Neuen Zeitschrift" ist eine ganze Reihe de;°
geistsprühenden, poesieerfüllten Aufsätze Schumanns unter der phantastische"
Firma des "Davidsbundes" oder einzelner Bündler veröffentlicht. Schumann
hat sie alle später im ersten Baude seiner "Gesammelten Schriften über Musik
und Musiker" (Leipzig, 1854) vereinigt.

Nun war bekannt, das; Schumann, schon ehe er seine eigne Zeitschrift
gründete, mehrfach versucht hatte, an andern Orten sein Herz auszuschütten,
und zwar auch da schon uuter der Ma^ke der "Davidsbündler." Der erste
nachweisbare Aufsatz von ihm, den er auch wieder an die Spitze seiner "Ge¬
sammelten Schriften" gestellt hat, ist die nnter der Überschrift "Ein Werk II"
erschienene wundervolle Besprechung der Chopinschen Variationen über das
Thema ans dem "Don Juan": I^ü. ol d-rrvin !->, in-uro. Sie ist zuerst gedruckt
in der von ihm dann so leidenschaftlich befehdeten "Allgemeinen musikalische"
Zeitung" s1831, 7. Dezember, Ur. 49). Aber Fink hatte ihm einen schlimmen
Streich gespielt; er hatte die Besprechung znsanunengekvppelt mit einer zweiten
aus der Feder eiues ungenannten Verfassers, die die Wirkung der Schumannschen
zum Teil geradezu wieder aufheben mußte, und beide Besprechungen durch
folgende Vorbemerkung eingeleitet, die zugleich eine Vorstellung von Fluth
Schreibweise geben kann. "Wir geben hier einmal über el" Werk zwei Be¬
urteilungen; die erste von einem jungen Manne, einem Zöglinge der neusten
Zeit, der sich genannt hat;") die andere von einem angesehenen und würdigen
Repräsentanten der ältern Schule, der sich nicht genannt hat: allein wir ver¬
sichern, und haben es kaum nötig, von einem durchaus tüchtige", wohlgeübt
und umsichtig kenntnisreiche". Wir meinen, durch diese Zusammenstellung



I" der Überschrift steht infolge eines Lesefehlers: Beni K. Schumann.
Die Davidsbnndler

Tode in der musikalischen Produktion herrschte und von einer ebenso stachen
und philisterhaften Kritik begünstigt wurde, die ihre Mittelpunkte in der von
Fink in Leipzig herausgegebnen „Allgemeinen musikalischen Zeitung" nud der
von Rellstab in Berlin redigirten „Iris" hatte. Zur nachhaltigen Führung
des Kampfes hatte er eine eigne musikalische Zeitung gegründet, die „Neue
Leipziger Zeitung für Musik," die seit dein April 1834 erschien. In dieser
kämpfte er anfangs mit Vorliebe unter einer eigentümlichen Maske, unter der¬
selben, nnter der er auch eine Anzahl seiner Jngendkompvsitionen in die Welt
geschickt hat: unter der Maske des „Davidsbnndes." Die Hauptgestalten dieses
Bundes sind Eusebius, Florestan und Raro. In den beiden ersten hatte
Schumann die zwei Hauptseiten seines eignen Wesens, die träumerische und die
stürmische, personifizirt; Narv, der vermittelnd zwischen und über ihnen steht,
ist das Abbild seines verehrten Meisters Friedrich Wieck. Zu diesen dreien trat
aber, teils in Wirklichkeit, teils in seiner Phantasie, eine Menge gleichgesinnter
Freunde in Leipzig und außerhalb Leipzigs unter allerhand romantischen Namen.
In deu erste» Jahrgängen der „Neuen Zeitschrift" ist eine ganze Reihe de;°
geistsprühenden, poesieerfüllten Aufsätze Schumanns unter der phantastische»
Firma des „Davidsbundes" oder einzelner Bündler veröffentlicht. Schumann
hat sie alle später im ersten Baude seiner „Gesammelten Schriften über Musik
und Musiker" (Leipzig, 1854) vereinigt.

Nun war bekannt, das; Schumann, schon ehe er seine eigne Zeitschrift
gründete, mehrfach versucht hatte, an andern Orten sein Herz auszuschütten,
und zwar auch da schon uuter der Ma^ke der „Davidsbündler." Der erste
nachweisbare Aufsatz von ihm, den er auch wieder an die Spitze seiner „Ge¬
sammelten Schriften" gestellt hat, ist die nnter der Überschrift „Ein Werk II"
erschienene wundervolle Besprechung der Chopinschen Variationen über das
Thema ans dem „Don Juan": I^ü. ol d-rrvin !->, in-uro. Sie ist zuerst gedruckt
in der von ihm dann so leidenschaftlich befehdeten „Allgemeinen musikalische»
Zeitung" s1831, 7. Dezember, Ur. 49). Aber Fink hatte ihm einen schlimmen
Streich gespielt; er hatte die Besprechung znsanunengekvppelt mit einer zweiten
aus der Feder eiues ungenannten Verfassers, die die Wirkung der Schumannschen
zum Teil geradezu wieder aufheben mußte, und beide Besprechungen durch
folgende Vorbemerkung eingeleitet, die zugleich eine Vorstellung von Fluth
Schreibweise geben kann. „Wir geben hier einmal über el» Werk zwei Be¬
urteilungen; die erste von einem jungen Manne, einem Zöglinge der neusten
Zeit, der sich genannt hat;") die andere von einem angesehenen und würdigen
Repräsentanten der ältern Schule, der sich nicht genannt hat: allein wir ver¬
sichern, und haben es kaum nötig, von einem durchaus tüchtige», wohlgeübt
und umsichtig kenntnisreiche». Wir meinen, durch diese Zusammenstellung



I» der Überschrift steht infolge eines Lesefehlers: Beni K. Schumann.
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[0032] Die Davidsbnndler Tode in der musikalischen Produktion herrschte und von einer ebenso stachen und philisterhaften Kritik begünstigt wurde, die ihre Mittelpunkte in der von Fink in Leipzig herausgegebnen „Allgemeinen musikalischen Zeitung" nud der von Rellstab in Berlin redigirten „Iris" hatte. Zur nachhaltigen Führung des Kampfes hatte er eine eigne musikalische Zeitung gegründet, die „Neue Leipziger Zeitung für Musik," die seit dein April 1834 erschien. In dieser kämpfte er anfangs mit Vorliebe unter einer eigentümlichen Maske, unter der¬ selben, nnter der er auch eine Anzahl seiner Jngendkompvsitionen in die Welt geschickt hat: unter der Maske des „Davidsbnndes." Die Hauptgestalten dieses Bundes sind Eusebius, Florestan und Raro. In den beiden ersten hatte Schumann die zwei Hauptseiten seines eignen Wesens, die träumerische und die stürmische, personifizirt; Narv, der vermittelnd zwischen und über ihnen steht, ist das Abbild seines verehrten Meisters Friedrich Wieck. Zu diesen dreien trat aber, teils in Wirklichkeit, teils in seiner Phantasie, eine Menge gleichgesinnter Freunde in Leipzig und außerhalb Leipzigs unter allerhand romantischen Namen. In deu erste» Jahrgängen der „Neuen Zeitschrift" ist eine ganze Reihe de;° geistsprühenden, poesieerfüllten Aufsätze Schumanns unter der phantastische» Firma des „Davidsbundes" oder einzelner Bündler veröffentlicht. Schumann hat sie alle später im ersten Baude seiner „Gesammelten Schriften über Musik und Musiker" (Leipzig, 1854) vereinigt. Nun war bekannt, das; Schumann, schon ehe er seine eigne Zeitschrift gründete, mehrfach versucht hatte, an andern Orten sein Herz auszuschütten, und zwar auch da schon uuter der Ma^ke der „Davidsbündler." Der erste nachweisbare Aufsatz von ihm, den er auch wieder an die Spitze seiner „Ge¬ sammelten Schriften" gestellt hat, ist die nnter der Überschrift „Ein Werk II" erschienene wundervolle Besprechung der Chopinschen Variationen über das Thema ans dem „Don Juan": I^ü. ol d-rrvin !->, in-uro. Sie ist zuerst gedruckt in der von ihm dann so leidenschaftlich befehdeten „Allgemeinen musikalische» Zeitung" s1831, 7. Dezember, Ur. 49). Aber Fink hatte ihm einen schlimmen Streich gespielt; er hatte die Besprechung znsanunengekvppelt mit einer zweiten aus der Feder eiues ungenannten Verfassers, die die Wirkung der Schumannschen zum Teil geradezu wieder aufheben mußte, und beide Besprechungen durch folgende Vorbemerkung eingeleitet, die zugleich eine Vorstellung von Fluth Schreibweise geben kann. „Wir geben hier einmal über el» Werk zwei Be¬ urteilungen; die erste von einem jungen Manne, einem Zöglinge der neusten Zeit, der sich genannt hat;") die andere von einem angesehenen und würdigen Repräsentanten der ältern Schule, der sich nicht genannt hat: allein wir ver¬ sichern, und haben es kaum nötig, von einem durchaus tüchtige», wohlgeübt und umsichtig kenntnisreiche». Wir meinen, durch diese Zusammenstellung I» der Überschrift steht infolge eines Lesefehlers: Beni K. Schumann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/32>, abgerufen am 28.06.2024.