Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Ans dein Leben des Anm'dincils Rauscher heiligen Schrift und der Kirchenväter durfte man nicht denken, so hohe Ziele Das; also Rauscher, der dreißig Jahre später das theologische Studium Ans dein Leben des Anm'dincils Rauscher heiligen Schrift und der Kirchenväter durfte man nicht denken, so hohe Ziele Das; also Rauscher, der dreißig Jahre später das theologische Studium <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204805"/> <fw type="header" place="top"> Ans dein Leben des Anm'dincils Rauscher</fw><lb/> <p xml:id="ID_178" prev="#ID_177"> heiligen Schrift und der Kirchenväter durfte man nicht denken, so hohe Ziele<lb/> waren als unpraktisch völlig ausgeschlossen. Die Lehrbücher, nach denen die<lb/> Professoren vorzutragen verpflichtet waren, waren vom Staat vorgeschrieben<lb/> und ganz im josephinischen Geiste gehalten, noch 1837 bezeichnete es ein<lb/> Studienhofkommissionsdekret als unstatthaft, das? Lehrer sich Abweichungen<lb/> von ihnen gestatteten.</p><lb/> <p xml:id="ID_179" next="#ID_180"> Das; also Rauscher, der dreißig Jahre später das theologische Studium<lb/> auf neue, immerhin fruchtbarere Bahnen leiten sollte, dazu ans der Universität<lb/> angeregt worden wäre, ist kaum anzunehmen, wenn es anch wahr sein mag,<lb/> was sein Biograph sagt, daß er einige Lehrer hatte, die ihn trotz aller Staat<lb/> lichen Bevormundung über deu Kreis der Vrvtwissenschaft hinaus führten.<lb/> Eigene Studien müssen dazu das Meiste beigetragen haben, unmöglich konnte<lb/> sich die hochgestimmte Sinnesart des jungen Mannes um der geistigen Kost,<lb/> die die Fakultät ihm reichte, genügen lassen. Mit eifrigen theologischen, ins¬<lb/> besondere kirchengeschichtlichen Studien finden wir ihn auch beschäftigt, als er<lb/> bereits in die Seelsorge getreten war: nachdem er im Angust 1823 die Priester¬<lb/> weihe empfangen hatte, wurde er „Cooperator" in dem kleinen Hütteldvrf bei<lb/> Wien, 1825 konnte er es wagen, sich um das erledigte Lehramt der Kirchen-<lb/> geschichte an der Universität Prag zu bewerben; er wurde zwar abgewiesen,<lb/> aber die „Concurs"-Arbeit, die er vorgelegt hatte, machte auf ihn aufmerksam,<lb/> und ohne sein Zuthun wurde er bald darauf zum Professor des Kirchenrechts<lb/> und der Kirchengeschichte am Lyceum zu Salzburg ernannt. Dort weilte er<lb/> bis 1832. Außerordentliches Aufsehen erregte es, als dann der junge<lb/> — fünfunddreißig Jahre alte — Professor an Hammer-Purgstalls Stelle zum<lb/> Direktor der Orientalischen Akademie ernannt wurde. Aber es galt, die an<lb/> dieser Anstalt unter der Leitung jenes großen Gelehrten stark gelockerte Zucht<lb/> wiederherzustellen, und dazu war Rauscher sehr geeignet. Die Akademie stand<lb/> damals, wie heute noch, unter dem Ministerium des Auswärtigen, und so<lb/> kam Rauscher von um an öfter in persönliche Berührung mit dein Staats¬<lb/> kanzler Fürsten Metternich. Dieser erkannte bald die hohen weltlichen Talente<lb/> des Priesters und zog ihn zu kirchenpolitischen Geschäften heran. Aus den<lb/> Gutachten, die er da abzugeben in die Lage kam, bringt sein Biograph einige<lb/> sehr anziehende Proben. Überall zeigt er sich in erster Linie als Anwalt der<lb/> katholischen Kirche, nirgends als Staatskirchenmann, aber die Forderungen<lb/> der Eiferer nach einer völligen Rückkehr zur Theokratie des Mittelalters<lb/> wies er doch ruhig und entschieden zurück. In Verhandlungen mit dem<lb/> Jesuitenorden wußte er auch dem Staate das Seine zu wahren, von den Vor¬<lb/> schlägen des überklerikalen Appellationsrntes Beidtel, in Österreich wieder<lb/> Kirchen- und Staatsgesetz in Harmonie zu bringen, sagt er, es fehle ihnen<lb/> Mäßigung und richtiger Takt. Zwar seien nicht die Glaubens- und Sitten¬<lb/> lehren allein, sondern auch die wesentlichen Punkte der Disziplin und Hierarchie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
Ans dein Leben des Anm'dincils Rauscher
heiligen Schrift und der Kirchenväter durfte man nicht denken, so hohe Ziele
waren als unpraktisch völlig ausgeschlossen. Die Lehrbücher, nach denen die
Professoren vorzutragen verpflichtet waren, waren vom Staat vorgeschrieben
und ganz im josephinischen Geiste gehalten, noch 1837 bezeichnete es ein
Studienhofkommissionsdekret als unstatthaft, das? Lehrer sich Abweichungen
von ihnen gestatteten.
Das; also Rauscher, der dreißig Jahre später das theologische Studium
auf neue, immerhin fruchtbarere Bahnen leiten sollte, dazu ans der Universität
angeregt worden wäre, ist kaum anzunehmen, wenn es anch wahr sein mag,
was sein Biograph sagt, daß er einige Lehrer hatte, die ihn trotz aller Staat
lichen Bevormundung über deu Kreis der Vrvtwissenschaft hinaus führten.
Eigene Studien müssen dazu das Meiste beigetragen haben, unmöglich konnte
sich die hochgestimmte Sinnesart des jungen Mannes um der geistigen Kost,
die die Fakultät ihm reichte, genügen lassen. Mit eifrigen theologischen, ins¬
besondere kirchengeschichtlichen Studien finden wir ihn auch beschäftigt, als er
bereits in die Seelsorge getreten war: nachdem er im Angust 1823 die Priester¬
weihe empfangen hatte, wurde er „Cooperator" in dem kleinen Hütteldvrf bei
Wien, 1825 konnte er es wagen, sich um das erledigte Lehramt der Kirchen-
geschichte an der Universität Prag zu bewerben; er wurde zwar abgewiesen,
aber die „Concurs"-Arbeit, die er vorgelegt hatte, machte auf ihn aufmerksam,
und ohne sein Zuthun wurde er bald darauf zum Professor des Kirchenrechts
und der Kirchengeschichte am Lyceum zu Salzburg ernannt. Dort weilte er
bis 1832. Außerordentliches Aufsehen erregte es, als dann der junge
— fünfunddreißig Jahre alte — Professor an Hammer-Purgstalls Stelle zum
Direktor der Orientalischen Akademie ernannt wurde. Aber es galt, die an
dieser Anstalt unter der Leitung jenes großen Gelehrten stark gelockerte Zucht
wiederherzustellen, und dazu war Rauscher sehr geeignet. Die Akademie stand
damals, wie heute noch, unter dem Ministerium des Auswärtigen, und so
kam Rauscher von um an öfter in persönliche Berührung mit dein Staats¬
kanzler Fürsten Metternich. Dieser erkannte bald die hohen weltlichen Talente
des Priesters und zog ihn zu kirchenpolitischen Geschäften heran. Aus den
Gutachten, die er da abzugeben in die Lage kam, bringt sein Biograph einige
sehr anziehende Proben. Überall zeigt er sich in erster Linie als Anwalt der
katholischen Kirche, nirgends als Staatskirchenmann, aber die Forderungen
der Eiferer nach einer völligen Rückkehr zur Theokratie des Mittelalters
wies er doch ruhig und entschieden zurück. In Verhandlungen mit dem
Jesuitenorden wußte er auch dem Staate das Seine zu wahren, von den Vor¬
schlägen des überklerikalen Appellationsrntes Beidtel, in Österreich wieder
Kirchen- und Staatsgesetz in Harmonie zu bringen, sagt er, es fehle ihnen
Mäßigung und richtiger Takt. Zwar seien nicht die Glaubens- und Sitten¬
lehren allein, sondern auch die wesentlichen Punkte der Disziplin und Hierarchie
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