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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Zur Erklärung deutscher Reoolutioussympathieu ^?9O--^?9^

^ldels hervorgehoben wurde, daß er als Bollwerk für die Throne zu schützen
sei, so that ohne Zweifel in den Augen manches Deutschen eine solche Aus¬
fassung eher der fürstlichen Würde Eintrag, als daß sie der Sache des Adels
zu sonderlicher Ausbesserung gedient hätte.

Als eine nicht abzuleugnende Auffälligkeit stach es aber doch auch wieder
in die Augen, daß nnter denen, die sich durch lebhafte Verfechtung der fran¬
zösischen Sache besonders hervorthaten, die Zahl der Edelleute verhältnismäßig
bedeutend war. Wo sich große Gegensätze zwischen verschiednen Klassen der
Bevölkerung aufthun, wird es ja immer unter der bevorzugter,! Klasse nicht
an solchen fehlen, die einen persönlichen Vorzug darin suchen, die Vorurteile
und vielleicht anch die Vorteile ihres Standes preiszugeben. Ein Reichs-
referendarius Freiherr von Horiy ging in einer Schrift: "Die Ehre des
deutschen Bürgers, ans den Neichsgesetzen erwiesen" in die Vergangenheit
zurück, nur darzulegen, "daß jeder Deutsche, vermöge seiner Freigebvrenheit, zu
allen und jeden Ämtern, Pfründen und Ehrenstellen im ganzen Reiche berechtigt,
und daß des Adels ausschließliches Recht ans Dom- und Hvchstifte ungegründet
und mir erhebliche" sei." Dazu bedeute nun, wie die Aufklärung der Zeit,
und zwar zum Teil eine recht vorgeschrittene, bisher in manchen Kreisen der
europäischen Aristokratie -- vor allem bei dem französischen Hofadel -- als
sehr standesgemäß gegolten hatte. In Deutschland waren eine ganze Reihe
von Edelleuten verschiedenster Art -- von Knebel, von Knoblauch, vou Ein¬
siedel, von Archenholz, von Halem, und wie manche ließen sich noch nennen --
in engern oder weitern Kreisen als vorzügliche Freunde der Aufklärung
bekannt, zum Teil als Schriftsteller. Besonders in letzterm Falle mochte es
dann ihre Lebenslage und Lebensführung leicht ergeben, daß das spezifische
Standesgefühl kein Hindernis für sie darbot, mit ihren bürgerlichen Sinnes-
nnd Arbeitsgenossen anch in der Art, sich zur französischen Revolution zu
stellen, gemeinsame Sache zu machen. Einen Edelmann aus Berlin, Eduard
von Clauer -- es ist der Schriftsteller von dein die oben angeführten Worte
gegen die "gedungnen Vaterlandsverräter, Höflinge und Aristokraten" her¬
rühren -- finden Nur 1791 als französischen Staatsbürger Eduard Clauer
in Straßburg wieder. Im September zeigt Schubarts Chronik an, daß
dieser Edle, dem ein rühmlicher Platz im O-rwIng'o t>"Z8lium vsritatis deut¬
scher Biedermänner gesichert sei, eine Übersetzung der soeben in Kraft
tretenden französischen Konstitution in Angriff genommen habe. Namentlich
aber wird er uns auch genannt als Verfasser des "Kreuzzugs gegen die
Franken," der geschicktesten und wirksamsten unter den Schriften, die
bei dem sichtlichen Herannahen des Kampfes zwischen Frankreich und den
deutschen Mächten von Straßburg ausgingen, um das deutsche Volk gegen
die kriegerischen Absichten dieser letztern aufzuregen. Wohl am wenigsten
konnte vou einer Neigung, sich durch Standesgefühl in seinen: Eifer für


Zur Erklärung deutscher Reoolutioussympathieu ^?9O—^?9^

^ldels hervorgehoben wurde, daß er als Bollwerk für die Throne zu schützen
sei, so that ohne Zweifel in den Augen manches Deutschen eine solche Aus¬
fassung eher der fürstlichen Würde Eintrag, als daß sie der Sache des Adels
zu sonderlicher Ausbesserung gedient hätte.

Als eine nicht abzuleugnende Auffälligkeit stach es aber doch auch wieder
in die Augen, daß nnter denen, die sich durch lebhafte Verfechtung der fran¬
zösischen Sache besonders hervorthaten, die Zahl der Edelleute verhältnismäßig
bedeutend war. Wo sich große Gegensätze zwischen verschiednen Klassen der
Bevölkerung aufthun, wird es ja immer unter der bevorzugter,! Klasse nicht
an solchen fehlen, die einen persönlichen Vorzug darin suchen, die Vorurteile
und vielleicht anch die Vorteile ihres Standes preiszugeben. Ein Reichs-
referendarius Freiherr von Horiy ging in einer Schrift: „Die Ehre des
deutschen Bürgers, ans den Neichsgesetzen erwiesen" in die Vergangenheit
zurück, nur darzulegen, „daß jeder Deutsche, vermöge seiner Freigebvrenheit, zu
allen und jeden Ämtern, Pfründen und Ehrenstellen im ganzen Reiche berechtigt,
und daß des Adels ausschließliches Recht ans Dom- und Hvchstifte ungegründet
und mir erhebliche» sei." Dazu bedeute nun, wie die Aufklärung der Zeit,
und zwar zum Teil eine recht vorgeschrittene, bisher in manchen Kreisen der
europäischen Aristokratie — vor allem bei dem französischen Hofadel — als
sehr standesgemäß gegolten hatte. In Deutschland waren eine ganze Reihe
von Edelleuten verschiedenster Art — von Knebel, von Knoblauch, vou Ein¬
siedel, von Archenholz, von Halem, und wie manche ließen sich noch nennen —
in engern oder weitern Kreisen als vorzügliche Freunde der Aufklärung
bekannt, zum Teil als Schriftsteller. Besonders in letzterm Falle mochte es
dann ihre Lebenslage und Lebensführung leicht ergeben, daß das spezifische
Standesgefühl kein Hindernis für sie darbot, mit ihren bürgerlichen Sinnes-
nnd Arbeitsgenossen anch in der Art, sich zur französischen Revolution zu
stellen, gemeinsame Sache zu machen. Einen Edelmann aus Berlin, Eduard
von Clauer — es ist der Schriftsteller von dein die oben angeführten Worte
gegen die „gedungnen Vaterlandsverräter, Höflinge und Aristokraten" her¬
rühren — finden Nur 1791 als französischen Staatsbürger Eduard Clauer
in Straßburg wieder. Im September zeigt Schubarts Chronik an, daß
dieser Edle, dem ein rühmlicher Platz im O-rwIng'o t>«Z8lium vsritatis deut¬
scher Biedermänner gesichert sei, eine Übersetzung der soeben in Kraft
tretenden französischen Konstitution in Angriff genommen habe. Namentlich
aber wird er uns auch genannt als Verfasser des „Kreuzzugs gegen die
Franken," der geschicktesten und wirksamsten unter den Schriften, die
bei dem sichtlichen Herannahen des Kampfes zwischen Frankreich und den
deutschen Mächten von Straßburg ausgingen, um das deutsche Volk gegen
die kriegerischen Absichten dieser letztern aufzuregen. Wohl am wenigsten
konnte vou einer Neigung, sich durch Standesgefühl in seinen: Eifer für


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[0067] Zur Erklärung deutscher Reoolutioussympathieu ^?9O—^?9^ ^ldels hervorgehoben wurde, daß er als Bollwerk für die Throne zu schützen sei, so that ohne Zweifel in den Augen manches Deutschen eine solche Aus¬ fassung eher der fürstlichen Würde Eintrag, als daß sie der Sache des Adels zu sonderlicher Ausbesserung gedient hätte. Als eine nicht abzuleugnende Auffälligkeit stach es aber doch auch wieder in die Augen, daß nnter denen, die sich durch lebhafte Verfechtung der fran¬ zösischen Sache besonders hervorthaten, die Zahl der Edelleute verhältnismäßig bedeutend war. Wo sich große Gegensätze zwischen verschiednen Klassen der Bevölkerung aufthun, wird es ja immer unter der bevorzugter,! Klasse nicht an solchen fehlen, die einen persönlichen Vorzug darin suchen, die Vorurteile und vielleicht anch die Vorteile ihres Standes preiszugeben. Ein Reichs- referendarius Freiherr von Horiy ging in einer Schrift: „Die Ehre des deutschen Bürgers, ans den Neichsgesetzen erwiesen" in die Vergangenheit zurück, nur darzulegen, „daß jeder Deutsche, vermöge seiner Freigebvrenheit, zu allen und jeden Ämtern, Pfründen und Ehrenstellen im ganzen Reiche berechtigt, und daß des Adels ausschließliches Recht ans Dom- und Hvchstifte ungegründet und mir erhebliche» sei." Dazu bedeute nun, wie die Aufklärung der Zeit, und zwar zum Teil eine recht vorgeschrittene, bisher in manchen Kreisen der europäischen Aristokratie — vor allem bei dem französischen Hofadel — als sehr standesgemäß gegolten hatte. In Deutschland waren eine ganze Reihe von Edelleuten verschiedenster Art — von Knebel, von Knoblauch, vou Ein¬ siedel, von Archenholz, von Halem, und wie manche ließen sich noch nennen — in engern oder weitern Kreisen als vorzügliche Freunde der Aufklärung bekannt, zum Teil als Schriftsteller. Besonders in letzterm Falle mochte es dann ihre Lebenslage und Lebensführung leicht ergeben, daß das spezifische Standesgefühl kein Hindernis für sie darbot, mit ihren bürgerlichen Sinnes- nnd Arbeitsgenossen anch in der Art, sich zur französischen Revolution zu stellen, gemeinsame Sache zu machen. Einen Edelmann aus Berlin, Eduard von Clauer — es ist der Schriftsteller von dein die oben angeführten Worte gegen die „gedungnen Vaterlandsverräter, Höflinge und Aristokraten" her¬ rühren — finden Nur 1791 als französischen Staatsbürger Eduard Clauer in Straßburg wieder. Im September zeigt Schubarts Chronik an, daß dieser Edle, dem ein rühmlicher Platz im O-rwIng'o t>«Z8lium vsritatis deut¬ scher Biedermänner gesichert sei, eine Übersetzung der soeben in Kraft tretenden französischen Konstitution in Angriff genommen habe. Namentlich aber wird er uns auch genannt als Verfasser des „Kreuzzugs gegen die Franken," der geschicktesten und wirksamsten unter den Schriften, die bei dem sichtlichen Herannahen des Kampfes zwischen Frankreich und den deutschen Mächten von Straßburg ausgingen, um das deutsche Volk gegen die kriegerischen Absichten dieser letztern aufzuregen. Wohl am wenigsten konnte vou einer Neigung, sich durch Standesgefühl in seinen: Eifer für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/67>, abgerufen am 05.02.2025.