Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.schaffen. . . . Wenn man einen solchen Zustand beseitigt, so erwirbt man sich, Der Minister erklärte weiterhin, daß die Negierung erwarte, die Mehrheit Diese Ansprache hatte bei der Verranntheit der damaligen Opposition natür¬ Die Minister hatten bei Erlaß der Preßverordnung unstreitig verfassungs¬ schaffen. . . . Wenn man einen solchen Zustand beseitigt, so erwirbt man sich, Der Minister erklärte weiterhin, daß die Negierung erwarte, die Mehrheit Diese Ansprache hatte bei der Verranntheit der damaligen Opposition natür¬ Die Minister hatten bei Erlaß der Preßverordnung unstreitig verfassungs¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0551" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205282"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1550" prev="#ID_1549"> schaffen. . . . Wenn man einen solchen Zustand beseitigt, so erwirbt man sich,<lb/> wie ich glaube, in den Augen aller Parteien ein Verdienst. ... Es ist nicht<lb/> daran gedacht worden, die Presse der richterlichen Thätigkeit zu entziehen, oder<lb/> gar vom Richterstande zu behaupten, er sei nicht geeignet, er sei parteiisch. . . .<lb/> Wenn wir gleich damals der Ansicht waren, daß es nicht ratsam, nicht heilsam<lb/> sei, ein Gesetz für die Dauer ins Leben zu rufen, welches die Hauptthätigkeit<lb/> bei der Regelung der Presse in die Hände der Verwaltungsbehörden lege<lb/> — ein Faktum, das wir jetzt dadurch beweisen, daß wir eine Preßnovelle<lb/> vorlegen, welche diese Thätigkeit den Gerichtsbehörden zuweist —, so waren<lb/> wir doch der Meinung, daß, um schnell und nachhaltig Einfluß aus die Presse<lb/> zu üben, es unumgänglich notwendig sei, die Thätigkeit der Administrativ-<lb/> behörden heranzuziehen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1551"> Der Minister erklärte weiterhin, daß die Negierung erwarte, die Mehrheit<lb/> der Wähler werde über kurz oder lang zu der Erkenntnis gelangen, daß die ganze<lb/> Handlungsweise des Staatsministeriums in sich gerechtfertigt sei und mit der<lb/> Verfassung in keinem Punkte im Widersprüche stehe, also eine gute Politik<lb/> darstelle, und schloß dann mit den Worten: „Sie mögen über den Begriff des<lb/> Notstandes und über die Zweckmäßigkeit des Inhaltes der Verordnung andrer<lb/> Ansicht sein als wir. Diese Ansicht auszusprechen und zu einer bestimmten<lb/> Geltung zu bringen gestattet Ihnen die Verfassung, und Sie werden davon<lb/> Gebrauch mache». Aber wenn Sie in Ihrer Majorität ausspreche», es wäre<lb/> kein Notstand gewesen, so werden Sie doch nicht glauben, daß wir darin ein<lb/> Urteil finden können, das uns in unsrer ursprünglichen Meinung irre zu<lb/> machen geeignet wäre. Wir werden sagen: gut, Nur haben die Mittel nicht<lb/> mehr in den Händen, unsre Verordnung zur Ausführung zu bringe»; aber<lb/> daß wir annehmen müßten, wir wären niemals dazu berechtigt gewesen —<lb/> nimmermehr! . . . Ich kann Ihnen nur sagen: heben Sie hente die Verordnung<lb/> auf, so thun Sie auch noch ein zweites: wirken Sie durch ^eine gemäßigte<lb/> Anschauung und einen maßvollen Ton auf die Presse zurück, die Sie beherrschen,<lb/> wirken Sie in dein Sinne, daß Sie zu den Leitern derselben sagen: zeigt der<lb/> Regierung, daß ihr eine bessere Behandlung verdient."</p><lb/> <p xml:id="ID_1552"> Diese Ansprache hatte bei der Verranntheit der damaligen Opposition natür¬<lb/> lich so viel Erfolg, als wenn der Minister Tauben gepredigt oder Blinden von<lb/> Farbe» gesprochen hätte. Die Verordnung fiel, nachdem sie in der Zwischen¬<lb/> zeit wenigstens einigermaßen zur Beruhigung der aufgewühlten Massen beige¬<lb/> tragen und zum Nachdenken über das Wesen und die eigentlichen Bestrebungen<lb/> des Gewerbes bewogen hatte, das die „öffentliche Meinung" vorzugsweise<lb/> sabriziren und bedeuten will.</p><lb/> <p xml:id="ID_1553" next="#ID_1554"> Die Minister hatten bei Erlaß der Preßverordnung unstreitig verfassungs¬<lb/> mäßig gehandelt. Der 63. Artikel der Verfassungsurkunde gab ihnen das<lb/> Recht, eine Verordnung vorläufig ohne Zustimmung des Landtages zu erlassen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0551]
schaffen. . . . Wenn man einen solchen Zustand beseitigt, so erwirbt man sich,
wie ich glaube, in den Augen aller Parteien ein Verdienst. ... Es ist nicht
daran gedacht worden, die Presse der richterlichen Thätigkeit zu entziehen, oder
gar vom Richterstande zu behaupten, er sei nicht geeignet, er sei parteiisch. . . .
Wenn wir gleich damals der Ansicht waren, daß es nicht ratsam, nicht heilsam
sei, ein Gesetz für die Dauer ins Leben zu rufen, welches die Hauptthätigkeit
bei der Regelung der Presse in die Hände der Verwaltungsbehörden lege
— ein Faktum, das wir jetzt dadurch beweisen, daß wir eine Preßnovelle
vorlegen, welche diese Thätigkeit den Gerichtsbehörden zuweist —, so waren
wir doch der Meinung, daß, um schnell und nachhaltig Einfluß aus die Presse
zu üben, es unumgänglich notwendig sei, die Thätigkeit der Administrativ-
behörden heranzuziehen."
Der Minister erklärte weiterhin, daß die Negierung erwarte, die Mehrheit
der Wähler werde über kurz oder lang zu der Erkenntnis gelangen, daß die ganze
Handlungsweise des Staatsministeriums in sich gerechtfertigt sei und mit der
Verfassung in keinem Punkte im Widersprüche stehe, also eine gute Politik
darstelle, und schloß dann mit den Worten: „Sie mögen über den Begriff des
Notstandes und über die Zweckmäßigkeit des Inhaltes der Verordnung andrer
Ansicht sein als wir. Diese Ansicht auszusprechen und zu einer bestimmten
Geltung zu bringen gestattet Ihnen die Verfassung, und Sie werden davon
Gebrauch mache». Aber wenn Sie in Ihrer Majorität ausspreche», es wäre
kein Notstand gewesen, so werden Sie doch nicht glauben, daß wir darin ein
Urteil finden können, das uns in unsrer ursprünglichen Meinung irre zu
machen geeignet wäre. Wir werden sagen: gut, Nur haben die Mittel nicht
mehr in den Händen, unsre Verordnung zur Ausführung zu bringe»; aber
daß wir annehmen müßten, wir wären niemals dazu berechtigt gewesen —
nimmermehr! . . . Ich kann Ihnen nur sagen: heben Sie hente die Verordnung
auf, so thun Sie auch noch ein zweites: wirken Sie durch ^eine gemäßigte
Anschauung und einen maßvollen Ton auf die Presse zurück, die Sie beherrschen,
wirken Sie in dein Sinne, daß Sie zu den Leitern derselben sagen: zeigt der
Regierung, daß ihr eine bessere Behandlung verdient."
Diese Ansprache hatte bei der Verranntheit der damaligen Opposition natür¬
lich so viel Erfolg, als wenn der Minister Tauben gepredigt oder Blinden von
Farbe» gesprochen hätte. Die Verordnung fiel, nachdem sie in der Zwischen¬
zeit wenigstens einigermaßen zur Beruhigung der aufgewühlten Massen beige¬
tragen und zum Nachdenken über das Wesen und die eigentlichen Bestrebungen
des Gewerbes bewogen hatte, das die „öffentliche Meinung" vorzugsweise
sabriziren und bedeuten will.
Die Minister hatten bei Erlaß der Preßverordnung unstreitig verfassungs¬
mäßig gehandelt. Der 63. Artikel der Verfassungsurkunde gab ihnen das
Recht, eine Verordnung vorläufig ohne Zustimmung des Landtages zu erlassen,
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