Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches ist gerade so ins Übermenschliche und Heilige idealisirt, wie ihr Vater; jeden¬ Smith kehrt nach all diesen Erlebnissen mit seiner wiedergefundenen Tochter Moritz Necker Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Lohnkampf. Die jüngsten Vorgänge in den Kohlenbezirken fordern Wir geben zu, daß gewiß an manchen Orten der Arbeiter von den indu¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches ist gerade so ins Übermenschliche und Heilige idealisirt, wie ihr Vater; jeden¬ Smith kehrt nach all diesen Erlebnissen mit seiner wiedergefundenen Tochter Moritz Necker Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Lohnkampf. Die jüngsten Vorgänge in den Kohlenbezirken fordern Wir geben zu, daß gewiß an manchen Orten der Arbeiter von den indu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0477" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205208"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1324" prev="#ID_1323"> ist gerade so ins Übermenschliche und Heilige idealisirt, wie ihr Vater; jeden¬<lb/> falls sind zwei solcher himmelblauen Gestalten für einen Roman zuviel, ganz<lb/> abgesehen von der innern Unwahrheit dieser Ideale. Marie liebt nun den<lb/> Sohn des schurkischen Curtis, Ralph, Professor der dentschen Litteratur an<lb/> irgend eiuer amerikanischen Hochschule. Um die Spannung zu erhöhen, ge¬<lb/> braucht Spielhagen die abgenutzte Finte der spröden Herzen, die sich nicht ver¬<lb/> stehen. Übrigens ist Ralph die längste Zeit totkrank, und die heilige Marie<lb/> wird seine Krankenpflegerin. Hübscher ist das zweite Liebespaar Reginald und<lb/> Anne Curtis. Wie Herbert ein dem Dichter wenig sympathischer Schüler des<lb/> „neuen Pharao," so ist Reginald der Vertreter des frischen, ehrlichen, streng<lb/> seine Ehre bewachenden Soldatengeistes des deutschen Offizierkorps. Die schönste<lb/> Gestalt des Buches ist Anne, sie ist hinreißend in ihrer Kraft und Leiden¬<lb/> schaft. Sie liebt aber nicht Reginald, sondern zu ihrem Unglück Hartmut<lb/> Snell, des Jllicius Sohn aus erster Ehe, einen Menschen von tollem Ehrgeiz,<lb/> aber ohne sittlichen Halt; dieser stürzt sich in die sozialistische Bewegung,<lb/> kommt in die Kreise der Anarchisten und wird bei der Verhaftung Nobilings<lb/> tot in dessen Zimmer aufgefunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1325"> Smith kehrt nach all diesen Erlebnissen mit seiner wiedergefundenen Tochter<lb/> Marie nach Amerika zurück. Spielhagens Ideal hält es also trotz all der<lb/> kühlen Anerkennung des mancherlei Guten, das doch da ist, in der Heimat<lb/> nicht aus. Wohl begreiflich, denn die Zeit der Schwärmerei ins Blaue ist<lb/> vorüber. Klar ist, daß Spielhagen eine Antwort auf seine vor drei Jahren<lb/> gestellte Frage: „Was will das werden?" noch immer nicht gefunden hat.</p><lb/> <note type="byline"> Moritz Necker</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Der Lohnkampf.</head> <p xml:id="ID_1326"> Die jüngsten Vorgänge in den Kohlenbezirken fordern<lb/> zu ernsten Erwägungen auf. Scheint es doch, als sollte die soziale Bewegung<lb/> der großen Arbeitermassen in den Fabrikbczirken eine stehende öffentliche Gefahr<lb/> gerade der wirtschaftlich bessern Zeiten bilden, gegen die weder die humane Gesetz¬<lb/> gebung in ihrer Fürsorge für Gesundheit, Leben und Altersversorgung des<lb/> Arbeiters, noch die Strenge des Sozialistengesetzes ein ausreichendes Mittel sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1327" next="#ID_1328"> Wir geben zu, daß gewiß an manchen Orten der Arbeiter von den indu¬<lb/> striellen Gesellschaften sich ausgebeutet sieht und sein Lohn den heutigen Lebens-<lb/> verhältnissen nicht immer entspricht, seine Arbeitskraft über Gebühr in Anspruch<lb/> genommen wird. Die Lohnbewegung der Wiener Pfcrdebahnkutscher faud aus</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0477]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
ist gerade so ins Übermenschliche und Heilige idealisirt, wie ihr Vater; jeden¬
falls sind zwei solcher himmelblauen Gestalten für einen Roman zuviel, ganz
abgesehen von der innern Unwahrheit dieser Ideale. Marie liebt nun den
Sohn des schurkischen Curtis, Ralph, Professor der dentschen Litteratur an
irgend eiuer amerikanischen Hochschule. Um die Spannung zu erhöhen, ge¬
braucht Spielhagen die abgenutzte Finte der spröden Herzen, die sich nicht ver¬
stehen. Übrigens ist Ralph die längste Zeit totkrank, und die heilige Marie
wird seine Krankenpflegerin. Hübscher ist das zweite Liebespaar Reginald und
Anne Curtis. Wie Herbert ein dem Dichter wenig sympathischer Schüler des
„neuen Pharao," so ist Reginald der Vertreter des frischen, ehrlichen, streng
seine Ehre bewachenden Soldatengeistes des deutschen Offizierkorps. Die schönste
Gestalt des Buches ist Anne, sie ist hinreißend in ihrer Kraft und Leiden¬
schaft. Sie liebt aber nicht Reginald, sondern zu ihrem Unglück Hartmut
Snell, des Jllicius Sohn aus erster Ehe, einen Menschen von tollem Ehrgeiz,
aber ohne sittlichen Halt; dieser stürzt sich in die sozialistische Bewegung,
kommt in die Kreise der Anarchisten und wird bei der Verhaftung Nobilings
tot in dessen Zimmer aufgefunden.
Smith kehrt nach all diesen Erlebnissen mit seiner wiedergefundenen Tochter
Marie nach Amerika zurück. Spielhagens Ideal hält es also trotz all der
kühlen Anerkennung des mancherlei Guten, das doch da ist, in der Heimat
nicht aus. Wohl begreiflich, denn die Zeit der Schwärmerei ins Blaue ist
vorüber. Klar ist, daß Spielhagen eine Antwort auf seine vor drei Jahren
gestellte Frage: „Was will das werden?" noch immer nicht gefunden hat.
Moritz Necker
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der Lohnkampf. Die jüngsten Vorgänge in den Kohlenbezirken fordern
zu ernsten Erwägungen auf. Scheint es doch, als sollte die soziale Bewegung
der großen Arbeitermassen in den Fabrikbczirken eine stehende öffentliche Gefahr
gerade der wirtschaftlich bessern Zeiten bilden, gegen die weder die humane Gesetz¬
gebung in ihrer Fürsorge für Gesundheit, Leben und Altersversorgung des
Arbeiters, noch die Strenge des Sozialistengesetzes ein ausreichendes Mittel sind.
Wir geben zu, daß gewiß an manchen Orten der Arbeiter von den indu¬
striellen Gesellschaften sich ausgebeutet sieht und sein Lohn den heutigen Lebens-
verhältnissen nicht immer entspricht, seine Arbeitskraft über Gebühr in Anspruch
genommen wird. Die Lohnbewegung der Wiener Pfcrdebahnkutscher faud aus
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