Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Die kirchlichen Verhältnisse in (Österreich im Alter von sechs bis zwölf Jahren durch Maugel an Übereinstimmung So weit glauben nun viele gut national gesinnte Männer in Deutsch- Daraus ergiebt sich nun zweierlei: erstens eine weitere Trennung der in Die kirchlichen Verhältnisse in (Österreich im Alter von sechs bis zwölf Jahren durch Maugel an Übereinstimmung So weit glauben nun viele gut national gesinnte Männer in Deutsch- Daraus ergiebt sich nun zweierlei: erstens eine weitere Trennung der in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205175"/> <fw type="header" place="top"> Die kirchlichen Verhältnisse in (Österreich</fw><lb/> <p xml:id="ID_1229" prev="#ID_1228"> im Alter von sechs bis zwölf Jahren durch Maugel an Übereinstimmung<lb/> zwischen dem Religionsunterrichte und den weltlichen Lehrgegenständen nicht in<lb/> ihrem Glauben erschüttert werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1230"> So weit glauben nun viele gut national gesinnte Männer in Deutsch-<lb/> vsterreich nicht gehen zu können, sie halten die Gefahr, die dem Volke durch<lb/> die Befestigung des Einflusses der katholischen Geistlichkeit erwachsen kann,<lb/> sür größer als die, die aus der Spaltung zwischen Bürgertum und Bauernstand,<lb/> aus dem stets zunehmenden Mißtrauen hervorgeht, mit dein sich die arbeitenden<lb/> Klassen gegenseitig beobachten. Erneuerung des Konkordats, Überflutung der<lb/> österreichischen Volksschulen mit Schnlbrüdern nach Art der trörv8 i^norautin8<lb/> in Belgien, Herabsetzung des Bildungsniveaus der Gesamtheit scheinen ihnen<lb/> die unvermeidlichen Folgen jedes Nachgebens gegen die Wünsche der ländlichen<lb/> Bevölkerung hinsichtlich der Schule zu sein. Vou dieser Überzeugung erfüllt,<lb/> setzten die Liberalen mit den ihnen zugänglichen Agitationsmitteln zuerst einen<lb/> Sturm gegen den Schnlantrag des Prinzen Liechtenstein in Szene und demon-<lb/> striren neuerdings gegen die vom Ministerium vorgelegte Schulnovelle. Dabei<lb/> werden immer von neuem die teils zutreffenden, teils falschen Beweisgründe<lb/> für die Notwendigkeit schlechterdings unveränderter Beibehaltung der Schul¬<lb/> gesetze von 186!» mit großer Leidenschaftlichkeit vorgebracht, und vor der großen<lb/> Menge, die immer für den Widerspruch an sich am meisten eingenommen ist,<lb/> wird als Haupttrnmpf die Behauptung ausgespielt, daß die Erhaltung der<lb/> Schulgesetze eine rein nationale Forderung sei, von der die Deutschen um ihrer<lb/> Eigenart willen nicht abgehen könnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1231" next="#ID_1232"> Daraus ergiebt sich nun zweierlei: erstens eine weitere Trennung der in<lb/> der Opposition befindlichen Deutschen vou der überwiegenden Mehrheit der<lb/> deutschen Bauern, deren Vertreter heute zur Schmach und zum Schaden der<lb/> Nation mit deren Feinden Hand in Hand gehen. Es hatte sich in den letzten<lb/> Jahren in vielen Gegenden schon zum Bessern gewendet, die geistlichen Ab¬<lb/> geordneten hatten es den Bauern kaum mehr begreiflich machen können, daß<lb/> sie immer nnr sür Tschechen und Slowenen eintreten müßten; wer Ange und<lb/> Ohr für das Leben und die Stimmung im Landvolke offen hat, konnte wahr¬<lb/> nehmen, daß bei so manchem klerikalen Wähler ein Umschwung im Werke war,<lb/> der vornehmlich ans einem gewissen, dein bäuerlichen Wesen entsprechenden<lb/> Selbstgefühle beruht, das sich dagegen sträubt, daß andre es ihm gleich oder<lb/> gar zuvor thun wollen. Wenn man die kirchlichen Fragen ganz aus dem<lb/> Spiele gelassen und die Bereitwilligkeit zu erkennen gegeben hätte, dem Bauern<lb/> in den ihn allein berührenden Fragen der Schulverwaltung Recht zu geben,<lb/> so wäre es nicht unmöglich gewesen, daß die bäuerlichen Vertreter bei den<lb/> nächsten Reichsratswahlen Zugeständnisse hinsichtlich ihrer nationalen Haltung<lb/> hätten machen müssen. Hauptsächlich aus dem Grunde, weil den klerikalen<lb/> Hetzern die Nahrung sür ihre Agitation gegen die Dentschnntionalen auszugehen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
Die kirchlichen Verhältnisse in (Österreich
im Alter von sechs bis zwölf Jahren durch Maugel an Übereinstimmung
zwischen dem Religionsunterrichte und den weltlichen Lehrgegenständen nicht in
ihrem Glauben erschüttert werden.
So weit glauben nun viele gut national gesinnte Männer in Deutsch-
vsterreich nicht gehen zu können, sie halten die Gefahr, die dem Volke durch
die Befestigung des Einflusses der katholischen Geistlichkeit erwachsen kann,
sür größer als die, die aus der Spaltung zwischen Bürgertum und Bauernstand,
aus dem stets zunehmenden Mißtrauen hervorgeht, mit dein sich die arbeitenden
Klassen gegenseitig beobachten. Erneuerung des Konkordats, Überflutung der
österreichischen Volksschulen mit Schnlbrüdern nach Art der trörv8 i^norautin8
in Belgien, Herabsetzung des Bildungsniveaus der Gesamtheit scheinen ihnen
die unvermeidlichen Folgen jedes Nachgebens gegen die Wünsche der ländlichen
Bevölkerung hinsichtlich der Schule zu sein. Vou dieser Überzeugung erfüllt,
setzten die Liberalen mit den ihnen zugänglichen Agitationsmitteln zuerst einen
Sturm gegen den Schnlantrag des Prinzen Liechtenstein in Szene und demon-
striren neuerdings gegen die vom Ministerium vorgelegte Schulnovelle. Dabei
werden immer von neuem die teils zutreffenden, teils falschen Beweisgründe
für die Notwendigkeit schlechterdings unveränderter Beibehaltung der Schul¬
gesetze von 186!» mit großer Leidenschaftlichkeit vorgebracht, und vor der großen
Menge, die immer für den Widerspruch an sich am meisten eingenommen ist,
wird als Haupttrnmpf die Behauptung ausgespielt, daß die Erhaltung der
Schulgesetze eine rein nationale Forderung sei, von der die Deutschen um ihrer
Eigenart willen nicht abgehen könnten.
Daraus ergiebt sich nun zweierlei: erstens eine weitere Trennung der in
der Opposition befindlichen Deutschen vou der überwiegenden Mehrheit der
deutschen Bauern, deren Vertreter heute zur Schmach und zum Schaden der
Nation mit deren Feinden Hand in Hand gehen. Es hatte sich in den letzten
Jahren in vielen Gegenden schon zum Bessern gewendet, die geistlichen Ab¬
geordneten hatten es den Bauern kaum mehr begreiflich machen können, daß
sie immer nnr sür Tschechen und Slowenen eintreten müßten; wer Ange und
Ohr für das Leben und die Stimmung im Landvolke offen hat, konnte wahr¬
nehmen, daß bei so manchem klerikalen Wähler ein Umschwung im Werke war,
der vornehmlich ans einem gewissen, dein bäuerlichen Wesen entsprechenden
Selbstgefühle beruht, das sich dagegen sträubt, daß andre es ihm gleich oder
gar zuvor thun wollen. Wenn man die kirchlichen Fragen ganz aus dem
Spiele gelassen und die Bereitwilligkeit zu erkennen gegeben hätte, dem Bauern
in den ihn allein berührenden Fragen der Schulverwaltung Recht zu geben,
so wäre es nicht unmöglich gewesen, daß die bäuerlichen Vertreter bei den
nächsten Reichsratswahlen Zugeständnisse hinsichtlich ihrer nationalen Haltung
hätten machen müssen. Hauptsächlich aus dem Grunde, weil den klerikalen
Hetzern die Nahrung sür ihre Agitation gegen die Dentschnntionalen auszugehen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |