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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Patent oder Lizenzprämie?
<Lin Beitrag zur Verbesserung des Reichs-Patentgesetzes von Aarl Freytag

"er Ruf nach Verbesserung unsrer Patentgesetzgebung ist so alt
wie diese Gesetzgebung selbst. Immer und immer wieder sind
"Klagen über ihre Unzuträglichkeiten in allen beteiligten Kreisen
laut geworden, nud noch vor wenig Monaten haben diese Klagen
Ivon der Tribüne des Reichstags herab einen beweglichen Aus-
druck gefunden. Aber die politische Erörterung und die öffentliche Meinung
haben sich diesen Beschwerden gegenüber bisher recht ablehnend Verhalten.
Nachdem der mehr als achtzehnjährige heiße Kampf zwischen Pateutfreundeu
und Pateutfeinden durch den Sieg der erstern endgiltig entschieden, die ein¬
seitige Manchestertheorie auch auf diesem Felde geschlagen und das Gesetz vom
25. Mai 1877 glücklich unter Dach und Fach gebracht war. gab man sich
gern der Meinung hin, damit nun alle Schwierigkeiten beseitigt oder doch ein
Gesetz geschaffen zu haben, das allen billigen Anforderungen genügte; und als
trotzdem die Klagen über die Ungerechtigkeiten und wirtschaftlichen Nachteile
des Patentweseus nicht verstummen wollten, tröstete man sich mit dein Bewußt¬
sein, das; die so schmerzlich empfundenen Mängel jedem gesetzlichen Erfindungs¬
schutze anhafteten und durch keine Umgestaltung der einmal getroffenen Be-
stimmungen zu vermeiden seien. Mau verfiel auch hier wie so oft (und wie
dies namentlich von seiten der grundsätzlichen Geguer des neuen Alters- und Jn-
vnlidenversicherungsgesetzes vielfach geschieht" dem verhängnisvollen Irrtume,
zu glauben, daß nun, da die Prinzipienfrage entschieden sei, nicht weniger als
alles gethan sei, ohne zu bedenken, daß jedes neue Gesetz, namentlich auf
dein wechselreichen wirtschaftlichen Gebiete, stets ein Schritt ins Dunkle ist,
und daß der praktische Erfolg erst zeigen muß, ob der tastende Fuß auch den
richtigen Pfad gefunden hat.

So begann denn die Hochflut von gelehrten und ungelehrten Veröffentlichungen
über die Patentfrage, die die sechziger und siebziger Jahre gebracht hatten, sich
allmählich zu verlaufen, das öffentliche Interesse an dem doch so außerordent¬
lich wichtige" Gegenstände erlahmte zusehends, nud in den letzten zwölf Jahren
ist fast kein einziger neuer und fruchtbarer Gedanke auf diesem Gebiete in die




Patent oder Lizenzprämie?
<Lin Beitrag zur Verbesserung des Reichs-Patentgesetzes von Aarl Freytag

«er Ruf nach Verbesserung unsrer Patentgesetzgebung ist so alt
wie diese Gesetzgebung selbst. Immer und immer wieder sind
«Klagen über ihre Unzuträglichkeiten in allen beteiligten Kreisen
laut geworden, nud noch vor wenig Monaten haben diese Klagen
Ivon der Tribüne des Reichstags herab einen beweglichen Aus-
druck gefunden. Aber die politische Erörterung und die öffentliche Meinung
haben sich diesen Beschwerden gegenüber bisher recht ablehnend Verhalten.
Nachdem der mehr als achtzehnjährige heiße Kampf zwischen Pateutfreundeu
und Pateutfeinden durch den Sieg der erstern endgiltig entschieden, die ein¬
seitige Manchestertheorie auch auf diesem Felde geschlagen und das Gesetz vom
25. Mai 1877 glücklich unter Dach und Fach gebracht war. gab man sich
gern der Meinung hin, damit nun alle Schwierigkeiten beseitigt oder doch ein
Gesetz geschaffen zu haben, das allen billigen Anforderungen genügte; und als
trotzdem die Klagen über die Ungerechtigkeiten und wirtschaftlichen Nachteile
des Patentweseus nicht verstummen wollten, tröstete man sich mit dein Bewußt¬
sein, das; die so schmerzlich empfundenen Mängel jedem gesetzlichen Erfindungs¬
schutze anhafteten und durch keine Umgestaltung der einmal getroffenen Be-
stimmungen zu vermeiden seien. Mau verfiel auch hier wie so oft (und wie
dies namentlich von seiten der grundsätzlichen Geguer des neuen Alters- und Jn-
vnlidenversicherungsgesetzes vielfach geschieht» dem verhängnisvollen Irrtume,
zu glauben, daß nun, da die Prinzipienfrage entschieden sei, nicht weniger als
alles gethan sei, ohne zu bedenken, daß jedes neue Gesetz, namentlich auf
dein wechselreichen wirtschaftlichen Gebiete, stets ein Schritt ins Dunkle ist,
und daß der praktische Erfolg erst zeigen muß, ob der tastende Fuß auch den
richtigen Pfad gefunden hat.

So begann denn die Hochflut von gelehrten und ungelehrten Veröffentlichungen
über die Patentfrage, die die sechziger und siebziger Jahre gebracht hatten, sich
allmählich zu verlaufen, das öffentliche Interesse an dem doch so außerordent¬
lich wichtige» Gegenstände erlahmte zusehends, nud in den letzten zwölf Jahren
ist fast kein einziger neuer und fruchtbarer Gedanke auf diesem Gebiete in die


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[0413] [Abbildung] Patent oder Lizenzprämie? <Lin Beitrag zur Verbesserung des Reichs-Patentgesetzes von Aarl Freytag «er Ruf nach Verbesserung unsrer Patentgesetzgebung ist so alt wie diese Gesetzgebung selbst. Immer und immer wieder sind «Klagen über ihre Unzuträglichkeiten in allen beteiligten Kreisen laut geworden, nud noch vor wenig Monaten haben diese Klagen Ivon der Tribüne des Reichstags herab einen beweglichen Aus- druck gefunden. Aber die politische Erörterung und die öffentliche Meinung haben sich diesen Beschwerden gegenüber bisher recht ablehnend Verhalten. Nachdem der mehr als achtzehnjährige heiße Kampf zwischen Pateutfreundeu und Pateutfeinden durch den Sieg der erstern endgiltig entschieden, die ein¬ seitige Manchestertheorie auch auf diesem Felde geschlagen und das Gesetz vom 25. Mai 1877 glücklich unter Dach und Fach gebracht war. gab man sich gern der Meinung hin, damit nun alle Schwierigkeiten beseitigt oder doch ein Gesetz geschaffen zu haben, das allen billigen Anforderungen genügte; und als trotzdem die Klagen über die Ungerechtigkeiten und wirtschaftlichen Nachteile des Patentweseus nicht verstummen wollten, tröstete man sich mit dein Bewußt¬ sein, das; die so schmerzlich empfundenen Mängel jedem gesetzlichen Erfindungs¬ schutze anhafteten und durch keine Umgestaltung der einmal getroffenen Be- stimmungen zu vermeiden seien. Mau verfiel auch hier wie so oft (und wie dies namentlich von seiten der grundsätzlichen Geguer des neuen Alters- und Jn- vnlidenversicherungsgesetzes vielfach geschieht» dem verhängnisvollen Irrtume, zu glauben, daß nun, da die Prinzipienfrage entschieden sei, nicht weniger als alles gethan sei, ohne zu bedenken, daß jedes neue Gesetz, namentlich auf dein wechselreichen wirtschaftlichen Gebiete, stets ein Schritt ins Dunkle ist, und daß der praktische Erfolg erst zeigen muß, ob der tastende Fuß auch den richtigen Pfad gefunden hat. So begann denn die Hochflut von gelehrten und ungelehrten Veröffentlichungen über die Patentfrage, die die sechziger und siebziger Jahre gebracht hatten, sich allmählich zu verlaufen, das öffentliche Interesse an dem doch so außerordent¬ lich wichtige» Gegenstände erlahmte zusehends, nud in den letzten zwölf Jahren ist fast kein einziger neuer und fruchtbarer Gedanke auf diesem Gebiete in die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/413>, abgerufen am 05.02.2025.