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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Der Streit um Samoa und die Deutschen in der Siidsee

Amerikanern und 9000 den Engländern. Von ihrem Lande bebauen die
Deutschen etwa 8000, die Engländer nnr 500 Acker, die Amerikaner noch gar
nichts. Die Pflanzungen liefern vorzugsweise Kokosnüsse, dann Baumwolle,
Kaffee und Kakao und werden, dn der Snmonner zu dauernder Arbeit nicht
zu haben ist, mit Knechten von den benachbarten Salomons-, Ellice-, Gilberts-
nnd Marschalls-Inseln betrieben, die man dort gegen bestimmten Lohn in
Geld, Nahrung und Kleidung, gewöhnlich für drei Jahre, anwirbt und deren
sich jetzt ungefähr 1000 hier befinden. Der deutsche Pflanzungsbetrieb und
seine Einrichtungen siud auch von den Engländern und Amerikanern wiederholt
als musterhaft bezeichnet worden.

Die Bedeutung der Samoainseln für Deutschland erscheint aber weit
größer, wenn wir sehen, daß Apia, der Hauptort der Gruppe, den Mittel-
Punkt des deutscheu Handels auf den sämtlichen Inseln der Südsee bildet.
Dieser Handel wird mit Hilfe von mehreren Hunderten kleiner Stationen ans
diesen Inseln betrieben, die von den Eingebornen gegen deutsche Waaren Kvpra,
d. h. die Kerne von Kokosnüssen, eintauschen, die dann vou kleinen Segelknttern
abgeholt und in die Faktoreien von Apia gebracht werden, wo man große
Ostindienfahrer aus Hamburg damit befrachtet. Es war das 1766 gegründete
Haus Godefroy und Sohn, das die Thätigkeit der Deutschen in diese fernen
Gegenden leitete, und namentlich kommt dem 1813 in Kiel gebornen, 1885
gestorbenen I. C. Godefroy das Hauptverdienst hinsichtlich unsrer Stellung
zu dem Handel in der Südsee zu, der in den siebziger Jahren fast ausschlie߬
lich in seinen Händen war. Ein geschäftlicher Rückgang bewog die Firma,
sich in ein Aktienunternchmen, die "Deutsche Seehandelsgesellschaft", zu ver¬
wandeln, und die Negierung beantragte 1880 beim Reichstag Unterstützung
dieser Gründung durch Übernahme einer Zinsgarantie für die nächsten zwanzig
Jahre. Der Antrag wurde bekanntlich abgelehnt. Das Geschäft aber be¬
findet sich gegenwärtig in den Händen der Deutschen Handels- und Plautagen-
gesellfchaft, die noch vor kurzem den Nachweis geführt hat, daß ihr Kapital
sich in dem Unternehmen hinreichend verzinst. Neben dieser Gesellschaft ist
noch die Hamburger Firma Rüge u. Kompagnie als mit einer Station in
Apia am samoanischen Handel beteiligt zu nennen. Der größte Teil des
Handels der Amerikaner in dieser Inselwelt sowie des Landbesitzes der Ameri¬
kaner gehört der (Zcmtrsl ?vivre,8an I>-rnÄ <^oinpM^, die übrigen amerikanischen
Firmen in Apia sind ohne Bedeutung. Von den englischen Handelshänsern,
die in Betracht kommen, sind Mac Arthur n. Company, das aber seinen
Hauptsitz zu Auckland auf Neuseeland hat, und die Firma Pritchard zu
erwähnen. Die Gesamteinfuhr in Apia hatte im Jahre 1881 einen Wert von
272 642 Dollars, wovon 203 625 auf Deutschland kamen, 1885 von 468 61.'!
Dollars, wovon ans Deutschland 281613 fielen. Der Wert der Ausfuhr
betrug 188t: 379 345 Dollars, wovon deutsch 368 010, und 1885: 369185


Der Streit um Samoa und die Deutschen in der Siidsee

Amerikanern und 9000 den Engländern. Von ihrem Lande bebauen die
Deutschen etwa 8000, die Engländer nnr 500 Acker, die Amerikaner noch gar
nichts. Die Pflanzungen liefern vorzugsweise Kokosnüsse, dann Baumwolle,
Kaffee und Kakao und werden, dn der Snmonner zu dauernder Arbeit nicht
zu haben ist, mit Knechten von den benachbarten Salomons-, Ellice-, Gilberts-
nnd Marschalls-Inseln betrieben, die man dort gegen bestimmten Lohn in
Geld, Nahrung und Kleidung, gewöhnlich für drei Jahre, anwirbt und deren
sich jetzt ungefähr 1000 hier befinden. Der deutsche Pflanzungsbetrieb und
seine Einrichtungen siud auch von den Engländern und Amerikanern wiederholt
als musterhaft bezeichnet worden.

Die Bedeutung der Samoainseln für Deutschland erscheint aber weit
größer, wenn wir sehen, daß Apia, der Hauptort der Gruppe, den Mittel-
Punkt des deutscheu Handels auf den sämtlichen Inseln der Südsee bildet.
Dieser Handel wird mit Hilfe von mehreren Hunderten kleiner Stationen ans
diesen Inseln betrieben, die von den Eingebornen gegen deutsche Waaren Kvpra,
d. h. die Kerne von Kokosnüssen, eintauschen, die dann vou kleinen Segelknttern
abgeholt und in die Faktoreien von Apia gebracht werden, wo man große
Ostindienfahrer aus Hamburg damit befrachtet. Es war das 1766 gegründete
Haus Godefroy und Sohn, das die Thätigkeit der Deutschen in diese fernen
Gegenden leitete, und namentlich kommt dem 1813 in Kiel gebornen, 1885
gestorbenen I. C. Godefroy das Hauptverdienst hinsichtlich unsrer Stellung
zu dem Handel in der Südsee zu, der in den siebziger Jahren fast ausschlie߬
lich in seinen Händen war. Ein geschäftlicher Rückgang bewog die Firma,
sich in ein Aktienunternchmen, die „Deutsche Seehandelsgesellschaft", zu ver¬
wandeln, und die Negierung beantragte 1880 beim Reichstag Unterstützung
dieser Gründung durch Übernahme einer Zinsgarantie für die nächsten zwanzig
Jahre. Der Antrag wurde bekanntlich abgelehnt. Das Geschäft aber be¬
findet sich gegenwärtig in den Händen der Deutschen Handels- und Plautagen-
gesellfchaft, die noch vor kurzem den Nachweis geführt hat, daß ihr Kapital
sich in dem Unternehmen hinreichend verzinst. Neben dieser Gesellschaft ist
noch die Hamburger Firma Rüge u. Kompagnie als mit einer Station in
Apia am samoanischen Handel beteiligt zu nennen. Der größte Teil des
Handels der Amerikaner in dieser Inselwelt sowie des Landbesitzes der Ameri¬
kaner gehört der (Zcmtrsl ?vivre,8an I>-rnÄ <^oinpM^, die übrigen amerikanischen
Firmen in Apia sind ohne Bedeutung. Von den englischen Handelshänsern,
die in Betracht kommen, sind Mac Arthur n. Company, das aber seinen
Hauptsitz zu Auckland auf Neuseeland hat, und die Firma Pritchard zu
erwähnen. Die Gesamteinfuhr in Apia hatte im Jahre 1881 einen Wert von
272 642 Dollars, wovon 203 625 auf Deutschland kamen, 1885 von 468 61.'!
Dollars, wovon ans Deutschland 281613 fielen. Der Wert der Ausfuhr
betrug 188t: 379 345 Dollars, wovon deutsch 368 010, und 1885: 369185


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[0251] Der Streit um Samoa und die Deutschen in der Siidsee Amerikanern und 9000 den Engländern. Von ihrem Lande bebauen die Deutschen etwa 8000, die Engländer nnr 500 Acker, die Amerikaner noch gar nichts. Die Pflanzungen liefern vorzugsweise Kokosnüsse, dann Baumwolle, Kaffee und Kakao und werden, dn der Snmonner zu dauernder Arbeit nicht zu haben ist, mit Knechten von den benachbarten Salomons-, Ellice-, Gilberts- nnd Marschalls-Inseln betrieben, die man dort gegen bestimmten Lohn in Geld, Nahrung und Kleidung, gewöhnlich für drei Jahre, anwirbt und deren sich jetzt ungefähr 1000 hier befinden. Der deutsche Pflanzungsbetrieb und seine Einrichtungen siud auch von den Engländern und Amerikanern wiederholt als musterhaft bezeichnet worden. Die Bedeutung der Samoainseln für Deutschland erscheint aber weit größer, wenn wir sehen, daß Apia, der Hauptort der Gruppe, den Mittel- Punkt des deutscheu Handels auf den sämtlichen Inseln der Südsee bildet. Dieser Handel wird mit Hilfe von mehreren Hunderten kleiner Stationen ans diesen Inseln betrieben, die von den Eingebornen gegen deutsche Waaren Kvpra, d. h. die Kerne von Kokosnüssen, eintauschen, die dann vou kleinen Segelknttern abgeholt und in die Faktoreien von Apia gebracht werden, wo man große Ostindienfahrer aus Hamburg damit befrachtet. Es war das 1766 gegründete Haus Godefroy und Sohn, das die Thätigkeit der Deutschen in diese fernen Gegenden leitete, und namentlich kommt dem 1813 in Kiel gebornen, 1885 gestorbenen I. C. Godefroy das Hauptverdienst hinsichtlich unsrer Stellung zu dem Handel in der Südsee zu, der in den siebziger Jahren fast ausschlie߬ lich in seinen Händen war. Ein geschäftlicher Rückgang bewog die Firma, sich in ein Aktienunternchmen, die „Deutsche Seehandelsgesellschaft", zu ver¬ wandeln, und die Negierung beantragte 1880 beim Reichstag Unterstützung dieser Gründung durch Übernahme einer Zinsgarantie für die nächsten zwanzig Jahre. Der Antrag wurde bekanntlich abgelehnt. Das Geschäft aber be¬ findet sich gegenwärtig in den Händen der Deutschen Handels- und Plautagen- gesellfchaft, die noch vor kurzem den Nachweis geführt hat, daß ihr Kapital sich in dem Unternehmen hinreichend verzinst. Neben dieser Gesellschaft ist noch die Hamburger Firma Rüge u. Kompagnie als mit einer Station in Apia am samoanischen Handel beteiligt zu nennen. Der größte Teil des Handels der Amerikaner in dieser Inselwelt sowie des Landbesitzes der Ameri¬ kaner gehört der (Zcmtrsl ?vivre,8an I>-rnÄ <^oinpM^, die übrigen amerikanischen Firmen in Apia sind ohne Bedeutung. Von den englischen Handelshänsern, die in Betracht kommen, sind Mac Arthur n. Company, das aber seinen Hauptsitz zu Auckland auf Neuseeland hat, und die Firma Pritchard zu erwähnen. Die Gesamteinfuhr in Apia hatte im Jahre 1881 einen Wert von 272 642 Dollars, wovon 203 625 auf Deutschland kamen, 1885 von 468 61.'! Dollars, wovon ans Deutschland 281613 fielen. Der Wert der Ausfuhr betrug 188t: 379 345 Dollars, wovon deutsch 368 010, und 1885: 369185

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/251>, abgerufen am 05.02.2025.