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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Krupps Erfindung eine ähnliche Rolle bei den Schlachte,: wie bei den Be¬
lagerungen des ruhmvollen Jahres. So bei Gravelotte, bei Se. Privat, bei
Sedan, bei der Beschießung von Straßburg u. s. w. Das preußische General¬
stabswerk erzählt in einfachen, klaren Worten, wie unsre Artillerie namentlich
bei Sedan das ganze Schlachtfeld beherrschte nud alles in ihrem Feuerbann
zermalmte, und Kaiser Napoleon kam, nachdem er gesehen, daß hier zuletzt
keine Truppe mehr in diesen Bann gebracht, keine Batterie mehr zum Abprotzen
befehligt werden konnte, ohne unrettbar binnen kurzem den deutschen Granaten
zu erliegen, zu dem ihn selbst erleichternden Schlüsse, daß gegen diese Artillerie
keine Armee der Welt Stand zu halten vermocht hätte. Infolge dessen mehrten
sich die Bestellungen ans Kruppsche Geschütze mit jedem Jahre, die Ausdehnung
der Essener Werke, die Zahl der Arbeiter wuchs ius Ungeheure, und
steigender Reichtum: setzte den Fabrikherrn in den Stand, zu den Anstalten,
die er für die Wohlfahrt der Arbeiter schon seit Jahren gegründet hatte, immer
neue hinzuzufügen. Betrübend war dabei für ihn, daß ein Teil seiner Leute
von den letzten sechziger Jahren an sozinlistlfchcn Wühlern Gehör gab, und
daß später auch die ultramontnne Hetzerei unter der Arbeiterschaft, besonders
unter den Bergleuten der Kohlengruben, Erfolg hatte. Zwar wurden auch
diese feindlichen Mächte gleich manchen andern schließlich überwunden und un¬
schädlich gemacht, doch hatten inzwischen die Umtriebe der schwarzen Kapläne
bei zwei Neichstagswahlen bewirkt, daß die Bewerbung des Protestanten und
Patrioten Krupp um ein Mandat mißlang. Seine Fabrik aber gedieh immer
besser, ihre technischen Anlagen nahmen 1872 schon etwa 902 preußische
Morgen ein, von denen ungefähr 50 überdacht waren. Die Gesamtproduktion
betrug damals 250 Millionen Pfund Gußstahl und Gußeisen, sie hatte sich
innerhalb eines einzigen Jahres um rund 100000 Pfund, die Zahl der Arbeiter
allein auf den: Essener Werke um 2308 Köpfe vermehrt, so daß letztere jetzt
10622 Mann stark waren, zu denen daun noch ungefähr 5000 traten, die die
Firma in den Hütten im Nenwiedschen, in der Jvhanneshütte bei Duisburg
und in verschiednen Kohlenzechen beschäftigte. An Eisensteingruben waren bis
zu dieser Zeit 414 mit einem Grubeufeld von 80000 Morgen, die in den
Revieren Kirchen-Neuwied, Wetzlar, Dillenburg und Herrn lagen, in den Besitz
Krnpps übergegangen. Jetzt erwarb er dazu noch in Gemeinschaft mit einem
Spanier und zwei englischen Gesellschaftern das Recht zur Ausbeutung vorzüg¬
licher Eisenerzlager bei Bilbao, bei denen 2200 Bergleute beschäftigt wurden.
Diese können jährlich 300000 Tonnen Erze für die Besfemer-Stahlbereitnng in
Essen fördern. Ihr Produkt geht zunächst auf einer Eisenbahn nach Luchcma am
Nervionflusse, von wo Transportdampfer es erst auf letzterm, dann über See
nach Rotterdam bringen, wo es auf Nheinfchiffe ungeladen wird, die es nach
deu Kruppschen Hochöfen in Duisburg, Neuwied und Mülhofen befördern.
Mit dieser spanischen Erwerbung hatte sich die Firma einerseits den reget-


Krupps Erfindung eine ähnliche Rolle bei den Schlachte,: wie bei den Be¬
lagerungen des ruhmvollen Jahres. So bei Gravelotte, bei Se. Privat, bei
Sedan, bei der Beschießung von Straßburg u. s. w. Das preußische General¬
stabswerk erzählt in einfachen, klaren Worten, wie unsre Artillerie namentlich
bei Sedan das ganze Schlachtfeld beherrschte nud alles in ihrem Feuerbann
zermalmte, und Kaiser Napoleon kam, nachdem er gesehen, daß hier zuletzt
keine Truppe mehr in diesen Bann gebracht, keine Batterie mehr zum Abprotzen
befehligt werden konnte, ohne unrettbar binnen kurzem den deutschen Granaten
zu erliegen, zu dem ihn selbst erleichternden Schlüsse, daß gegen diese Artillerie
keine Armee der Welt Stand zu halten vermocht hätte. Infolge dessen mehrten
sich die Bestellungen ans Kruppsche Geschütze mit jedem Jahre, die Ausdehnung
der Essener Werke, die Zahl der Arbeiter wuchs ius Ungeheure, und
steigender Reichtum: setzte den Fabrikherrn in den Stand, zu den Anstalten,
die er für die Wohlfahrt der Arbeiter schon seit Jahren gegründet hatte, immer
neue hinzuzufügen. Betrübend war dabei für ihn, daß ein Teil seiner Leute
von den letzten sechziger Jahren an sozinlistlfchcn Wühlern Gehör gab, und
daß später auch die ultramontnne Hetzerei unter der Arbeiterschaft, besonders
unter den Bergleuten der Kohlengruben, Erfolg hatte. Zwar wurden auch
diese feindlichen Mächte gleich manchen andern schließlich überwunden und un¬
schädlich gemacht, doch hatten inzwischen die Umtriebe der schwarzen Kapläne
bei zwei Neichstagswahlen bewirkt, daß die Bewerbung des Protestanten und
Patrioten Krupp um ein Mandat mißlang. Seine Fabrik aber gedieh immer
besser, ihre technischen Anlagen nahmen 1872 schon etwa 902 preußische
Morgen ein, von denen ungefähr 50 überdacht waren. Die Gesamtproduktion
betrug damals 250 Millionen Pfund Gußstahl und Gußeisen, sie hatte sich
innerhalb eines einzigen Jahres um rund 100000 Pfund, die Zahl der Arbeiter
allein auf den: Essener Werke um 2308 Köpfe vermehrt, so daß letztere jetzt
10622 Mann stark waren, zu denen daun noch ungefähr 5000 traten, die die
Firma in den Hütten im Nenwiedschen, in der Jvhanneshütte bei Duisburg
und in verschiednen Kohlenzechen beschäftigte. An Eisensteingruben waren bis
zu dieser Zeit 414 mit einem Grubeufeld von 80000 Morgen, die in den
Revieren Kirchen-Neuwied, Wetzlar, Dillenburg und Herrn lagen, in den Besitz
Krnpps übergegangen. Jetzt erwarb er dazu noch in Gemeinschaft mit einem
Spanier und zwei englischen Gesellschaftern das Recht zur Ausbeutung vorzüg¬
licher Eisenerzlager bei Bilbao, bei denen 2200 Bergleute beschäftigt wurden.
Diese können jährlich 300000 Tonnen Erze für die Besfemer-Stahlbereitnng in
Essen fördern. Ihr Produkt geht zunächst auf einer Eisenbahn nach Luchcma am
Nervionflusse, von wo Transportdampfer es erst auf letzterm, dann über See
nach Rotterdam bringen, wo es auf Nheinfchiffe ungeladen wird, die es nach
deu Kruppschen Hochöfen in Duisburg, Neuwied und Mülhofen befördern.
Mit dieser spanischen Erwerbung hatte sich die Firma einerseits den reget-


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[0022] Krupps Erfindung eine ähnliche Rolle bei den Schlachte,: wie bei den Be¬ lagerungen des ruhmvollen Jahres. So bei Gravelotte, bei Se. Privat, bei Sedan, bei der Beschießung von Straßburg u. s. w. Das preußische General¬ stabswerk erzählt in einfachen, klaren Worten, wie unsre Artillerie namentlich bei Sedan das ganze Schlachtfeld beherrschte nud alles in ihrem Feuerbann zermalmte, und Kaiser Napoleon kam, nachdem er gesehen, daß hier zuletzt keine Truppe mehr in diesen Bann gebracht, keine Batterie mehr zum Abprotzen befehligt werden konnte, ohne unrettbar binnen kurzem den deutschen Granaten zu erliegen, zu dem ihn selbst erleichternden Schlüsse, daß gegen diese Artillerie keine Armee der Welt Stand zu halten vermocht hätte. Infolge dessen mehrten sich die Bestellungen ans Kruppsche Geschütze mit jedem Jahre, die Ausdehnung der Essener Werke, die Zahl der Arbeiter wuchs ius Ungeheure, und steigender Reichtum: setzte den Fabrikherrn in den Stand, zu den Anstalten, die er für die Wohlfahrt der Arbeiter schon seit Jahren gegründet hatte, immer neue hinzuzufügen. Betrübend war dabei für ihn, daß ein Teil seiner Leute von den letzten sechziger Jahren an sozinlistlfchcn Wühlern Gehör gab, und daß später auch die ultramontnne Hetzerei unter der Arbeiterschaft, besonders unter den Bergleuten der Kohlengruben, Erfolg hatte. Zwar wurden auch diese feindlichen Mächte gleich manchen andern schließlich überwunden und un¬ schädlich gemacht, doch hatten inzwischen die Umtriebe der schwarzen Kapläne bei zwei Neichstagswahlen bewirkt, daß die Bewerbung des Protestanten und Patrioten Krupp um ein Mandat mißlang. Seine Fabrik aber gedieh immer besser, ihre technischen Anlagen nahmen 1872 schon etwa 902 preußische Morgen ein, von denen ungefähr 50 überdacht waren. Die Gesamtproduktion betrug damals 250 Millionen Pfund Gußstahl und Gußeisen, sie hatte sich innerhalb eines einzigen Jahres um rund 100000 Pfund, die Zahl der Arbeiter allein auf den: Essener Werke um 2308 Köpfe vermehrt, so daß letztere jetzt 10622 Mann stark waren, zu denen daun noch ungefähr 5000 traten, die die Firma in den Hütten im Nenwiedschen, in der Jvhanneshütte bei Duisburg und in verschiednen Kohlenzechen beschäftigte. An Eisensteingruben waren bis zu dieser Zeit 414 mit einem Grubeufeld von 80000 Morgen, die in den Revieren Kirchen-Neuwied, Wetzlar, Dillenburg und Herrn lagen, in den Besitz Krnpps übergegangen. Jetzt erwarb er dazu noch in Gemeinschaft mit einem Spanier und zwei englischen Gesellschaftern das Recht zur Ausbeutung vorzüg¬ licher Eisenerzlager bei Bilbao, bei denen 2200 Bergleute beschäftigt wurden. Diese können jährlich 300000 Tonnen Erze für die Besfemer-Stahlbereitnng in Essen fördern. Ihr Produkt geht zunächst auf einer Eisenbahn nach Luchcma am Nervionflusse, von wo Transportdampfer es erst auf letzterm, dann über See nach Rotterdam bringen, wo es auf Nheinfchiffe ungeladen wird, die es nach deu Kruppschen Hochöfen in Duisburg, Neuwied und Mülhofen befördern. Mit dieser spanischen Erwerbung hatte sich die Firma einerseits den reget-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/22>, abgerufen am 05.02.2025.