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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aoburg-Gotha

und das Preßkomitee Rechenschaft von ihrer Geschäftsführung ablegen und die
Übrigen schriftlich über die politische Stimmung in ihren Kreisen berichten.
10. "Jedes Mitglied des Vereins übernimmt die Verpflichtung, in weitern
Kreisen Personen zu jährlichen Geldbeiträgen zu veranlassen. Diesen lediglich
zahlenden Affiliirten sind nur der Name des Hofrats Becker und die Namen
von Mitgliedern des Preßkomitees bekannt zu geben."

Die wichtigste Aufgabe fiel nach dieser Zusammenkunft dem Preßkomitee
zu, das aus G. Freytag und M. Duncker gebildet wurde und "in kurzer Zeit
sehr erhebliche Leistungen aufzuweisen hatte. Freytag konnte sich schon nach
Verlauf eines Jahres rühmen, daß er mit manchem gutdotirten staatlichen
Preßbureau den heimlichen Kampf mit Glück aufgenommen habe, und wenn
ich," setzt der Selbstbiogrnph hinzu, "in Wien und Berlin, in London und
Paris überall der Frage begegnete, aus welchen Quellen die stark national ge¬
färbte und antirufsische Strömung in der deutschen Presse hauptsächlich stamme,
so konnte ich mit stiller Genugthuung unsers Preßkomitees Ruhm: und Ver¬
dienst hierin erblicken."

Unter den Unternehmungen, die die politischen Freunde des Herzogs Ernst
ins Leben riefen, war die Leipziger "Autographirte Korrespondenz" die wich¬
tigste und glücklichste. Durch die Mitteilungen, die ihr "Protektor" über den
Gang der öffentlichen Geschäfte zu machen in der Lage war, erfreute sie sich
großen Ansehens bei Blättern aller Richtungen und wurde bald zu einer kleinen
Macht. Sodann hatte man auch die Broschürenlitcratur ins Auge gefaßt,
und neben vielen andern Flugschriften verdankten Mathys "Vaterländifche
Blätter" der Anregung des Preßkvmitees ihr wirkungsreiches Erscheinen. Als
höchstes Ziel schwebte dem Verein die Gründung eines großen Blattes
vor. In den preußischen Kammern konnte man zu diesem Zwecke an die
Partei Bethmann-Hollwegs anknüpfen, der man "durch persönliche Beziehungen
und sachliche Gesichtspunkte am nächsten stand." Ihre Tendenzen wurden
durch das "Preußische Wochenblatt" vertreten, und durch eine Koalition
hoffte man dessen Umwandlung in ein Tageblatt bewerkstelligen zu können.
Dunker verhandelte darüber im September zu Frankfurt mit hervorragenden
Herrn von jener Partei, und man näherte sich einander in dem Maße,
daß eine Anzahl solcher preußischen Politiker, z. B. Usedom, Pourtales und
v. d. Goltz mit den Koburg-Gothaischen Patrioten in dauernde Verbindung
traten. Die Gründung eines großen Blattes scheiterte jedoch großenteils
an der Schwierigkeit, dnrch Aktienzeichnung die erforderlichen Geldmittel auf¬
zubringen."

"Dagegen fand ich, erzählt der Herzog weiter, "bald Gelegenheit, in
London für ein deutsches westmächtlich gesinntes Journal Interesse zu erwecken,
> westmächtlich gesinnt? wir meinten das große Blatt, das geschaffen werden
sollte, wäre als patriotisch, als deutsch und nur deutsch gesinnt gedacht worden!


Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aoburg-Gotha

und das Preßkomitee Rechenschaft von ihrer Geschäftsführung ablegen und die
Übrigen schriftlich über die politische Stimmung in ihren Kreisen berichten.
10. „Jedes Mitglied des Vereins übernimmt die Verpflichtung, in weitern
Kreisen Personen zu jährlichen Geldbeiträgen zu veranlassen. Diesen lediglich
zahlenden Affiliirten sind nur der Name des Hofrats Becker und die Namen
von Mitgliedern des Preßkomitees bekannt zu geben."

Die wichtigste Aufgabe fiel nach dieser Zusammenkunft dem Preßkomitee
zu, das aus G. Freytag und M. Duncker gebildet wurde und „in kurzer Zeit
sehr erhebliche Leistungen aufzuweisen hatte. Freytag konnte sich schon nach
Verlauf eines Jahres rühmen, daß er mit manchem gutdotirten staatlichen
Preßbureau den heimlichen Kampf mit Glück aufgenommen habe, und wenn
ich," setzt der Selbstbiogrnph hinzu, „in Wien und Berlin, in London und
Paris überall der Frage begegnete, aus welchen Quellen die stark national ge¬
färbte und antirufsische Strömung in der deutschen Presse hauptsächlich stamme,
so konnte ich mit stiller Genugthuung unsers Preßkomitees Ruhm: und Ver¬
dienst hierin erblicken."

Unter den Unternehmungen, die die politischen Freunde des Herzogs Ernst
ins Leben riefen, war die Leipziger „Autographirte Korrespondenz" die wich¬
tigste und glücklichste. Durch die Mitteilungen, die ihr „Protektor" über den
Gang der öffentlichen Geschäfte zu machen in der Lage war, erfreute sie sich
großen Ansehens bei Blättern aller Richtungen und wurde bald zu einer kleinen
Macht. Sodann hatte man auch die Broschürenlitcratur ins Auge gefaßt,
und neben vielen andern Flugschriften verdankten Mathys „Vaterländifche
Blätter" der Anregung des Preßkvmitees ihr wirkungsreiches Erscheinen. Als
höchstes Ziel schwebte dem Verein die Gründung eines großen Blattes
vor. In den preußischen Kammern konnte man zu diesem Zwecke an die
Partei Bethmann-Hollwegs anknüpfen, der man „durch persönliche Beziehungen
und sachliche Gesichtspunkte am nächsten stand." Ihre Tendenzen wurden
durch das „Preußische Wochenblatt" vertreten, und durch eine Koalition
hoffte man dessen Umwandlung in ein Tageblatt bewerkstelligen zu können.
Dunker verhandelte darüber im September zu Frankfurt mit hervorragenden
Herrn von jener Partei, und man näherte sich einander in dem Maße,
daß eine Anzahl solcher preußischen Politiker, z. B. Usedom, Pourtales und
v. d. Goltz mit den Koburg-Gothaischen Patrioten in dauernde Verbindung
traten. Die Gründung eines großen Blattes scheiterte jedoch großenteils
an der Schwierigkeit, dnrch Aktienzeichnung die erforderlichen Geldmittel auf¬
zubringen."

„Dagegen fand ich, erzählt der Herzog weiter, „bald Gelegenheit, in
London für ein deutsches westmächtlich gesinntes Journal Interesse zu erwecken,
> westmächtlich gesinnt? wir meinten das große Blatt, das geschaffen werden
sollte, wäre als patriotisch, als deutsch und nur deutsch gesinnt gedacht worden!


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[0168] Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aoburg-Gotha und das Preßkomitee Rechenschaft von ihrer Geschäftsführung ablegen und die Übrigen schriftlich über die politische Stimmung in ihren Kreisen berichten. 10. „Jedes Mitglied des Vereins übernimmt die Verpflichtung, in weitern Kreisen Personen zu jährlichen Geldbeiträgen zu veranlassen. Diesen lediglich zahlenden Affiliirten sind nur der Name des Hofrats Becker und die Namen von Mitgliedern des Preßkomitees bekannt zu geben." Die wichtigste Aufgabe fiel nach dieser Zusammenkunft dem Preßkomitee zu, das aus G. Freytag und M. Duncker gebildet wurde und „in kurzer Zeit sehr erhebliche Leistungen aufzuweisen hatte. Freytag konnte sich schon nach Verlauf eines Jahres rühmen, daß er mit manchem gutdotirten staatlichen Preßbureau den heimlichen Kampf mit Glück aufgenommen habe, und wenn ich," setzt der Selbstbiogrnph hinzu, „in Wien und Berlin, in London und Paris überall der Frage begegnete, aus welchen Quellen die stark national ge¬ färbte und antirufsische Strömung in der deutschen Presse hauptsächlich stamme, so konnte ich mit stiller Genugthuung unsers Preßkomitees Ruhm: und Ver¬ dienst hierin erblicken." Unter den Unternehmungen, die die politischen Freunde des Herzogs Ernst ins Leben riefen, war die Leipziger „Autographirte Korrespondenz" die wich¬ tigste und glücklichste. Durch die Mitteilungen, die ihr „Protektor" über den Gang der öffentlichen Geschäfte zu machen in der Lage war, erfreute sie sich großen Ansehens bei Blättern aller Richtungen und wurde bald zu einer kleinen Macht. Sodann hatte man auch die Broschürenlitcratur ins Auge gefaßt, und neben vielen andern Flugschriften verdankten Mathys „Vaterländifche Blätter" der Anregung des Preßkvmitees ihr wirkungsreiches Erscheinen. Als höchstes Ziel schwebte dem Verein die Gründung eines großen Blattes vor. In den preußischen Kammern konnte man zu diesem Zwecke an die Partei Bethmann-Hollwegs anknüpfen, der man „durch persönliche Beziehungen und sachliche Gesichtspunkte am nächsten stand." Ihre Tendenzen wurden durch das „Preußische Wochenblatt" vertreten, und durch eine Koalition hoffte man dessen Umwandlung in ein Tageblatt bewerkstelligen zu können. Dunker verhandelte darüber im September zu Frankfurt mit hervorragenden Herrn von jener Partei, und man näherte sich einander in dem Maße, daß eine Anzahl solcher preußischen Politiker, z. B. Usedom, Pourtales und v. d. Goltz mit den Koburg-Gothaischen Patrioten in dauernde Verbindung traten. Die Gründung eines großen Blattes scheiterte jedoch großenteils an der Schwierigkeit, dnrch Aktienzeichnung die erforderlichen Geldmittel auf¬ zubringen." „Dagegen fand ich, erzählt der Herzog weiter, „bald Gelegenheit, in London für ein deutsches westmächtlich gesinntes Journal Interesse zu erwecken, > westmächtlich gesinnt? wir meinten das große Blatt, das geschaffen werden sollte, wäre als patriotisch, als deutsch und nur deutsch gesinnt gedacht worden!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/168>, abgerufen am 05.02.2025.