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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aoburg-Gotha

der Partei sollten die Presse, Aussprache in den Kammern und indirektes
Wirken auf die Regierungen und das Volk im gesellschaftlichen Leben sein.
Eingekeilt sollte sie werden in einen Hauptverein mit einem Ausschusse für
ganz Deutschland und in Zweigvereine. "Der Ausschuß," heißt es in der
sehr ausführlichen Denkschrift Sr. Hoheit, "sei die Seele des Ganzen, das
Direktorium. Von ihm allein gehen die Anordnungen in dem Hauptvereine
und die Aussprachen gegen die Zweigvereine aus. Er führt die gesamte
Korrespondenz und muß von allem in Kenntnis gesetzt sein, was von
einzelnen Mitgliedern zum Besten des Ganzen ausgeht. Dagegen ist jedes
Mitglied verpflichtet, nach Möglichkeit seinen Anordnungen sich zu fügen.
Ihm allein steht wiederum das Recht zu, in der Generalversammlung neue
Mitglieder vorzuschlagen. Er richte seine Aufmerksamkeit vorzüglich darauf:
g.. daß die Wahlen für die Volksvertretungen der einzelnen Länder den Zwecken
der Partei entsprechend ausfallen, v. daß die Volksvertretungen nach einem,
übereinstimmenden Plane handeln, o. daß überall Preßorgane entstehen, welche
die Grundsätze der Partei, einem einheitlichen Impulse folgend, vertreten,
Z. daß die Zweigvereine zur unmittelbaren (!) Lösung der so wichtigen sozialen
Fragen angehalten und aufgemuntert werden Wickwickierls, v. daß die Regie¬
rungen mehr wie sonst sich veranlaßt finden, sich den Wünschen der Nation,
der politischen und sozialen, direkt anzunehmen, t°. daß dieselben auf diesem
Wege von snktioser Opposition und schädlichem Parteiegoismus befreit werden.
Die Mitglieder des Ausschusses seien nur dem Hanptvereine als solche bekannt,
sür die große Masse sei die Zusammensetzung des Ausschusses ein Geheimnis.
Derselbe bestehe anfangs aus etwa zwanzig Personen, die sich später durch
Selbstergänzung vermehren können. Zweck der Zweigvereine sei einerseits die
Vorbereitung zum Übertritte in den Hanptverein für diejenigen Mitglieder,
welche dazu befähigt erscheinen, für die große Menge der übrigen anderseits
die Möglichkeit, in einem nähern Aneinnnderschließeu die Zwecke der Partei zu
verfolgen, auf diese Weise das Terrain für den Hauptverein vorzubereiten und
demselben als breitere Grundlage für seine Einwirkung auf das Volk zu dienen.
Zweigvereine können sich überall bilden. Sie behalten stets einen lokalen
Charakter."

Diese Anregung "fiel," wie der Verfasser berichtet, "sofort auf ein frucht¬
bares und wvhlvorbereitetes Erdreich." Zwar entstanden nur wenige Zweig¬
vereine, aber was die Denkschrift über den Hauptverein und den Ausschuß
gesagt hatte, "verwirklichte sich alles rasch," eine Behauptung, die wohl nicht
bloß uns unverständlich ist. Im Lause der Zeit bildete sich unter den Mit¬
gliedern des Vereins die Gewohnheit ans, den Herzog als Protektor zu be¬
zeichnen, und jedenfalls war er der Leiter, da er die Versammlungen einberief,
die Beschlüsse zu genehmigen hatte, die Rechnungen prüfte und ähnliche Ge¬
schäfte in die Hand nahm. Die eigentliche Gründung des Vereins fand am


Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aoburg-Gotha

der Partei sollten die Presse, Aussprache in den Kammern und indirektes
Wirken auf die Regierungen und das Volk im gesellschaftlichen Leben sein.
Eingekeilt sollte sie werden in einen Hauptverein mit einem Ausschusse für
ganz Deutschland und in Zweigvereine. „Der Ausschuß," heißt es in der
sehr ausführlichen Denkschrift Sr. Hoheit, „sei die Seele des Ganzen, das
Direktorium. Von ihm allein gehen die Anordnungen in dem Hauptvereine
und die Aussprachen gegen die Zweigvereine aus. Er führt die gesamte
Korrespondenz und muß von allem in Kenntnis gesetzt sein, was von
einzelnen Mitgliedern zum Besten des Ganzen ausgeht. Dagegen ist jedes
Mitglied verpflichtet, nach Möglichkeit seinen Anordnungen sich zu fügen.
Ihm allein steht wiederum das Recht zu, in der Generalversammlung neue
Mitglieder vorzuschlagen. Er richte seine Aufmerksamkeit vorzüglich darauf:
g.. daß die Wahlen für die Volksvertretungen der einzelnen Länder den Zwecken
der Partei entsprechend ausfallen, v. daß die Volksvertretungen nach einem,
übereinstimmenden Plane handeln, o. daß überall Preßorgane entstehen, welche
die Grundsätze der Partei, einem einheitlichen Impulse folgend, vertreten,
Z. daß die Zweigvereine zur unmittelbaren (!) Lösung der so wichtigen sozialen
Fragen angehalten und aufgemuntert werden Wickwickierls, v. daß die Regie¬
rungen mehr wie sonst sich veranlaßt finden, sich den Wünschen der Nation,
der politischen und sozialen, direkt anzunehmen, t°. daß dieselben auf diesem
Wege von snktioser Opposition und schädlichem Parteiegoismus befreit werden.
Die Mitglieder des Ausschusses seien nur dem Hanptvereine als solche bekannt,
sür die große Masse sei die Zusammensetzung des Ausschusses ein Geheimnis.
Derselbe bestehe anfangs aus etwa zwanzig Personen, die sich später durch
Selbstergänzung vermehren können. Zweck der Zweigvereine sei einerseits die
Vorbereitung zum Übertritte in den Hanptverein für diejenigen Mitglieder,
welche dazu befähigt erscheinen, für die große Menge der übrigen anderseits
die Möglichkeit, in einem nähern Aneinnnderschließeu die Zwecke der Partei zu
verfolgen, auf diese Weise das Terrain für den Hauptverein vorzubereiten und
demselben als breitere Grundlage für seine Einwirkung auf das Volk zu dienen.
Zweigvereine können sich überall bilden. Sie behalten stets einen lokalen
Charakter."

Diese Anregung „fiel," wie der Verfasser berichtet, „sofort auf ein frucht¬
bares und wvhlvorbereitetes Erdreich." Zwar entstanden nur wenige Zweig¬
vereine, aber was die Denkschrift über den Hauptverein und den Ausschuß
gesagt hatte, „verwirklichte sich alles rasch," eine Behauptung, die wohl nicht
bloß uns unverständlich ist. Im Lause der Zeit bildete sich unter den Mit¬
gliedern des Vereins die Gewohnheit ans, den Herzog als Protektor zu be¬
zeichnen, und jedenfalls war er der Leiter, da er die Versammlungen einberief,
die Beschlüsse zu genehmigen hatte, die Rechnungen prüfte und ähnliche Ge¬
schäfte in die Hand nahm. Die eigentliche Gründung des Vereins fand am


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[0166] Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aoburg-Gotha der Partei sollten die Presse, Aussprache in den Kammern und indirektes Wirken auf die Regierungen und das Volk im gesellschaftlichen Leben sein. Eingekeilt sollte sie werden in einen Hauptverein mit einem Ausschusse für ganz Deutschland und in Zweigvereine. „Der Ausschuß," heißt es in der sehr ausführlichen Denkschrift Sr. Hoheit, „sei die Seele des Ganzen, das Direktorium. Von ihm allein gehen die Anordnungen in dem Hauptvereine und die Aussprachen gegen die Zweigvereine aus. Er führt die gesamte Korrespondenz und muß von allem in Kenntnis gesetzt sein, was von einzelnen Mitgliedern zum Besten des Ganzen ausgeht. Dagegen ist jedes Mitglied verpflichtet, nach Möglichkeit seinen Anordnungen sich zu fügen. Ihm allein steht wiederum das Recht zu, in der Generalversammlung neue Mitglieder vorzuschlagen. Er richte seine Aufmerksamkeit vorzüglich darauf: g.. daß die Wahlen für die Volksvertretungen der einzelnen Länder den Zwecken der Partei entsprechend ausfallen, v. daß die Volksvertretungen nach einem, übereinstimmenden Plane handeln, o. daß überall Preßorgane entstehen, welche die Grundsätze der Partei, einem einheitlichen Impulse folgend, vertreten, Z. daß die Zweigvereine zur unmittelbaren (!) Lösung der so wichtigen sozialen Fragen angehalten und aufgemuntert werden Wickwickierls, v. daß die Regie¬ rungen mehr wie sonst sich veranlaßt finden, sich den Wünschen der Nation, der politischen und sozialen, direkt anzunehmen, t°. daß dieselben auf diesem Wege von snktioser Opposition und schädlichem Parteiegoismus befreit werden. Die Mitglieder des Ausschusses seien nur dem Hanptvereine als solche bekannt, sür die große Masse sei die Zusammensetzung des Ausschusses ein Geheimnis. Derselbe bestehe anfangs aus etwa zwanzig Personen, die sich später durch Selbstergänzung vermehren können. Zweck der Zweigvereine sei einerseits die Vorbereitung zum Übertritte in den Hanptverein für diejenigen Mitglieder, welche dazu befähigt erscheinen, für die große Menge der übrigen anderseits die Möglichkeit, in einem nähern Aneinnnderschließeu die Zwecke der Partei zu verfolgen, auf diese Weise das Terrain für den Hauptverein vorzubereiten und demselben als breitere Grundlage für seine Einwirkung auf das Volk zu dienen. Zweigvereine können sich überall bilden. Sie behalten stets einen lokalen Charakter." Diese Anregung „fiel," wie der Verfasser berichtet, „sofort auf ein frucht¬ bares und wvhlvorbereitetes Erdreich." Zwar entstanden nur wenige Zweig¬ vereine, aber was die Denkschrift über den Hauptverein und den Ausschuß gesagt hatte, „verwirklichte sich alles rasch," eine Behauptung, die wohl nicht bloß uns unverständlich ist. Im Lause der Zeit bildete sich unter den Mit¬ gliedern des Vereins die Gewohnheit ans, den Herzog als Protektor zu be¬ zeichnen, und jedenfalls war er der Leiter, da er die Versammlungen einberief, die Beschlüsse zu genehmigen hatte, die Rechnungen prüfte und ähnliche Ge¬ schäfte in die Hand nahm. Die eigentliche Gründung des Vereins fand am

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/166>, abgerufen am 05.02.2025.