Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Amnlie von Helwig die zur Scheidung von der ersten Gattin geführt hatten, natürlich in einem Indem die Biographin Amalie von Helwigs, der Tochter Jmhoffs, sich Amnlie von Helwig die zur Scheidung von der ersten Gattin geführt hatten, natürlich in einem Indem die Biographin Amalie von Helwigs, der Tochter Jmhoffs, sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204867"/> <fw type="header" place="top"> Amnlie von Helwig</fw><lb/> <p xml:id="ID_335" prev="#ID_334"> die zur Scheidung von der ersten Gattin geführt hatten, natürlich in einem<lb/> für ihn viel günstigeren Lichte dar, der Generalgouvemeur von britisch Ost<lb/> indien erschien darnach als der treulose Hausfreund, dessem Schutze Marianne<lb/> von Jmhoff anvertraut gewesen sei und der sie dein vertrauenden Gemahl<lb/> geraubt habe. Immerhin hätte es auffallen müssen, daß der heimgekehrte<lb/> Abenteurer einen in Indien gebornen Sohn in den Händen des Hastings'schen<lb/> Ehepaars gelassen hatte, doch war es in jener Zeit und bei der damaligen<lb/> Art des Verkehrs sehr schwierig, wenn nicht schlechterdings unmöglich, über<lb/> die Vorgänge im fernen Osten Genaueres und Wahreres zu erfahre», als<lb/> Jmhoff zu erzählen für gut fand.</p><lb/> <p xml:id="ID_336" next="#ID_337"> Indem die Biographin Amalie von Helwigs, der Tochter Jmhoffs, sich<lb/> einfach die Überlieferung zu eigen macht, welche in den dentschen Umgangs-<lb/> lreiscn des Barons galt, indem sie die Miene annimmt, die entgegenstehende<lb/> Erzählung nicht zu keimen, begeht sie in jedem Falle ein Unrecht, entweder<lb/> an der geschichtlichen Wahrheit oder an dein Andenken eines „verlenmdeten"<lb/> Mannes. Die Annahme, daß Jmhoff seine erste Frau an Warren Hustings<lb/> überlassen, gleichsam verkauft, daß er in der ganzen Angelegenheit eine un¬<lb/> würdige Rolle gespielt habe, geht durch ganze Reihen englischer Werke über<lb/> den berühmten Nachfolger Jmhoffs hindurch, sie hat durch Maeanlays glän¬<lb/> zenden Essai, der in hunderttausenden von Exemplaren verbreitet, in alle<lb/> europäischen Sprachen übersetzt ist, eine gewaltige Geltung gewonnen. Wer<lb/> dem dort gegebenen Bericht über die Fahrt Jmhoffs nach Madras, sein Ver¬<lb/> hältnis zu Warren Hastings und die getroffenen häuslichen Verabredungen<lb/> widersprechen, den Vater der Dichterin rechtfertigen will, müßte (wenn er es<lb/> kann) der in der englischen Geschichtschreibung eingebürgerten Auffassung deutlich,<lb/> bestimmt, entrüstet gegenübertrete», müßte die Gegenbeweise (wem, er deren<lb/> hat) klar vorlegen, er wäre es dem Gedächtnis Jmhoffs schuldig, nicht<lb/> mit ein paar hingeworfenen Bemerkungen, die mehr auf die Unkenntnis<lb/> der deutschen Leser, als uns die Widerlegung tausendfach wiederholter An¬<lb/> schuldigungen berechnet scheinen, gleichsam am Kern der Frage vvrbeizühuschen.<lb/> Daß Briefe von Marianne Jmhoff vorhanden gewesen seien, in denen sie ihr<lb/> „strafbares Gefühl" eingesteht, ist leicht zu glauben, denn etwas derart mußte<lb/> den fränkischen Gerichten vorgelegt werden, um die Scheidung überhaupt zu<lb/> erwirken. Ein paar solcher Schriftstücke beweisen nichts gegenüber den nus-<lb/> sührlicheu Berichten der englischen Biographen des Warren Hastings, gegen¬<lb/> über den Jahrzahlen und gegenüber der Adoption des jungen Charles Jmhoff<lb/> von Daylesford durch Hastings. War es eben nicht möglich, eine gründliche<lb/> Verteidigung des Freiherrn Karl von Jmhoff zu unternehmen, so hätte die<lb/> Verfasserin der Biographie seiner Tochter die geschichtliche Wahrheit mindestens<lb/> durch Schweigen ehren sollen. Dies würde um so eher möglich gewesen sein,<lb/> als in Wahrheit Amalie vou Jmhoff, um die es sich hier handelt, sehr wenig</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
Amnlie von Helwig
die zur Scheidung von der ersten Gattin geführt hatten, natürlich in einem
für ihn viel günstigeren Lichte dar, der Generalgouvemeur von britisch Ost
indien erschien darnach als der treulose Hausfreund, dessem Schutze Marianne
von Jmhoff anvertraut gewesen sei und der sie dein vertrauenden Gemahl
geraubt habe. Immerhin hätte es auffallen müssen, daß der heimgekehrte
Abenteurer einen in Indien gebornen Sohn in den Händen des Hastings'schen
Ehepaars gelassen hatte, doch war es in jener Zeit und bei der damaligen
Art des Verkehrs sehr schwierig, wenn nicht schlechterdings unmöglich, über
die Vorgänge im fernen Osten Genaueres und Wahreres zu erfahre», als
Jmhoff zu erzählen für gut fand.
Indem die Biographin Amalie von Helwigs, der Tochter Jmhoffs, sich
einfach die Überlieferung zu eigen macht, welche in den dentschen Umgangs-
lreiscn des Barons galt, indem sie die Miene annimmt, die entgegenstehende
Erzählung nicht zu keimen, begeht sie in jedem Falle ein Unrecht, entweder
an der geschichtlichen Wahrheit oder an dein Andenken eines „verlenmdeten"
Mannes. Die Annahme, daß Jmhoff seine erste Frau an Warren Hustings
überlassen, gleichsam verkauft, daß er in der ganzen Angelegenheit eine un¬
würdige Rolle gespielt habe, geht durch ganze Reihen englischer Werke über
den berühmten Nachfolger Jmhoffs hindurch, sie hat durch Maeanlays glän¬
zenden Essai, der in hunderttausenden von Exemplaren verbreitet, in alle
europäischen Sprachen übersetzt ist, eine gewaltige Geltung gewonnen. Wer
dem dort gegebenen Bericht über die Fahrt Jmhoffs nach Madras, sein Ver¬
hältnis zu Warren Hastings und die getroffenen häuslichen Verabredungen
widersprechen, den Vater der Dichterin rechtfertigen will, müßte (wenn er es
kann) der in der englischen Geschichtschreibung eingebürgerten Auffassung deutlich,
bestimmt, entrüstet gegenübertrete», müßte die Gegenbeweise (wem, er deren
hat) klar vorlegen, er wäre es dem Gedächtnis Jmhoffs schuldig, nicht
mit ein paar hingeworfenen Bemerkungen, die mehr auf die Unkenntnis
der deutschen Leser, als uns die Widerlegung tausendfach wiederholter An¬
schuldigungen berechnet scheinen, gleichsam am Kern der Frage vvrbeizühuschen.
Daß Briefe von Marianne Jmhoff vorhanden gewesen seien, in denen sie ihr
„strafbares Gefühl" eingesteht, ist leicht zu glauben, denn etwas derart mußte
den fränkischen Gerichten vorgelegt werden, um die Scheidung überhaupt zu
erwirken. Ein paar solcher Schriftstücke beweisen nichts gegenüber den nus-
sührlicheu Berichten der englischen Biographen des Warren Hastings, gegen¬
über den Jahrzahlen und gegenüber der Adoption des jungen Charles Jmhoff
von Daylesford durch Hastings. War es eben nicht möglich, eine gründliche
Verteidigung des Freiherrn Karl von Jmhoff zu unternehmen, so hätte die
Verfasserin der Biographie seiner Tochter die geschichtliche Wahrheit mindestens
durch Schweigen ehren sollen. Dies würde um so eher möglich gewesen sein,
als in Wahrheit Amalie vou Jmhoff, um die es sich hier handelt, sehr wenig
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