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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Roburg-Gotha

und neunten Buche"?, die unter die Rubrik der damals in die Mode gekommenen
und noch jetzt von manchen Leuten gerühmten "Bolkspolitik" fallen, eignen
sich für einen solchen Vergleich, und so werden wir die Auszüge, mit denen
wir die Arbeit des Herzogs am besten zu empfehlen glauben, diesen Abschnitten
entnehmen. Zunächst aber machen wir auf den übrigen Inhalt in einem kurzen
Überblick mit Hervorhebung besonders interessanter Stücke aufmerksam.

Das sechste Buch, mit dem der neue Band anfängt, betitelt sich "Die
Jahre des Rückschritts" und erzählt uns nach den Dresdener Kläglichkeiten
das Treiben des in alter Jämmerlichkeit wieder auferstandenen Bundestags,
worauf es die allgemeine Lage zu Anfang der fünfziger Jahre schildert und
sich schließlich mit thüringischen, speziell mit Koburg-Gothaischen Fragen da¬
maliger Zeit beschäftigt. Interessante Pvrtrütskizzen sind hier u. a. der
"Flottenfischer," General Radvwitz, vou dem wir hören, daß er den Herzog
zur Abfassung des gegenwärtigen Geschichtswerkes veranlaßt und ihm zugleich
in dein Schleswig-Holsteiner Samwer einen Gehilfen dazu verschafft hat, der
Großherzog Leopold vou Baden und der Großherzog Karl Friedrich voll
Weimar, den viele wohl nicht so günstig beurteilt haben werden, wie es hier
geschieht. Im nächsten Buche hat es der Verfasser mit den orientalischen
Wirren, die zum Krimkriege führten, mit diesem Kriege selbst und mit dem
Kongreß zu thun, der deu darauf folgenden Frieden schloß. Von Wert siudeu
wir hier namentlich die Berichte des Herzogs über seinen Besuch in Paris,
seine vertraulichen Gespräche mit dem Kaiser Napoleon, Prinz Alberts
Äußerungen über die Lage, das Verhältnis Friedrich Wilhelms zu dem Prinzen
von Preußen in diesen Tagen und die Beobachtungen, die der Herzog während
seines damaligen Aufenthalts in Wien zu' machen Gelegenheit hatte. Im
achten Buche verdienen die Kapitel über den Ausgang König Friedrich Wilhelms
und über die allgemeine Lage nach dem Krimkriege Beachtung, und zwar in
diesem Kapitel vorzüglich die Stellen über die damals in Berlin viel erörterte
Frage, ob Stellvertretung oder Regentschaft, und die über den Verkehr des
Herzogs mit dem Fürsten Anton von Hohenzollern zu Ende des Jahres 1"5",
in dem andern die sehr lebendige Beschreibung des Attentats an der großen
Oper in Paris, bei dem der Verfasser Augenzeuge war. Das neunte und
letzte Buch endlich behandelt Preußen und Deutschland angesichts der Vor¬
bereitungen ans deu österreichischem Krieg mit Sardinien lind Frankreich, während
und uach dem Kriege, wobei wieder mancherlei wertvolle Beiträge zum Ver¬
ständnis dieser Vorgänge geliefert werden. Das Schlnßtapitel über die Gründung
des Nationnlvereins werden wir, wie angedeutet, in Verbindung mit einem andern,
seinem hauptsnchlicheu Inhalte uach wiedergeben. Vorher lassen wir den Herzog
und einige andre Berichterstatter die Dresdner Konferenzen chnrakterisiren.

Am 2!Z. Dezember 1"5><> fand im Vrühlschen Palais die erste Sitzung
der Konferenz statt, deren leitender Gedanke die Überzeugung sei" sollte, daß


Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Roburg-Gotha

und neunten Buche«?, die unter die Rubrik der damals in die Mode gekommenen
und noch jetzt von manchen Leuten gerühmten „Bolkspolitik" fallen, eignen
sich für einen solchen Vergleich, und so werden wir die Auszüge, mit denen
wir die Arbeit des Herzogs am besten zu empfehlen glauben, diesen Abschnitten
entnehmen. Zunächst aber machen wir auf den übrigen Inhalt in einem kurzen
Überblick mit Hervorhebung besonders interessanter Stücke aufmerksam.

Das sechste Buch, mit dem der neue Band anfängt, betitelt sich „Die
Jahre des Rückschritts" und erzählt uns nach den Dresdener Kläglichkeiten
das Treiben des in alter Jämmerlichkeit wieder auferstandenen Bundestags,
worauf es die allgemeine Lage zu Anfang der fünfziger Jahre schildert und
sich schließlich mit thüringischen, speziell mit Koburg-Gothaischen Fragen da¬
maliger Zeit beschäftigt. Interessante Pvrtrütskizzen sind hier u. a. der
„Flottenfischer," General Radvwitz, vou dem wir hören, daß er den Herzog
zur Abfassung des gegenwärtigen Geschichtswerkes veranlaßt und ihm zugleich
in dein Schleswig-Holsteiner Samwer einen Gehilfen dazu verschafft hat, der
Großherzog Leopold vou Baden und der Großherzog Karl Friedrich voll
Weimar, den viele wohl nicht so günstig beurteilt haben werden, wie es hier
geschieht. Im nächsten Buche hat es der Verfasser mit den orientalischen
Wirren, die zum Krimkriege führten, mit diesem Kriege selbst und mit dem
Kongreß zu thun, der deu darauf folgenden Frieden schloß. Von Wert siudeu
wir hier namentlich die Berichte des Herzogs über seinen Besuch in Paris,
seine vertraulichen Gespräche mit dem Kaiser Napoleon, Prinz Alberts
Äußerungen über die Lage, das Verhältnis Friedrich Wilhelms zu dem Prinzen
von Preußen in diesen Tagen und die Beobachtungen, die der Herzog während
seines damaligen Aufenthalts in Wien zu' machen Gelegenheit hatte. Im
achten Buche verdienen die Kapitel über den Ausgang König Friedrich Wilhelms
und über die allgemeine Lage nach dem Krimkriege Beachtung, und zwar in
diesem Kapitel vorzüglich die Stellen über die damals in Berlin viel erörterte
Frage, ob Stellvertretung oder Regentschaft, und die über den Verkehr des
Herzogs mit dem Fürsten Anton von Hohenzollern zu Ende des Jahres 1»5«,
in dem andern die sehr lebendige Beschreibung des Attentats an der großen
Oper in Paris, bei dem der Verfasser Augenzeuge war. Das neunte und
letzte Buch endlich behandelt Preußen und Deutschland angesichts der Vor¬
bereitungen ans deu österreichischem Krieg mit Sardinien lind Frankreich, während
und uach dem Kriege, wobei wieder mancherlei wertvolle Beiträge zum Ver¬
ständnis dieser Vorgänge geliefert werden. Das Schlnßtapitel über die Gründung
des Nationnlvereins werden wir, wie angedeutet, in Verbindung mit einem andern,
seinem hauptsnchlicheu Inhalte uach wiedergeben. Vorher lassen wir den Herzog
und einige andre Berichterstatter die Dresdner Konferenzen chnrakterisiren.

Am 2!Z. Dezember 1«5><> fand im Vrühlschen Palais die erste Sitzung
der Konferenz statt, deren leitender Gedanke die Überzeugung sei» sollte, daß


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[0106] Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Roburg-Gotha und neunten Buche«?, die unter die Rubrik der damals in die Mode gekommenen und noch jetzt von manchen Leuten gerühmten „Bolkspolitik" fallen, eignen sich für einen solchen Vergleich, und so werden wir die Auszüge, mit denen wir die Arbeit des Herzogs am besten zu empfehlen glauben, diesen Abschnitten entnehmen. Zunächst aber machen wir auf den übrigen Inhalt in einem kurzen Überblick mit Hervorhebung besonders interessanter Stücke aufmerksam. Das sechste Buch, mit dem der neue Band anfängt, betitelt sich „Die Jahre des Rückschritts" und erzählt uns nach den Dresdener Kläglichkeiten das Treiben des in alter Jämmerlichkeit wieder auferstandenen Bundestags, worauf es die allgemeine Lage zu Anfang der fünfziger Jahre schildert und sich schließlich mit thüringischen, speziell mit Koburg-Gothaischen Fragen da¬ maliger Zeit beschäftigt. Interessante Pvrtrütskizzen sind hier u. a. der „Flottenfischer," General Radvwitz, vou dem wir hören, daß er den Herzog zur Abfassung des gegenwärtigen Geschichtswerkes veranlaßt und ihm zugleich in dein Schleswig-Holsteiner Samwer einen Gehilfen dazu verschafft hat, der Großherzog Leopold vou Baden und der Großherzog Karl Friedrich voll Weimar, den viele wohl nicht so günstig beurteilt haben werden, wie es hier geschieht. Im nächsten Buche hat es der Verfasser mit den orientalischen Wirren, die zum Krimkriege führten, mit diesem Kriege selbst und mit dem Kongreß zu thun, der deu darauf folgenden Frieden schloß. Von Wert siudeu wir hier namentlich die Berichte des Herzogs über seinen Besuch in Paris, seine vertraulichen Gespräche mit dem Kaiser Napoleon, Prinz Alberts Äußerungen über die Lage, das Verhältnis Friedrich Wilhelms zu dem Prinzen von Preußen in diesen Tagen und die Beobachtungen, die der Herzog während seines damaligen Aufenthalts in Wien zu' machen Gelegenheit hatte. Im achten Buche verdienen die Kapitel über den Ausgang König Friedrich Wilhelms und über die allgemeine Lage nach dem Krimkriege Beachtung, und zwar in diesem Kapitel vorzüglich die Stellen über die damals in Berlin viel erörterte Frage, ob Stellvertretung oder Regentschaft, und die über den Verkehr des Herzogs mit dem Fürsten Anton von Hohenzollern zu Ende des Jahres 1»5«, in dem andern die sehr lebendige Beschreibung des Attentats an der großen Oper in Paris, bei dem der Verfasser Augenzeuge war. Das neunte und letzte Buch endlich behandelt Preußen und Deutschland angesichts der Vor¬ bereitungen ans deu österreichischem Krieg mit Sardinien lind Frankreich, während und uach dem Kriege, wobei wieder mancherlei wertvolle Beiträge zum Ver¬ ständnis dieser Vorgänge geliefert werden. Das Schlnßtapitel über die Gründung des Nationnlvereins werden wir, wie angedeutet, in Verbindung mit einem andern, seinem hauptsnchlicheu Inhalte uach wiedergeben. Vorher lassen wir den Herzog und einige andre Berichterstatter die Dresdner Konferenzen chnrakterisiren. Am 2!Z. Dezember 1«5><> fand im Vrühlschen Palais die erste Sitzung der Konferenz statt, deren leitender Gedanke die Überzeugung sei» sollte, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/106>, abgerufen am 05.02.2025.