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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Leibniz als Volkswirt

Professor betrug das Wachstum Rußlands in den letzten vier Jahrhunderten
täglich im Durchschnitt 130 Quadratkilometer, also wöchentlich mehr als das
Fürstentum Schwarzburg-Sondershnnsen; seit Peter I. täglich im Durchschnitt
W Quadratkilometer, also jährlich einen Zuwachs an Areal fast von der Größe
des heutigen Königsreiches Preußen. Und dieser ungeheure Zuwachs ist etwa
seit der Mitte des 16. Jahrhunderts fremdes, nicht russisches Gebiet gewesen
mit Ausnahme der wenigstens nahe stammverwandten klcinrussischen Länder.
Das Grvßfürstentum Moskau hat mehr als 350000 Geviertmeilen nicht russischen
Landes durch Eroberung an sich gebracht, während es hente noch nur etwa
t05 Millionen Einwohner, unter ihnen etwa 60 Millionen Russen, zählt. In
Rußland leben ans dem Quadratkilometer 4,8 Menschen, in Deutschland 87.

(Schluß folgt)




Leibniz als Volkswirt
von N). Weise (Schluß)

u dieser Art von Versicherungen hat also jeder Einzelne selbst
beizutragen. Bei andern: Mißgeschick soll der Staat allein helfend
eingreifen. Ich führe neben der Ermahnung Leibnizens, Korn¬
magazine anzulegen, damit bei einer Teuerung oder Mißernte
das Elend des Volkes erleichtert werde, einen Vorschlag an, mit
dem er etwas ganz Modernes, den Ruf nach Nationalwerkstätten, ausdrückt.
Schon in dem erwähnten "Bedenken zur Errichtung einer Sozietät" verlangt
er ein "Werkhans, darin ein jeder arme Mensch, Tagelöhner und armer Hnnd-
werksgesell, solange er will, arbeiten und sein Kost, auch wohl etwas zur
Zehrung, weiter zu gehen, verdienen könne, daß also daselbst alle Handwerke
geschenkt werden." Die Arbeiter, sagt er anderswo, würden dadurch nicht
faul werden, vielmehr fleißiger arbeiten, weil sie ohne Nahrungssorgen immer
gleich viel und nicht einmal zu viel, das andremal zu wenig zu thun hätten,
und außerdem würde verhindert werden, daß die reichen Kaufleute die armen
Arbeiter ausbeuten.

Mit dieser Sorge um das Wohl des Einzelnen sind Leibnizens Gedanken
"ber das Gesundheitswesen in Verbindung zu setzen. Da nächst der Tugend
die Gesundheit das Wichtigste ist, so hat die Obrigkeit auch auf die Gesundheit


Leibniz als Volkswirt

Professor betrug das Wachstum Rußlands in den letzten vier Jahrhunderten
täglich im Durchschnitt 130 Quadratkilometer, also wöchentlich mehr als das
Fürstentum Schwarzburg-Sondershnnsen; seit Peter I. täglich im Durchschnitt
W Quadratkilometer, also jährlich einen Zuwachs an Areal fast von der Größe
des heutigen Königsreiches Preußen. Und dieser ungeheure Zuwachs ist etwa
seit der Mitte des 16. Jahrhunderts fremdes, nicht russisches Gebiet gewesen
mit Ausnahme der wenigstens nahe stammverwandten klcinrussischen Länder.
Das Grvßfürstentum Moskau hat mehr als 350000 Geviertmeilen nicht russischen
Landes durch Eroberung an sich gebracht, während es hente noch nur etwa
t05 Millionen Einwohner, unter ihnen etwa 60 Millionen Russen, zählt. In
Rußland leben ans dem Quadratkilometer 4,8 Menschen, in Deutschland 87.

(Schluß folgt)




Leibniz als Volkswirt
von N). Weise (Schluß)

u dieser Art von Versicherungen hat also jeder Einzelne selbst
beizutragen. Bei andern: Mißgeschick soll der Staat allein helfend
eingreifen. Ich führe neben der Ermahnung Leibnizens, Korn¬
magazine anzulegen, damit bei einer Teuerung oder Mißernte
das Elend des Volkes erleichtert werde, einen Vorschlag an, mit
dem er etwas ganz Modernes, den Ruf nach Nationalwerkstätten, ausdrückt.
Schon in dem erwähnten „Bedenken zur Errichtung einer Sozietät" verlangt
er ein „Werkhans, darin ein jeder arme Mensch, Tagelöhner und armer Hnnd-
werksgesell, solange er will, arbeiten und sein Kost, auch wohl etwas zur
Zehrung, weiter zu gehen, verdienen könne, daß also daselbst alle Handwerke
geschenkt werden." Die Arbeiter, sagt er anderswo, würden dadurch nicht
faul werden, vielmehr fleißiger arbeiten, weil sie ohne Nahrungssorgen immer
gleich viel und nicht einmal zu viel, das andremal zu wenig zu thun hätten,
und außerdem würde verhindert werden, daß die reichen Kaufleute die armen
Arbeiter ausbeuten.

Mit dieser Sorge um das Wohl des Einzelnen sind Leibnizens Gedanken
"ber das Gesundheitswesen in Verbindung zu setzen. Da nächst der Tugend
die Gesundheit das Wichtigste ist, so hat die Obrigkeit auch auf die Gesundheit


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[0075] Leibniz als Volkswirt Professor betrug das Wachstum Rußlands in den letzten vier Jahrhunderten täglich im Durchschnitt 130 Quadratkilometer, also wöchentlich mehr als das Fürstentum Schwarzburg-Sondershnnsen; seit Peter I. täglich im Durchschnitt W Quadratkilometer, also jährlich einen Zuwachs an Areal fast von der Größe des heutigen Königsreiches Preußen. Und dieser ungeheure Zuwachs ist etwa seit der Mitte des 16. Jahrhunderts fremdes, nicht russisches Gebiet gewesen mit Ausnahme der wenigstens nahe stammverwandten klcinrussischen Länder. Das Grvßfürstentum Moskau hat mehr als 350000 Geviertmeilen nicht russischen Landes durch Eroberung an sich gebracht, während es hente noch nur etwa t05 Millionen Einwohner, unter ihnen etwa 60 Millionen Russen, zählt. In Rußland leben ans dem Quadratkilometer 4,8 Menschen, in Deutschland 87. (Schluß folgt) Leibniz als Volkswirt von N). Weise (Schluß) u dieser Art von Versicherungen hat also jeder Einzelne selbst beizutragen. Bei andern: Mißgeschick soll der Staat allein helfend eingreifen. Ich führe neben der Ermahnung Leibnizens, Korn¬ magazine anzulegen, damit bei einer Teuerung oder Mißernte das Elend des Volkes erleichtert werde, einen Vorschlag an, mit dem er etwas ganz Modernes, den Ruf nach Nationalwerkstätten, ausdrückt. Schon in dem erwähnten „Bedenken zur Errichtung einer Sozietät" verlangt er ein „Werkhans, darin ein jeder arme Mensch, Tagelöhner und armer Hnnd- werksgesell, solange er will, arbeiten und sein Kost, auch wohl etwas zur Zehrung, weiter zu gehen, verdienen könne, daß also daselbst alle Handwerke geschenkt werden." Die Arbeiter, sagt er anderswo, würden dadurch nicht faul werden, vielmehr fleißiger arbeiten, weil sie ohne Nahrungssorgen immer gleich viel und nicht einmal zu viel, das andremal zu wenig zu thun hätten, und außerdem würde verhindert werden, daß die reichen Kaufleute die armen Arbeiter ausbeuten. Mit dieser Sorge um das Wohl des Einzelnen sind Leibnizens Gedanken "ber das Gesundheitswesen in Verbindung zu setzen. Da nächst der Tugend die Gesundheit das Wichtigste ist, so hat die Obrigkeit auch auf die Gesundheit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/75>, abgerufen am 29.06.2024.