Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Zur Erklärung deutscher Revolutionssympathien
5790--^792
von Ivoldemar Wenck

ollständig die Ursachen des Beifalls nachzuweisen, dessen sich die
französische Revolution weit und breit in Deutschland erfreute,
liegt nicht in meiner Absicht. Vieles würde anzuführen sein, was
in allen lebhaft bewegten Zeitstiunnuugeu dem Angriff auf das
Bestehende zum Vorteil vor der Verteidigung gedient hat; auch
müßte weit zurückgegangen werden in der Geschichte der deutschen Staats- und
Geistesentwicklung, wie dies von Clemens Perthes schon vor vierzig Jahren
zu ähnlichem Zwecke in so trefflicher Weise geschehen ist.*) Hier sei nur einiges
zur Sprache gebracht, was unmittelbar aus dem deutschen Leben und Schriften-
tum der Revolutionszeit selbst in die Augen springt, namentlich anch, was
zur Erklärung jenes Beifalls schon solche Zeitgenossen anführten, denen dazu
nicht einfach die Macht der Wahrheit und des Rechts genügte, die der Sache
der Revolution beiwohne.

Friedrich von Gentz schrieb im Jahre 1792 in der Einleitung zu Vurkes
Betrachtungen über die französische Revolution, die kurz vorher zu seiner eignen
Umwandlung aus einem lebhaften Nevolutionsfreunde in einen entschiedenen
Nevolutionsgegner wesentlich beigetragen hatten und nun von ihm in geschickter
Bearbeitung an die deutsche Leserwelt gebracht wurden: "Der Lobredner der
Revolutionen preiset ein künftiges Gilt und lehnt sich wider ein gegenwärtiges
Übel ans; sein Gegner warnt vor einem künftigen Übel und nimmt ein gegen¬
wärtiges Gut in Schutz." Wenn nun auch ein Staats- und Regierungswesen,



*) Clemens Perthes, Das deutsche Staatsleben vor der Revolution. -- Ich benutze diesen
Ort zu der Bitte, S. 4S3, Z. 14 v u. statt: Süden und Osten, zu lesen: Süden und Westen,
Grenzboten I 1839 03


Zur Erklärung deutscher Revolutionssympathien
5790—^792
von Ivoldemar Wenck

ollständig die Ursachen des Beifalls nachzuweisen, dessen sich die
französische Revolution weit und breit in Deutschland erfreute,
liegt nicht in meiner Absicht. Vieles würde anzuführen sein, was
in allen lebhaft bewegten Zeitstiunnuugeu dem Angriff auf das
Bestehende zum Vorteil vor der Verteidigung gedient hat; auch
müßte weit zurückgegangen werden in der Geschichte der deutschen Staats- und
Geistesentwicklung, wie dies von Clemens Perthes schon vor vierzig Jahren
zu ähnlichem Zwecke in so trefflicher Weise geschehen ist.*) Hier sei nur einiges
zur Sprache gebracht, was unmittelbar aus dem deutschen Leben und Schriften-
tum der Revolutionszeit selbst in die Augen springt, namentlich anch, was
zur Erklärung jenes Beifalls schon solche Zeitgenossen anführten, denen dazu
nicht einfach die Macht der Wahrheit und des Rechts genügte, die der Sache
der Revolution beiwohne.

Friedrich von Gentz schrieb im Jahre 1792 in der Einleitung zu Vurkes
Betrachtungen über die französische Revolution, die kurz vorher zu seiner eignen
Umwandlung aus einem lebhaften Nevolutionsfreunde in einen entschiedenen
Nevolutionsgegner wesentlich beigetragen hatten und nun von ihm in geschickter
Bearbeitung an die deutsche Leserwelt gebracht wurden: „Der Lobredner der
Revolutionen preiset ein künftiges Gilt und lehnt sich wider ein gegenwärtiges
Übel ans; sein Gegner warnt vor einem künftigen Übel und nimmt ein gegen¬
wärtiges Gut in Schutz." Wenn nun auch ein Staats- und Regierungswesen,



*) Clemens Perthes, Das deutsche Staatsleben vor der Revolution. — Ich benutze diesen
Ort zu der Bitte, S. 4S3, Z. 14 v u. statt: Süden und Osten, zu lesen: Süden und Westen,
Grenzboten I 1839 03
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0545" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204634"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341849_204088/figures/grenzboten_341849_204088_204634_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zur Erklärung deutscher Revolutionssympathien<lb/>
5790&#x2014;^792<lb/><note type="byline"> von Ivoldemar Wenck</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1771"> ollständig die Ursachen des Beifalls nachzuweisen, dessen sich die<lb/>
französische Revolution weit und breit in Deutschland erfreute,<lb/>
liegt nicht in meiner Absicht. Vieles würde anzuführen sein, was<lb/>
in allen lebhaft bewegten Zeitstiunnuugeu dem Angriff auf das<lb/>
Bestehende zum Vorteil vor der Verteidigung gedient hat; auch<lb/>
müßte weit zurückgegangen werden in der Geschichte der deutschen Staats- und<lb/>
Geistesentwicklung, wie dies von Clemens Perthes schon vor vierzig Jahren<lb/>
zu ähnlichem Zwecke in so trefflicher Weise geschehen ist.*) Hier sei nur einiges<lb/>
zur Sprache gebracht, was unmittelbar aus dem deutschen Leben und Schriften-<lb/>
tum der Revolutionszeit selbst in die Augen springt, namentlich anch, was<lb/>
zur Erklärung jenes Beifalls schon solche Zeitgenossen anführten, denen dazu<lb/>
nicht einfach die Macht der Wahrheit und des Rechts genügte, die der Sache<lb/>
der Revolution beiwohne.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1772" next="#ID_1773"> Friedrich von Gentz schrieb im Jahre 1792 in der Einleitung zu Vurkes<lb/>
Betrachtungen über die französische Revolution, die kurz vorher zu seiner eignen<lb/>
Umwandlung aus einem lebhaften Nevolutionsfreunde in einen entschiedenen<lb/>
Nevolutionsgegner wesentlich beigetragen hatten und nun von ihm in geschickter<lb/>
Bearbeitung an die deutsche Leserwelt gebracht wurden: &#x201E;Der Lobredner der<lb/>
Revolutionen preiset ein künftiges Gilt und lehnt sich wider ein gegenwärtiges<lb/>
Übel ans; sein Gegner warnt vor einem künftigen Übel und nimmt ein gegen¬<lb/>
wärtiges Gut in Schutz." Wenn nun auch ein Staats- und Regierungswesen,</p><lb/>
          <note xml:id="FID_50" place="foot"> *) Clemens Perthes, Das deutsche Staatsleben vor der Revolution. &#x2014; Ich benutze diesen<lb/>
Ort zu der Bitte, S. 4S3, Z. 14 v u. statt: Süden und Osten, zu lesen: Süden und Westen,</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1839 03</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0545] [Abbildung] Zur Erklärung deutscher Revolutionssympathien 5790—^792 von Ivoldemar Wenck ollständig die Ursachen des Beifalls nachzuweisen, dessen sich die französische Revolution weit und breit in Deutschland erfreute, liegt nicht in meiner Absicht. Vieles würde anzuführen sein, was in allen lebhaft bewegten Zeitstiunnuugeu dem Angriff auf das Bestehende zum Vorteil vor der Verteidigung gedient hat; auch müßte weit zurückgegangen werden in der Geschichte der deutschen Staats- und Geistesentwicklung, wie dies von Clemens Perthes schon vor vierzig Jahren zu ähnlichem Zwecke in so trefflicher Weise geschehen ist.*) Hier sei nur einiges zur Sprache gebracht, was unmittelbar aus dem deutschen Leben und Schriften- tum der Revolutionszeit selbst in die Augen springt, namentlich anch, was zur Erklärung jenes Beifalls schon solche Zeitgenossen anführten, denen dazu nicht einfach die Macht der Wahrheit und des Rechts genügte, die der Sache der Revolution beiwohne. Friedrich von Gentz schrieb im Jahre 1792 in der Einleitung zu Vurkes Betrachtungen über die französische Revolution, die kurz vorher zu seiner eignen Umwandlung aus einem lebhaften Nevolutionsfreunde in einen entschiedenen Nevolutionsgegner wesentlich beigetragen hatten und nun von ihm in geschickter Bearbeitung an die deutsche Leserwelt gebracht wurden: „Der Lobredner der Revolutionen preiset ein künftiges Gilt und lehnt sich wider ein gegenwärtiges Übel ans; sein Gegner warnt vor einem künftigen Übel und nimmt ein gegen¬ wärtiges Gut in Schutz." Wenn nun auch ein Staats- und Regierungswesen, *) Clemens Perthes, Das deutsche Staatsleben vor der Revolution. — Ich benutze diesen Ort zu der Bitte, S. 4S3, Z. 14 v u. statt: Süden und Osten, zu lesen: Süden und Westen, Grenzboten I 1839 03

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/545
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/545>, abgerufen am 29.06.2024.